Das Besondere am FC Blau-Weiss Erlenbach? Das Fanionteam besteht zur Hälfte aus Spielern aus Erlenbach und anderen Goldküstengemeinden und zur anderen Hälfte aus jugendlichen Flüchtlingen, die ohne Eltern in die Schweiz geflüchtet sind – etwa aus Guinea, Somalia oder Syrien.
Für die jungen Männer bietet Erlenbach nicht nur Platz in einem Fussballverein, sondern auch in der Gesellschaft, wie es der "Küsnachter" schön formuliert hat. Hier kommen sie mit Erlenbachern in Kontakt und lernen Sprache und Werte kennen. Präsident Dominique Boeckli benützt denn auch gar nicht gerne das Wort Flüchtlinge. "Es sind viele Freundschaften entstanden", sagt er. "Fascht ä Familie", ist auf der Vereinshomepage zu lesen.
Trotzdem: Der Verein könnte glatt als Integrationsprojekt durchgehen, wie schon unsere Betty Böser festgestellt hat. Nicht so ganz ins Bild passten da in der Winterpause die Transfers der beiden ehemaligen Profispieler Pasquale Sbarra und Raul Cabanas, letzterer gar als Spielertrainer. "Die beiden arbeiten bei unserem Trikotsponsor VV-Consulting", erklärt Boeckli und betont, dass bei diesen Transfers kein Geld geflossen sei. Bleibt abzuwarten, ob die beiden Spieler auch tatsächlich für ihren Verein auflaufen werden.
2018 gegründet, nimmt das junge Team seit einem Jahr unter eigenem Namen an der FVRZ-Meisterschaft teil, in der Saison 2019/20 noch als FC Erlenbach 2018. In die neue 5.-Liga-Saison wird der Verein nun als FC Blau-Weiss Erlenbach starten. Zum Namenswechsel hat man sich entschieden, um sich noch klarer vom "alten" FC Erlenbach abzugrenzen, der momentan ebenfalls (noch) von Dominique Boeckli präsidiert wird. Dieser existiert schon seit 1951, besteht aber inzwischen nur noch als Plauschmannschaft, die nicht an der Meisterschaft teilnimmt. "Es gab aber in der Presse immer wieder Verwechslungen", erzählt Boeckli.
Doch nicht nur Name und Logo ändern sich auf die neue Saison hin, auch an der Seitenlinie kommt es zu einem Wechsel: Wurde das Team bisher hauptsächlich von Präsident Dominique Boeckli sowie seinem Sohn Yanick gecoacht, so übernimmt nun Abduljabbar "Duli" Al Abbadie das Traineramt. Der 25-Jährige amtete bereits in der vergangenen Saison als Sportchef des Vereins. Gleichzeitig ist Al Abbadie weiterhin als Spieler in der 1. Liga beim FC Naters-Oberwallis aktiv.
Al Abbadie, der im Alter von acht Jahren aus dem Jemen in die Schweiz kam, spielte einst für die U21 von GC und für Rapperswil-Jona in der 1. Liga und fürs Schweizer U19-Nationalteam. Mit dem Fanionteam der Grasshoppers durfte er 2014 sogar sieben Minuten Europa-League-Luft schnuppern, als er im Qualifikationsspiel in Brügge eingewechselt wurde.
"Mit Duli konnten wir endlich die Trainerposition ideal besetzen, ein Erlenbacher mit Flüchtlingshintergrund", freut sich Dominique Boeckli. "Ich kenne ihn von klein auf. Er kennt unser Dorf bestens und kann sich auch gut mit den Problemen der Flüchtlinge auseinandersetzen."
Neben dem Fanionteam, das die Vorrunde der vergangenen Saison in der 5.-Liga-Gruppe 7 auf dem zweiten Rang abgeschlossen hat, wird Erlenbach im August mit einer zweiten Mannschaft in der Gruppe 8 an den Start gehen. "Dieses Team besteht momentan noch hauptsächlich aus eritreischen Spielern", sagt Dominique Boeckli. Anfangs Jahr war er von einem kleinen eritreischen Verein aus Zürich angefragt worden, ob sie sich dem Klub anschliessen dürften. Sie durften.
"Wir wollen aber unbedingt die beiden Teams mischen", sagt Boeckli, "ganz nach Stärke der Spieler, erste und zweite Mannschaft." Trainiert wird die zweite Mannschaft von Frezghi Berhe. Der 39-Jährige gehörte immerhin 2003 dem Kader des eritreischen Nationalteams an und bestritt mit diesem die WM-Qualifikation.
Auch im Nachwuchsbereich will Blau-Weiss Erlenbach wachsen und startet auf die neue Saison hin mit G2-Junioren. So will man sicherstellen, dass das Fanionteam in ferner Zukunft mit eigenen Spielern versorgt werden kann. Mit Spielern, die die Werte des Vereins von klein auf verinnerlichen konnten: Integration, Respekt, Bekämpfung von Gewalt, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit.