2024-05-29T12:18:09.228Z

FuPa Portrait

Christian Will: „Jeder stirbt für jeden auf dem Platz.“

Christian Will schwärmt vom Teamgeist beim SC Wiedenbrück. Der 26-jährige Gütersloher spielt nicht viel, glaubt aber an seine Chance

Häufig gehen kleine Anteile an großen Erfolgen in der öffentlichen Bewertung unter. Als letzten Samstag Niklas Szeleschus in allerletzter Sekunde den 2:1-Siegtreffer für den SC Wiedenbrück im Regionalligaspiel gegen RW Oberhausen erzielte, feierten alle den Torschützen. Genannt wurde vielleicht auch noch Lukas Demming, nach dessen Schuss der Torhüter den Ball vor die Beine von Szeleschus abgewehrt hatte.

Doch wer dank eines tollen Laufweges in die Spitze von Daniel Latkowski angespielt werden konnte und den Querpass nach innen auf Demming gab, blieb im überschwänglichen Siegesjubel unerwähnt. Es war Christian Will. Der 26-Jährige steht ohnehin nicht gerade im Rampenlicht bei den überzeugend auftrumpfenden Fußballern aus dem Jahnstadion. Der Gütersloher firmiert eher unter der Rubrik „Ergänzungsspieler“. Zehn Mal erst kam er in den 32 Partien beim Tabellenneunten zum Einsatz. Meist wurde er spät eingewechselt wie gegen Oberhausen (74.). Nur zweimal durfte er mit der Startelf auflaufen, zuletzt am Mittwoch bei der 1:2-Niederlage „auf“ Schalke.


Doch wer glaubt, diese Bilanz würde Christian Will frustrieren und ihm die Lust auf einen Verbleib beim SCW rauben, liegt falsch. „Ich fühle mich pudelwohl in Wiedenbrück“, sagt er. Ihn fasziniert neben dem fußballerischen Niveau vor allem der Zusammenhalt. „Ich habe noch nie in einer so geilen Mannschaft gespielt. Wir sind ein eingeschworener Haufen, jeder stirbt für jeden auf dem Platz.“ Das nach dem Siegtreffer gegen Oberhausen selbst die verletzten Spieler von der Tribüne auf den Platz gestürmt seien, wertet er als Zeichen des „einzigartigen“ Teamgeistes.


Selbstredend hätte der aus der Jugendarbeit des FC Isselhorst hervorgegangene Christian Will, dessen jüngerer Bruder Stefan beim Bezirksligisten SV Avenwedde aktiv ist, gerne mehr Spielanteile. Nachdem er in der Saisonvorbereitung verletzt war und die Mannschaft als Aufsteiger in der Regionalliga erfolgreich auftrumpfte, konnte er seine Rolle als Ersatzmann aber klaglos akzeptieren: „Ich bin ein kompletter Teamplayer“, sagt er. Außerdem nimmt er für sich in Anspruch: „Immer wenn ich gespielt habe, habe ich meine Leistung gebracht.“ Und aus den Gesprächen mit Trainer Daniel Brinkmann weiß er: „Ich kriege noch die eine oder andere Chance, die muss ich dann nutzen.“
Vielleicht schon an diesem Samstag. Um 14 Uhr trifft der SC Wiedenbrück im Jahnstadion auf den SV Rödinghausen – einen der Ex-Vereine von Christian Will. Bevor der leichtfüßige Angreifer („Ich spiele am liebsten vorne links oder auf der Acht“) im vergangenen Jahr vom Westfalenligisten SC Roland Beckum zum SCW wechselte, hatte er nämlich schon eine durchaus abwechslungsreiche Karriere hingelegt.


2008 holte Arminia Bielefeld das Talent vom FC Isselhorst. 2011 ging es weiter zum VfL Osnabrück, aber schon ein Jahr später kehrte Will zum DSC zurück. Für beide Klubs spielte er in der U17- und U19-Bundesliga. 2014 rückte er bei der Arminia in den Seniorenbereich auf, spielte für die 2. Mannschaft in der Oberliga und durfte 2015 sogar einmal für die „Erste“ auflaufen: Einer der Mitspieler beim 2:1-Sieg im Westfalenpokal über den SC Verl war übrigens sein heutiger Trainer Daniel Brinkmann.


2016 verpflichtete ihn der SV Rödinghausen. Nach sieben Startelf-Einsätzen brachten ihn Verletzungen jedoch aus dem Rhythmus und Will beschloss, sich mit der Ausbildung zum Versicherungskaufmann ein berufliches Standbein zu schaffen, auf dem er auch heute noch steht. Als Außendienstler kann er die Termine nun weitgehend selbst bestimmen, so dass ambitionierter Fußball wieder mit dem Job vereinbar ist. Für ihn ist es also der zweite Anlauf in der Regionalliga Fuß zu fassen – und er scheint nicht abgeneigt, am Ball zu bleiben: „Es gibt eine Tendenz, aber die behalte ich noch für mich.“

Auch der Verein hält eine Verlängerung des am Saisonende auslaufenden Vertrags nicht für ausgeschlossen. Was das Heimspiel gegen Rödinghausen angeht, sieht Christian Will gute Chancen für den SC Wiedenbrück. „Wenn wir wie gegen Oberhausen den Plan des Trainerteams einhalten und die gleiche Mentalität an den Tag legen, sind wir nur schwer zu schlagen.“ Natürlich hätte er nichts dagegen, wieder einen kleinen Anteil zum mannschaftlichen Erfolg beizutragen.

Aufrufe: 010.4.2021, 08:30 Uhr
Wolfgang Temme / FuPa Autor