2024-05-10T08:19:16.237Z

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Umarmung nach dem erlösenden ersten Treffer: FCA-Stürmer Florian Niederlechner (l.) wird von Passgeber Andre Hahn beglückwünscht.  
Umarmung nach dem erlösenden ersten Treffer: FCA-Stürmer Florian Niederlechner (l.) wird von Passgeber Andre Hahn beglückwünscht.   – Foto: FC Augsburg

Bei Hohenlindner Florian Niederlechner ist endlich der Knoten geplatzt

Stürmer vom FC Augsburg schießt endlich erste Saisontore

Nach langer Torflaute, war es letztes Wochenende für Niederlechner soweit. Gegen Union Berlin avancierte der Stürmer aus Hohenlinden mit einem Doppelpack zum Matchwinner.

VON OLAF HEID

Hohenlinden/Augsburg Der junge Stimmungsaufheller wartet meist schon sehnsüchtig an der Tür. Standesgemäß im Trikot des Bundesligisten FC Augsburg, schaut Felix (18 Monate) hinaus und fängt vor Freude das Hüpfen an, als er seinen „Papa“ – das kann er schon sagen – endlich sieht. Sein Vater, den der Bub mit ausgebreiteten Armen empfängt, ist kein anderer als Profifußballer Florian „Flo“ Niederlechner.

Niederlechner mit Doppelpack gegen Union Berlin

Für den 30-jährigen Stürmer aus Hohenlinden ist dies stets ein besonderer Moment. „Da geht einem das Herz auf.“ Durch die Corona-Blase und die Vorbereitung zuletzt auf das Spiel gegen Union Berlin hatte sich die junge Familie eineinhalb Tage nicht gesehen. Vor dem Fernseher saß Felix im Trikot mit der 7 auf dem Rücken, Niederlechners Nummer bei den Fuggerstädtern, und quietschte lauf auf, wenn er Papa bei der Ausübung seines Berufs durchs Bild rennen sah.

In der Hinrunde hatte der kleine Bub oft den Papa ablenken und trösten müssen. Doch am vergangenen Samstag war das eben ganz anders: Da brachte Flo Niederlechner zwei Tore und drei Punkte mit nach Hause. Der Mittelstürmer des FCA hatte beim 2:1 (1:1)-Erfolg gegen Union doppelt eingenetzt.

„Bin einfach nur froh gewesen, dass dieses ewige Torlos-Blablabla damit vorbei ist.“

Nach dem ersten Tor in der 17. Minute, einem strammen Schuss ins lange Eck, fiel eine zentnerschwere Last von dem Hohenlindener ab. Nach dem der Ball eingeschlagen hatte, drehte er ab, getrieben von unglaublich vielen Gedanken. „Ich wollte eigentlich nicht groß jubeln, aber es musste einfach alles aus mir raus“, bekennt der 30-Jährige. Es wird klar, dass „nicht die einfachste Zeit“ hinter ihm lag. Es folgte ein geballter Energieschrei Niederlechners, bevor ihn die Mitspieler erreichten und beglückwünschten. „Ich bin einfach nur froh gewesen, auch dass dieses ewige Torlos-Blablabla damit vorbei ist.“ Die dauernden Nachfragen der Medien und eigenen unerfüllten Ansprüche hatten in den vergangenen Monaten durchaus ihre Spuren hinterlassen.

Es war ein turbulentes Duell, nicht nur wegen seiner beiden Treffer (das zweite ein Abstauber aus kurzer Distanz/47.). Niederlechner verursachte dazu unglücklich einen Strafstoß, doch das mögliche 2:2 verhinderte FCA-Keeper Rafal Gikiewicz gegen seinen Ex-Verein mit einer Glanzparade. „Den hat Rafa super gehalten“, dankt Niederlechner und will ihm dafür ein Almdudler ausgeben. „Er trinkt ja keinen Alkohol – und mir kann er gerne ein Bier ausgeben“, sagt der Stürmer lachend. „Im Augenblick geht es noch nicht, aber das werden wir sicherlich an einem Mannschaftsabend mal nachholen.“

Dankbar für die Rückendeckung aus Hohenlinden

Dankbar ist Flo Niederlechner auch für die Unterstützung, die er in dieser Flautezeit von daheim erhalten hatte. Er weiß den Rückhalt sehr zu schätzen. Der Kontakt zum Elternhaus und Freunden in Hohenlinden ist immer da, auch wenn man sich nicht persönlich besuchen darf. „Weihnachten war das ja noch möglich, derzeit geht es leider nicht. Oma und Opa vermissen ihren Enkel schon sehr.“ Besonders seiner Frau Melanie („Sie hatte es nicht immer leicht mit mir“) und seinem Sohn ist er dankbar, dass sie ihn abgelenkt und aufgefangen, enorm viel Rückhalt gegeben haben.

