2024-05-22T11:15:19.621Z

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Eine Ära geht zu Ende: Dennis Bingenheimer hört im Sommer beim VfB Bodenheim auf.
Eine Ära geht zu Ende: Dennis Bingenheimer hört im Sommer beim VfB Bodenheim auf. – Foto: Stefan Haas

Ära Bingenheimer in Bodenheim endet im Sommer

Ein Fußball-Leben für den VfB: Vereinslegende Dennis Bingenheimer hört nach dieser Saison als Trainer beim Landesligisten auf

BODENHEIM. Die Formulierung mag abgegriffen sein, aber in diesem Fall trifft sie den Kern: Beim VfB Bodenheim geht eine Ära zu Ende. Nach dieser Saison hört Dennis Bingenheimer als Trainer des Landesligisten auf. Der 37-Jährige fing als E-Jugendlicher mit Fußball an, spielte nie woanders, kickte nach seinem Karriereende weiter bei den Alten Herren mit und wurde dann vor dreieinhalb Jahren Chefcoach. Ein Leben für den VfB.

Auf Bingenheimer trifft auch der Satz, man solle aufhören, wenn es am Schönsten ist, zu. Er schwärmt für seine Mannschaft, stellt sich selbst in den Hintergrund. "Es gibt überhaupt keinen negativen Grund, aufzuhören", sagt er. Seine Kinder sind neun, sechs und eineinhalb Jahre jung, Bingenheimer ist beruflich eingespannt, die Familie gerade umgezogen. "Meine Frau hat nie etwas gesagt, aber ich habe das Gefühl, dass ich zu Hause etwas zurückgeben muss."

Gespräche mit potenziellen Nachfolgern laufen bereits

"Bingo" geht mit der Gewissheit, ein bestelltes Feld zu hinterlassen. "Ich habe das Gefühl, dass die Mannschaft versteht, wie wichtig der Verein ist. Sie machen es aus, egal wer da Trainer ist." Und: "Warum soll man nicht gehen, wenn es Spaß macht? Die Jungs müssen begreifen, dass es egal ist, wenn ich gehe, weil sie die Stars sind. Ich hoffe mit aller Macht und werde mich dafür einsetzen, dass die Mannschaft zusammenbleibt."

Im November, als man sich verabreden wollte, um über die neue Saison zu sprechen, ließ Bingenheimer intern erstmals anklingen, dass er sich mit dem Gedanken trägt, aufzuhören. Der abrupte Corona-Break in Spiel- und Trainingsbetrieb machte es schwierig, die Mannschaft geschlossen zu informieren. Nun herrscht Klarheit. Der sportliche Leiter Günter Loos arbeitet bereits an der Nachfolge, die Gespräche laufen.

"Haben ein besonderes Verhältnis"

"Es waren vier tolle Jahre", blickt Loos zurück, "wir hätten mit Sicherheit mit ihm weiter gemacht. Wir haben ein besonderes Verhältnis." So schade die Entscheidung sei - weil Bingenheimer nicht vorhabe, direkt woanders einzusteigen -, könne Loos sie eher verkraften. Der 37-Jährige ist der einzige Bodenheimer Ehrenspielführer. "Jetzt muss jeder noch mal richtig Gas geben, um ihn als Aufsteiger zu verabschieden", schielt Loos schon Richtung Aufstiegsrunde, "da haben wir ein dickes Wörtchen mitzureden, da kann die Mannschaft ihm ein Geschenk machen, das nicht mal Geld kostet."

2014 hängte Bingenheimer seine Fußballstiefel offiziell an den Nagel, zelebrierte sein Abschiedsspiel als geselliges Treffen der Wegbegleiter - und legte in den folgenden Jahren noch einige Spiele nach, als Freundschaftsdienst. "Wenn sie nächste Saison jemanden brauchen, der die Trikots zusammenlegt, würde ich das machen", sagt er. Aber eine leitende Funktion würde er ablehnen: "Da muss man sich als ehemaliger Trainer erst mal raushalten."

Ungewiss, wie es ab Sommer weitergeht

Pauschal ausschließen, irgendwo anders tätig zu werden, will Bingenheimer nicht, schließlich ist kaum etwas im Leben gewiss. Allein, es fehlt die Vorstellungskraft, auch ihm selbst. Im Kontext der Pandemie, von Saisonabbrüchen, Saisonwertungen und Spielverlegungen, hatte der frühere Defensivstratege mehrmals erkennen lassen, dass er mit einigen Entwicklungen im zeitgenössischen (Amateur-)Fußball fremdelt. Ein Grund für seinen Abschied ist das nicht. "Jetzt ist einfach Zeit für etwas Neues."

Welchen Stellenwert Bingenheimer in seinem Verein hat, zeigte seine erste Saison als Trainer - die, wie er selbst sagt, schlechteste seit Langem. Drittletzter, abgeschlagenes Schlusslicht in Sachen Fairplay, nur neun Siege, aber 17 Feldverweise, die Rettung auf den allerletzten Drücker durch fremde Hilfe. "Wir haben völligst unverdient die Liga gehalten", sagt "Bingo", "aber der Verein hält zu dir, etwas anderes steht nie zur Debatte. Wahnsinn. Vielleicht haben sie gehofft, dass ich aufhöre." Aber auch das, eine Flucht vor der Verantwortung, war nicht vorstellbar.

Kurs Aufstiegsrunde

Und es ging gut, die sportliche Entwicklung seither gibt den Verantwortlichen recht. Abbruch-Fünfter, Abbruch-Erster, jetzt trotz massiver Verletzungssorgen auf Kurs Aufstiegsrunde, dazu ein attraktiver Spielstil und ein Top-Drei-Platz der Fairplay-Wertung - Bingenheimer hat seinen Stil durchgedrückt. Und bleibt bescheiden. "Einen wie mich würde ich nie aufstellen", erzählt er. Und schwärmt von seinen Spielern, einem nach dem anderen. "Die Zeit als Trainer ist noch schöner als die als Spieler." Und jetzt? "Will ich unbedingt mit dieser Mannschaft um den Aufstieg spielen, weil sie es sich verdient hat, weil sie da hin gehört."

Aufrufe: 030.12.2021, 14:40 Uhr
Torben SchröderAutor