2024-04-25T14:35:39.956Z

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Schlechter Einstand: für den Plattenhardter Topneuzugang José-Alex Ikeng  und dessen Teamkollegen setzte es einen 3:6-Auswärtsschlappe.
Schlechter Einstand: für den Plattenhardter Topneuzugang José-Alex Ikeng und dessen Teamkollegen setzte es einen 3:6-Auswärtsschlappe. – Foto: Günter Bergmann

Bezirksliga: Sechs Ohrfeigen und ein Trainerwechsel

Die Nachlese mit Fokus auf die Filderteams

Plattenhardter Alarmstimmung nach dem Startdebakel, der SV Sillenbuch neuer Erster und der TSV Musberg mit einer überraschenden Entscheidung – die Bezirksliga spielt verrückt.

Das passende Bild zum Wochenende gab am Ende Zvonimir Topalusic ab. Kopfschüttelnd stand der Trainer des SV Sillenbuch da, lachend dann, und es war ihm anzusehen, dass da einer nicht recht glauben kann, was gerade geschieht. „Unfassbar. Es wird immer kurioser“, findet Topalusic – was freilich nicht nur für seine eigene Mannschaft gilt, die seit Sonntag sensationell neuer Tabellenführer der Stuttgarter Fußball-Bezirksliga ist. Nicht weniger verwunderlich ist das Ergebnis, das diesen Führungswechsel erst ermöglicht hat, nämlich dass der eigentliche Topfavorit TSV Plattenhardt beim Abstiegskandidaten Zuffenhausen mit 3:6 untergeht. Und mindestens genauso überraschend kommt, was der Verfolger TSV Musberg zu verkünden weiß: Beim Aufsteiger steht trotz bisheriger Traumsaison ein Trainerwechsel bevor. Ja, spielt die Liga komplett verrückt?

TV89 Zuffenhausen - TSVgg Plattenhardt 6:3

Beim TSV Plattenhardt würden sie wohl uneingeschränkt zustimmen. Da rüstet der eh schon top besetzte Klassenprimus seinen Kader in der Winterpause weiter auf. Da scheint spätestens damit klar, dass es in dieser Saison nach gesundem Fußballverstand nur einen Meister geben kann. Und was passiert? Erstes Pflichtspiel nach der Winterpause, und die Hochgewetteten lassen sich vom Drittletzten der Tabelle vorführen. 3:6, ein halbes Dutzend Gegentore. Oder, anders formuliert: sechs Ohrfeigen für die Aufstiegswilligen. Ein krachenderer Fehlstart ins Wettbewerbsjahr 2020 war kaum möglich. Entsprechend die Gemütslage bei den Verantwortlichen. „Für mich läuten die Alarmglocken“, sagt der Trainer Steffen Küttner. Anfang Dezember hat seine Mannschaft die Tabelle noch mit neun Punkten Vorsprung angeführt. Nun ist sie erstmals seit dem vierten Spieltag ihre Spitzenposition los, wenn auch bei einer weniger absolvierten Partie im Vergleich zur Konkurrenz.

Der schon vor der Jahreswende begonnene Abwärtstrend hat sich fortgesetzt. Düster bestätigt sieht sich Küttner in seinen gebetsmühlenartig geäußerten Mahnungen: „Wenn wir keine 100 Prozent abrufen, dann reicht das nicht.“ Individuelle Klasse hin oder her. Aktuell waren es wohl nicht einmal 50. Küttners Kicker meinten offenbar, dass sich die Aufgabe bei einem der Hinterbänkler des Klassements im Energiesparmodus erledigen lässt. Dabei hätten die Plattenhardter gewarnt sein müssen. Vor Wochenfrist hatte ihr Gegner Zuffenhausen erst den Tabellendritten Musberg mit 5:1 düpiert.

Küttner kündigt ungemütliche Trainingswoche an

Gut war nun nur der Auftakt mit Kevin Ripplers Abstaubertor nach nicht einmal 60 Sekunden zur Führung. Der Rest? „Katastrophales Zweikampfverhalten, schlechte Rückwärtsbewegung, immer zu weit weg vom Mann“, sagt Küttner. Vielleicht habe auch er selbst Fehler gemacht, bei der Einstellung und auch der Aufstellung. In Letzterer befanden sich die im winterlichen Nachschlag verpflichteten Ex-Profis José-Alex Ikeng und Michael Deutsche, gingen aber mit unter. Selbst ein sonstiger Mister zuverlässig wie der Keeper Daniel Wagner erwischte einen schwarzen Tag – während zwei andere Leistungsträger, Küttners spielender Trainerpartner Paulo Bayrak und Georgios Doufas (beide grippaler Infekt), von vornherein ausgefallen waren.