Es ist eigentlich eine verkehrte Welt. Ansonsten ist der Oberbayer in Schwaben durchaus ein Stimmungsmacher im Team, immer für einen Spruch zu haben, ein beliebter Interviewpartner aller Medien, dank seiner Offenheit und ehrlichen, ungekünstelten Antworten. Nach außen ließ sich Flo auch wenig anmerken, innerlich nagte die Phase doch an ihm.

„Ich bin froh, dass ich der Mannschaft endlich mal wieder mit Toren helfen konnte“

Titel wie „Spieler des Spiels“ oder eine Berufung in die Elf des Tages im Fachmagazin „kicker“ interessieren den gebürtigen Ebersberger aber nur am Rande. „Das ist für mich nicht so wichtig.“ Was bedeutend mehr zählt: „Ich bin froh, dass ich der Mannschaft endlich mal wieder mit Toren helfen konnte“, so Niederlechner erleichtert. Seit seinem Kniescheibenbruch zu Freiburger Zeiten (Saison 2017/18) war es die längste Durststrecke für den Profi aus Hohenlinden. 217 Tage oder 997 torlose Minuten sind damit für ihn Geschichte.

In der Vorsaison hatte er für die Fuggerstädter noch 13 Treffer erzielt und neun Assists beigesteuert. Heuer waren es bis zum vergangenen Samstag nur zwei Vorlagen und seine erste Gelb-Rote Karte in der Bundesliga (beim 2:2 gegen Schalke) gewesen. „Man wird natürlich daran gemessen. Das ist für die Psyche sehr, sehr schwer gewesen.“ Neunmal war er im Laufe der Hinrunde aus-, viermal eingewechselt worden – ganze drei Spiele durfte Flo über die 90 Minuten bestreiten.

„Vermisse unsere Fans im Stadion“

Mit dem Union-Spiel begann für ihn aber eine neue Zeitrechnung. „Nach dem Bayern-Spiel habe ich einen Haken hinter die Hinrunde gemacht und gesagt, dass ich jetzt neu angreifen will“, so Niederlechner. Gesagt, getan. Als der 2:1-Sieg fix war, folgten Interviews zuhauf sowie ungezählte Glückwünsche per WhatsApp und in den sozialen Netzwerken.

Was er dabei vermisste: „Unsere Fans im Stadion“, so Niederlechner. „Das macht einfach mehr Spaß, wenn sie dich nach vorne peitschen oder nach einem Sieg feiern. Der große Faktor fehlt mir.“ Zumal er seine beiden Treffer gerne auch mit der Familie gefeiert hätte. „Ich hätte sie am liebsten im Stadion dabei, aber das ist ja im Moment leider nicht möglich.“ Sein Wunsch: Einmal mit Felix auf dem Arm eine Runde über den Rasen der WWK-Arena drehen. „Das würde mir viel bedeuten.“ Doch Corona lässt das halt derzeit nicht zu. „Das kannst du in dieser Saison wohl vergessen, wenn dann wird das wohl erst zur kommenden Saison wieder was“, meint der 30-Jährige.

„Es gibt eigentlich keinen Ersatz für Siege“

In der Nacht nach dem Sieg gegen Union konnte er diesmal aus positivem Grund erst spät, aber sehr zufrieden einschlafen. „Ich war so voller Adrenalin“, sagt er lachend. „Es gibt eigentlich keinen Ersatz für Siege.“ Dass Felix sich beizeiten nach einer kurzen Nacht wieder meldete, störte überhaupt nicht. „Das gehört zur Familie halt dazu.“

Nach Union wartet nun auswärts Borussia Dortmund an diesem Samstag (Anstoß 15.30 Uhr) auf Niederlechner und den FC Augsburg. Persönlich liegt der BVB ihm. In der Vorsaison netzte der Angreifer gegen Schwarz-Gelb drei Mal ein, allerdings unterlag der FCA (1:5, 3:5). In dieser Hinrunde ging der Herliner zwar leer aus, aber sein Arbeitgeber siegte (2:0). „Ich will sie schon gerne mit einem Tor ärgern“, sagt Niederlechner lachend. „Im Ernst: Wir sind zu oft im Westfalenstadion untergegangen und wissen, wie schwer es wird. Gerade weil der BVB ja zuletzt drei Mal in Folge nicht gewinnen konnte.“ Beim Vergleich mit dem Sturmtank gegenüber, Erlin Haaland („Der wird mal der beste Stürmer der Welt werden. Derzeit ist es aber ganz klar Robert Lewandowski“), winkt er ab – nicht seine Kategorie. Für den 30-Jährigen steht die Mannschaft im Blickpunkt.

Zwei Tore gegen Union, jetzt Dortmund vor der Brust

Auch wenn es gegen Dortmund nicht mit einem Tor oder Punkten klappen sollte, so kann sich Familienvater Florian Niederlechner auf eines verlassen. Er weiß genau, wer ihn, wenn er auf die Haustür zugeht, auf alle Fälle jubelnd und hüpfend erwartet und sofort seine Stimmung wieder aufhellt.

Aufrufe: 030.1.2021, 11:15 Uhr
Ebersberger Zeitung / Olaf HeidAutor