2024-05-02T16:12:49.858Z

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Nico Heupt spielte von 2007 bis 2011 im NLZ bei Borussia Mönchengladbach. Zum Profi reichte es am Ende nicht, doch die Zeit im Internat möchte Heupt nicht missen. Heute spielt er wieder bei seinem Jugendverein SV Geinsheim und erholt sich derzeit von einer schweren Verletzung.
Nico Heupt spielte von 2007 bis 2011 im NLZ bei Borussia Mönchengladbach. Zum Profi reichte es am Ende nicht, doch die Zeit im Internat möchte Heupt nicht missen. Heute spielt er wieder bei seinem Jugendverein SV Geinsheim und erholt sich derzeit von einer schweren Verletzung. – Foto: Dominik Claus/stock.adobe

Borussia war "eine andere Welt"

Der Geinsheimer Nico Heupt hätte es in Mönchengladbach beinahe zum Profi gepackt - und spielte am Niederrhein mit einigen späteren Stars zusammen +++ Schöne Erinnerungen an fünf Jahre im Internat mit Herrmann, Jantschke, Malli und Co.

Geinsheim/Mönchengladbach. Mit einem leichtfüßigen Schritt etwas Raum verschafft, eine schnelle Bewegung, hastig den Blickkontakt mit dem startenden Mitspieler gesucht, und schließlich den langen Pass hinter die Kette gespielt. Im Spiel von Nico Heupt eine alltägliche Szene. Doch plötzlich ein lautes Geräusch: Knack! Als Nico Heupts Standbein wegbricht und gleichzeitig seine Bänder zerfetzen, bekommen es alle Zuschauer auf der Sportanlage des SV Geinsheim sofort mit. "Das hat jeder gehört", erinnert sich Heupt an jenen verhängnisvollen Moment aus der Wintervorbereitung des Groß-Gerauer Gruppenligisten. Neun Tage lag Heupt im Krankenhaus, zweimal musste sein gebrochenes Schien- und Wadenbein operiert werden. Nun ist Reha angesagt, Sport und Arbeit ruhten für eine Weile. Zeit für Heupt, um im Gespräch mit FuPa über seine Karriere als Fußballer zu reflektieren.

Eine Karriere, die ihn im Teenageralter aus dem familiären Umfeld bis in eine der traditionsreichsten Nachwuchsschmieden Deutschlands führte - in den "Fohlenstall" von Borussia Mönchengladbach. Er zog hunderte Kilometer weg von Heimat und Familie, lebte im Internat mit anderen Talenten und stand mit Spielern auf dem Platz, die heute Profis und Weltstars sind.

Aber von vorn: Der SV 07, sein Heimatverein, wurde Heupt in der Jugend schnell zu klein. "Ich war in der Jugend immer auffällig, weil ich super schnell war und einen guten linken Fuß hatte", sagt Heupt. Er landete in der Kreisauswahl, dann in der Bezirksauswahl. In der U14 folgt der Wechsel zum SV Darmstadt 98.

Die Leidenschaft wird immer zeitintensiver

Einen Fahrdienst bot der SV 98 damals noch nicht an. Bedeutete für Heupt: Er musste selbst mit Bus und Bahn ins Training pendeln, manchmal brachten ihn auch die Eltern hin oder holten ihn ab. Seine große Leidenschaft Fußball wurde immer zeitintensiver. "Meine Eltern hatten nix dagegen, solange die Schulnoten nicht darunter gelitten haben", sagt Heupt.

Heupts Jugendteam beim SV Darmstadt 98.
Heupts Jugendteam beim SV Darmstadt 98. – Foto: SV Darmstadt 98

Auf dem Platz lief es weiter super für ihn. Bei den Lilien lernte er technisch und taktisch enorm dazu, und spielte sich mit der Hessenauswahl beim Länderpokal in den Fokus mehrerer Junioren-Bundesliga-Teams. Eintracht Frankfurt wollte ihn unbedingt haben. "Doch da hätte ich noch mehr Anfahrt gehabt", sagt Heupt. Um die lästigen Fahrzeiten zu vermeiden, musste also der Schritt in ein NLZ mit angeschlossenem Internat folgen. Wie gut, dass auch der VfL Wolfsburg und Borussia Mönchengladbach in dieser Zeit um Heupt buhlten.

Borussia "eine andere Welt"

Nach einem Kurztrip an den Borussia-Park war er Feuer und Flamme: "Was da schon möglich war, war eine andere Welt", erinnert er sich an seine ersten Eindrücke vom Gelände rund um den Borussia-Park. Die Entscheidung fiel ihm leicht: 2008 zog er ins Jugendinternat von Borussia ein, auch bestärkt durch Gespräche mit dem damaligen NLZ-Koordinator Max Eberl.