Die Konsequenzen will Küttner in dieser Trainingswoche ziehen. Darf man seinen Ankündigungen glauben, wird es eine eher ungemütliche für sein Team. Klar ist für den Coach: „Präsentieren wir uns weiter so, werden wir am Ende nicht unter den ersten zwei der Tabelle sein.“ In diesem Fall wiederum müsste nicht nur der aktuelle Spieltag, sondern die gesamte Saison als Pleite in die Plattenhardter Annalen eingehen.

Tore: 0:1 Kevin Rippler (1.), 1:1 Kai Prechter (34.), 2:1 Kai Prechter (44.), 3:1 Kai Prechter (46.), 3:2 Alperen Albayrak (52.), 3:3 Michael Deutsche (54.), 4:3 Yannick Häringer (73.), 5:3 Tobias Cullison (75.), 6:3 Yannick Häringer (79.)

Türkspor Stuttgart - SV Sillenbuch 3:5

Lachender Gewinner ist wie gesagt der SV Sillenbuch. Jener setzte, getragen von einer konträr unbeschwerten Leichtigkeit des Seins, sein Formhoch auch im schweren Duell bei Türkspor Stuttgart fort. „Das war unser bisher bester Gegner dieser Saison, spielerisch super stark“, sagt der Coach Topalusic zwar – was die Seinen aber nicht hinderte, nach gut einer Stunde einen Vier-Tore-Vorsprung herausgeschossen zu haben und am Ende als 5:3-Sieger vom Platz zu gehen.

Wie heißt es so schön: wenn’s mal läuft, dann läuft’s. Während die Gastgeber bei aller demonstrierten Ballkunst zu lange das Toreschießen und konsequente Verteidigen vergaßen, schlugen Topalusics Kicker eiskalt zu. Lukas Schmidt mit einem schnellen Doppelpack, Jonas Fischer per direktem Freistoß sowie die Zweite-Mannschaft-Aushilfe Robert Gulde sorgten für klare Verhältnisse. „Erst als uns die Kraft etwas ausgegangen ist“, wie Topalusic konstatiert, kam der Gegner noch einmal auf Schlagdistanz.
Die Zugabe folgte dann nach dem Abpfiff. Das Plattenhardter Ergebnis ließ das Stimmungsbarometer vollends in die Höhe schnellen. Platz eins – ein Zwischenstand zum Einrahmen. Hätte das den Sillenbuchern zum Saisonbeginn jemand prophezeit, sie hätten es wohl für einen Aprilscherz gehalten. Irre eben.

Tore: 0:1 Lukas Schmidt (13.), 0:2 Lukas Schmidt (16.), 0:3 Jonas Fischer (48.), 0:4 Robert Gulde (62.), 1:4 Daniel Bosnjak (80.), 2:4 Erdal Koyuncu (81.), 3:4 Louis Hörger (87.), 3:5 Ruben Kimmig (90.)

Sportvg Feuerbach - TSV Musberg 0:2

Doch befindet sich der neue Spitzenreiter damit wie erwähnt in guter Gesellschaft. Beispiel auch TSV Musberg. Von dem weiß seit diesem Spieltag, dass das eigene Überraschungspotenzial mit dem bisherigen dritten Tabellenplatz längst nicht ausgeschöpft gewesen ist. Im Nachgang des aktuellen 2:0-Siegs im Verfolgerduell in Feuerbach setzt der Aufsteiger nun abseits des Rasens noch einen drauf: Der Verein und sein Erfolgstrainer Ralf Martins haben sich darauf verständigt, von Juni an getrennte Wege zu gehen. Es ist eine Nachricht, die für nicht wenige in etwa so erwartet kommen mag wie ein Schneesturm in der Sahara – die offizielle Begründung ebenso. „Es war eine tolle Zeit hier, aber irgendwann will man was Neues machen“, sagt Martins. „Manchmal muss man auch einfach aufhören, wenn es am schönsten ist“, fügt der Musberger Fußballchef Michael Hilbert an.