Hauptansprechpartner in seiner Zeit im NLZ wurde für Heupt dann ein anderer: Weil Eberl kurz nach seiner Ankunft zum Sportdirektor der Profis befördert wurde, hatte Heupt dann mit Eberls Nachfolger Roland Virkus zu tun - der gleichzeitig auch Heupts Trainer in der U17 war. "Herrn Virkus", der Eberl nach dessen Rücktritt nun auch als Sportdirektor bei den Profis nachgefolgt ist, erlebte Heupt als "sehr direkt, sehr offen, ohne die menschliche Komponente außer Acht zu lassen". Aber: "Wenn mal jemand auf den Deckel bekommen musste, dann kam er", sagt Heupt lachend.

Zu Internatskollege Herrmann besteht noch heute Kontakt

Die Zeit im Internat, wo Heupt mit zwölf Nachwuchstalenten wohnte, will Heupt nicht missen. Die Tagesabläufe ähnelten sich, man ging auf eine öffentliche Schule, unternahm viel gemeinsam. Hans Meyer klingelte die Junioren mal frühmorgens raus, um Schnee zu schippen, damit die Profis trainieren konnten. "Es war eine super Zeit. Schade, dass es nicht mehr Fotos und Videos von damals gibt", blickt er zurück.

Niederrheinpokalsieger: Heupt (links unten, daneben Amin Younes) zelebriert den Titel gemeinsam mit unter anderem Marc-André ter Stegen (rechts oben).
Niederrheinpokalsieger: Heupt (links unten, daneben Amin Younes) zelebriert den Titel gemeinsam mit unter anderem Marc-André ter Stegen (rechts oben). – Foto: Pugbowler.de

Ob mit Patrick Herrmann aus dem Saarland, Tony Jantschke aus Sachsen oder Yunus Malli aus Nordhessen: Mit den "zugezogenen" Internatskollegen freundete sich Heupt schnell an. Noch heute besteht Kontakt, mit Herrmann schreibt Heupt regelmäßig per Whatsapp. Und mit seiner "Internatsmutter" Birgit Lintjens, die sich damals um Borussias Talente fernab der Heimat kümmerte, telefoniert Heupt hin und wieder.

Familiäre Atmosphäre in Erinnerung

Ohnehin ist Heupt die familiäre Atmosphäre bei Borussia in Erinnerung geblieben. Die Art und Weise, wie sich "Internatsmutter" Birgit Lintjens mit stets offenem Ohr um die im Internat untergebrachten Talente kümmerte. Und auch, wie Heupt bis zuletzt vom einstigen Sportdirektor und NLZ-Koordinator Max Eberl mit offenen Armen empfangen wurde, wenn er bei Auswärtsspielen in der Region mal im Teamhotel der Profis vorbeischaute.

Sportlich läuft es

Sportlich lief es für ihn bei Borussia ebenfalls. Heupt war häufig Stammspieler, zunächst in der U17 und anschließend in der U19 unter Trainer Sven Demandt. Mit den "Fohlen" landete der pfeilschnelle Linksaußen in der Junioren-Bundesliga West zweimal unter den Top Drei. "Ich habe mit super Leuten und gegen super Leute gespielt", erinnert sich Heupt an diese Zeit. In der er sich als A-Jugendlicher bei der eigenen U23 in den Fokus spielte. Deren damaliger Trainer Horst Wohlers nahm ihn mit ins Wintertrainingslager ins türkische Belek. "Er war begeistert von mir, wollte mich am liebsten direkt hochziehen", erinnert sich Heupt.

Ungeschriebene Gesetze

Heupt begann, auch bei den Profis mitzutrainieren. In einer Saison, in der die Zweite in der Regionalliga und die Erste in der Bundesliga gegen den Abstieg spielten. Als im Februar 2011 Lucien Favre bei Borussia Cheftrainer wurde, war Heupt in dessen erster Trainingseinheit dabei. "Er hat erst mal jedem die Hand geschüttelt und sich vorgestellt", erinnert er sich.

Heupt darf als A-Jugendlicher auch immer mal im Training der Profis dabei sein - auch unter dem Retter und Erfolgstrainer Lucien Favre.
Heupt darf als A-Jugendlicher auch immer mal im Training der Profis dabei sein - auch unter dem Retter und Erfolgstrainer Lucien Favre. – Foto: Borussia

An das hohe Tempo bei den Profis adaptierte er sich schnell. Dafür galten bei den Profis noch andere, ungeschriebene Gesetze. Bunte Schuhe waren tabu. "Meine orangenen F50 aus der Jugend zu tragen, das hätte ich mir bei den Profis nicht erlauben können", sagt Heupt. Wenn beim Physio die erfahrenen Spieler kamen, wurde wortlos die Massagebank geräumt. "Und ich habe alles getragen: Tore, Hütchen, Leibchen", sagt Heupt.

Die orangenen F50 waren bei den Profis tabu.
Die orangenen F50 waren bei den Profis tabu. – Foto: Borussia.

Reus "abnormal", Dante beinhart, ter Stegen ein echter "Typ"

Dazu die Erinnerungen, mit späteren Weltstars gemeinsam auf dem Platz gestanden zu haben. Mit Marco Reus ("abnormales Tempo und Technik") und Dante ("er hat schon im Training auf alles gehackt, bis er den Ball hatte") bei den Profis. Oder auch mit Marc-André ter Stegen in der Jugend. "Mit Marc habe ich mich super verstanden. Ein Ausnahmetalent und schon früh ein echter Typ mit Ausstrahlung. Dass er mal Profi wird, war schon in der U17 klar", sagt Heupt über den heutigen Torwart vom FC Barcelona.

"Man braucht einen Gönner"

Talent und Einstellung, um Profi zu werden - Heupt hätte es allemal gehabt. Nach der U19 lagen ihm Angebote aus zweiter und dritter Liga vor - er lehnte ab, wollte es bei Borussia packen. Am Ende reichte es nicht - weil er in der entscheidenden Karrierephase nicht die nötigen Einsatzzeiten erhielt. "Man muss verletzungsfrei bleiben und braucht einen Gönner", findet Heupt. Den hatte Heupt dann nicht mehr, als er in Gladbachs U23 kickte. Sein einstiger Junioren-Coach Sven Demandt hatte im Herrenbereich plötzlich wenig Verwendung für ihn. Links offensiv sah er ihn nicht, links defensiv hatten andere die Nase vorne wie beispielsweise der heutige Profi bei Kiel, Johannes van den Bergh.

"Im NLZ super viel gelernt"

Ein Jahr absolvierte er noch als Ergänzungsspieler der Borussia-Reserve, bezog nach der Zeit im Internat seine erste eigene Wohnung. Ehe Heupt seine Zelte in Mönchengladbach abbrach und zurück in die Heimat kehrte. Nach fünf Jahren. Eine Zeit, die Heupt nicht missen will. Auch wenn es mit dem Profi-Traum nicht klappte. "Es hat mich mental nicht gebrochen, dass ich nicht Profi wurde. Dieses Mindset hatte ich ohnehin nie. Im NLZ habe ich super viel gelernt, habe früh eigenständig gelebt und bin ein sehr pünktlicher Mensch geworden - zum Leidwesen meiner Frau", lacht er.

Beim SVWW nie eine echte Chance bekommen

Heupt schloss sich dem SV Wehen Wiesbaden an. Doch auch beim SVWW reichte es trotz Trainings bei den Drittliga-Profis "nur" zu Einsätzen in der Hessenliga-Reserve. "Da sind Versprechungen mir gegenüber nicht eingehalten worden, was Einsatzzeiten angeht. Ich habe nie eine Chance bekommen", sagt Heupt. Nach einem Jahr zieht er weiter.

Für die zweite Mannschaft des SV Wehen Wiesbaden war Nico Heupt ein Jahr in der Hessenliga unterwegs - hier im Duell mit dem SC Waldgirmes.
Für die zweite Mannschaft des SV Wehen Wiesbaden war Nico Heupt ein Jahr in der Hessenliga unterwegs - hier im Duell mit dem SC Waldgirmes. – Foto: Stephan Rehor (Archiv)

Regionalligist Wormatia Worms lockte ihn. "Doch das Finanzielle hat gar nicht gepasst, da hätte ich kaum die Miete zahlen können", sagt Heupt. Statt es in der Regionalliga nochmal zu versuchen, entschied er sich für das finanziell deutlich lukrativere Angebot des damaligen Hessenligisten SV Wiesbaden.

Voller Fokus nun aufs Fernstudium

Vom Profitraum hat er sich durch diesen Wechsel endgültig verabschiedet - voller Fokus lag nun auf seinem Fernstudium. Beim SVW stimmen zwar Einsatzzeiten und Bezahlung. "Aber unter Trainer Djuradj Vasic habe ich die Lust am Fußball verloren", sagt Heupt.

Für den SV Wiesbaden schnürte Heupt (am Ball) ein Jahr lang die Schuhe - ebenfalls in der Hessenliga.
Für den SV Wiesbaden schnürte Heupt (am Ball) ein Jahr lang die Schuhe - ebenfalls in der Hessenliga. – Foto: Jan Henz (Archiv)

Nach einem halben Jahr Pause war es Thorsten Barg, ein alter Bekannter aus Wehener Zeiten, der Heupt wieder zum Kicken animierte, und zwar beim Gruppenligisten TSG Wörsdorf. Mit der TSG erlebt er "eine geile Zeit", stieg zweimal in die Verbandsliga auf (und einmal wieder ab) und wurde an der Seite von Andi Bonß Co-Spielertrainer des Teams. Im Herbst 2018 verkündete ihm der Verein während seines Urlaubs in Sri Lanka sein Aus. Wieder flatterten einige Angebote aus der Hessenliga rein, doch Heupt, der mittlerweile beruflich in der IT-Branche tätig ist, lehnte ab.