Wirklich nur dies? Wohl nicht ganz. Auf Nachfrage sagt Hilbert: „Es hat alles gepasst – bis auf ein, zwei Kleinigkeiten, wie es sie in jeder Familie mal gibt.“ Wie aus dem Umfeld zu hören ist, soll es zuletzt im ein oder anderen Punkt zwischen Abteilungsleitung und Martins sowie auch innerhalb des aktuellen Trainerteams geknirscht haben. Zu jenem gehört neben Martins dessen Assistent Uwe Skultety.
Wer zur nächsten Saison nachfolgt, will der Verein nun „in Ruhe klären“. Einstweilen ist Hilbert dennoch „überzeugt, dass Mannschaft und Trainer eine sehr gute Saison auch sehr gut zu Ende spielen“. Erster Beleg: siehe Sonntag. Unbeeindruckt vom Geschehen hinter den Kulissen, lieferten die Gäste eine konzentrierte Leistung ab. Aggressiv in den Zweikämpfen, temporeich im Angriffsspiel – so setzten sie ihrem seit Anfang November unbesiegten Gegner zu. Das einzige Manko: die Chancenverwertung. Lediglich Philipp Zirfaß per Kopfball sowie Labinot Dodoli trafen. Letzterer vollendete eine Musterkombination über den starken Marc Wiederoder und Lukas Zug.

Tore: 0:1 Philipp Zirfaß (6.), 0:2 Labinot Dodoli (57.)

OFK Beograd Stuttgart - SpVgg 1887 Möhringen e.V. 5:2

Im Klassement sind die Musberger, um zum Kapitel „Irre“ zurückzukehren, nun nur noch drei Punkte hinter Platz eins Profitiert haben auch sie vom Zuffenhausen-Streich gegen Plattenhardt – während man andernorts ob dieses Wunderergebnisses vielmehr die Faust in der Tasche ballt. Im Tabellenkeller haben die Aufholjagd-Ambitionen der Spvgg Möhringen und des TSV Bernhausen damit einen zusätzlichen Dämpfer erhalten. Beide Filderclubs trennen nun bereits neun Punkte von Rang 13, der nach jetzigem Stand der Relegationsplatz wäre. Auch, weil beide selbst am Sonntag letztlich klare Auswärtsniederlagen hinnehmen mussten.

Die Möhringer erlebten nach ihrem vermeintlichen 4:3-Aufbruchsignal der vorigen Woche prompt einen Rückfall in die alte Malaise. „Wir haben zum wiederholten Mal schlecht verteidigt“, moniert der Trainer Karl-Heinz Fuhrmann nach dem 2:5 bei Beograd Stuttgart. Alles in allem, konstatiert er, habe seine Elf Anschauungsunterricht erhalten: „Der Gegner war abgezockter und konsequenter als wir.“ Symptomatisch die Entstehung des vierten Gegentreffers: Matteo Brunetti spielte einen Fehlpass und wusste sich dann nur noch durch ein Foul zu helfen, was einen Elfmeter bedeutete. Zu allem Überfluss sah Steven Jordan in der Nachspielzeit Gelb-Rot.

Tore: 1:0 Omoregie Blessing (14.), 2:0 Ilija Prodanovic (27.), 3:0 Nemanja Budzum (43.), 3:1 Michael Heinle (45.), 4:1 Petar Vidovic (47. Foulelfmeter), 4:2 Nils Große Scharmann (63.), 5:2 Alexander Nita (77.)
Platzverweise: Gelb-Rot gegen Steven Jordan (90./SpVgg 1887 Möhringen e.V.)

Spvgg 1897 Cannstatt e.V. - TSV Bernhausen 4:2

Die Bernhausener derweil wähnten sich bei einer 1:0-Pausenführung durch Nils Schaller in Cannstatt auf Erfolgskurs – ehe eine völlig missratene zweite Hälfte alles über den Haufen warf. „Wir haben unerklärlicherweise mehrere Gänge zurückgeschaltet“, sagt der Trainer Konstantinos Kalantidis. Die Folge: drei Gegentore in zwölf Minuten, Endstand 2:4. Nicht nur das. Eine bittere personelle Zugabe auch für Kalantidis’ Aufgebot: der Abwehrchef Ali Kütri zog sich eine Zerrung zu und schied früh aus. Schon zuvor war die Situation durch den Ausfall des Keepers Serdar Kurt (Muskelfaserriss) sowie von Onur Aycil (schulisch verhindert) und Sascha Beck (krank) angespannt.

Soll es mit dem Klassenverbleib noch etwas werden, ist spätestens seit Sonntag sowohl in Möhringen als auch in Bernhausen eines klar: Dann braucht es in den nächsten Wochen nicht bloß einen Aufschwung, sondern die ganz große Wende. Ein Happyend im Sommer? Das wäre bei der momentanen Ausgangslage mittlerweile ebenfalls eine irre Geschichte.

Tore: 0:1 Nils Schaller (33.), 1:1 Daniel Fichte (46.), 2:1 Daniel Fichte (55.), 3:1 Alexander Grigoras (57.), 3:2 Nils Schaller (84.), 4:2 Rui Pedro Carvalho Pinheiro (85.)


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Aufrufe: 010.3.2020, 13:50 Uhr
Filder-Zeitung / Franz StettmerAutor