Die Frisur sitzt - auch im Trikot der TSG Wörsdorf. Dort war Heupt von 2014 bis 2018 unterwegs - am Ende auch als spielender Co-Trainer an der Seite von Andi Bonß.
Die Frisur sitzt - auch im Trikot der TSG Wörsdorf. Dort war Heupt von 2014 bis 2018 unterwegs - am Ende auch als spielender Co-Trainer an der Seite von Andi Bonß. – Foto: René-Alexander Leichtfuß (Archiv)

Seit 2019 kickt er wieder bei "seinem" SV Geinsheim. Der Kreis schließt sich: Dort, wo in der frühen Jugend alles begann, ist er nun, wenn er fit ist, ein glücklicher Gruppenligaspieler. Er hat geheiratet, wohnt mit seiner Frau im benachbarten Büttelborn. In Geinsheim ist er sportlich happy: "Wir haben ein 1-A-Team, der Verein ist ordentlich geführt. Jetzt kann ich dem Klub auch nochmal etwas zurückgeben", sagt er. Einen Wechsel schließt er aus. Ob er sich nach der schweren Verletzung aber nochmal zurückkämpft, ist offen. Denn noch ehe seine Reha richtig beginnen konnte, warf ihn eine Corona-Erkrankung wieder zurück. Zeit auf seine bewegte Karriere zurückzublicken, hat er momentan umso mehr. Und wer weiß, was die Zukunft noch für ihn bringt.

Zur Serie: In dieser Reihe porträtieren wir ehemalige NLZ-Spieler, die den Sprung zum Profi nicht gepackt haben und nun bei Amateurteams aus der Region spielen. Sie erzählen uns, wie nah dran sie wirklich am großen Traum Profifußball waren und welche Ambitionen sie jetzt haben - sowohl auf als auch neben dem Platz.

- Teil 1: Linus Wimmer (SV Eintracht Trier)
- Teil 2: Lukas Fischer (TSG Bretzenheim)
- Teil 3: Lars Hermann (TSV Schott Mainz)
- Teil 4: Nik Rosenbaum (SV Alemannia Waldalgesheim)
- Teil 5: Joshua Iten (SG Hüffelsheim)
- Teil 6: Bilal Marzouki (FC Maroc Wiesbaden)
- Teil 7: Kevin Frey (VfB Bodenheim/TSG Mainz Futsal)
- Teil 8: Giorgio del Vecchio (TSV Schott Mainz)
- Teil 9: Marco Waldraff (SV Niedernhausen)
- Teil 10: Manuel Konaté-Lueken (RW Walldorf)
- Teil 11: Sandro Loechelt (Wormatia Worms)
- Teil 12: Marvin Esser (SG Walluf)
- Teil 13: Patrick Huth (TSG Pfeddersheim)
- Teil 14: Ilker Yüksel (Hassia Bingen)
- Teil 15: Tim Burghold (SV Niedernhausen)
- Teil 16: Noel Wembacher (RW Darmstadt)
- Teil 17: Tobias Schneider (RWO Alzey)
- Teil 18: Noah Michel (Türkgücü Friedberg)
- Teil 19: Marleen Schimmer (San Diego Waves)
- Teil 20: Deniz Darcan (SG Eintracht Bad Kreuznach)
- Teil 21: Max Pflücke (FC Basara Mainz)
- Teil 22: Jann Bangert (SV Rot-Weiß Hadamar)
- Teil 23: Aleksandar Biedermann (Wormatia Worms)
- Teil 24: Volkan Tekin (SV Dersim Rüsselsheim)
- Teil 25: Ilias Tzimanis (SV Unter-Flockenbach)
- Teil 26: Lukas Lazar (TSV Gau-Odernheim)
- Teil 27: Dimosthenis Papazois (SG Eintracht Bad Kreuznach)
- Teil 28: Sammy Kittel (SV Rot-Weiß Hadamar)
- Teil 29: Burak Bilgin (VfR Groß-Gerau)
- Teil 30: Luis Majrchzak (Hassia Bingen)
- Teil 31: Noah Schmitt (FC Eddersheim)
- Teil 32: Christian Lang (FSV Nieder-Olm)
- Teil 33: Fabio Moreno Fell (TSV Gau-Odernheim)

Aufrufe: 014.4.2022, 05:00 Uhr
Philipp DurilloAutor