2024-06-14T14:12:32.331Z

Spielbericht
Der 1. FC Monheim hat aus Ratingen nichts mitgebracht.
Der 1. FC Monheim hat aus Ratingen nichts mitgebracht. – Foto: Ralph Görtz

1. FC Monheim agiert zu unpräzise in Ratingen

Die Abendpartie in der Oberliga hat viel Tempo und etliche Chancen, von denen die Gastgeber eine nutzen zum 1:0-Sieg.

Dennis Ruess hatte so eine Ahnung gehabt, dass sein Gegenüber Martin Hasenpflug die „Rotationsmaschine“ anwerfen könnte, da Ratingen 04/19 bereits für die Aufstiegsrunde in der Oberliga qualifiziert war. Und der Trainer des 1. FC Monheim sollte Recht behalten, bei seinem Gastspiel am Mittwochabend sah er eine im Vergleich zum Spiel beim 1. FC Mönchengladbach (5:4) am vergangenen Samstag auf fünf Positionen veränderte Ratinger Startelf.

Ali Gülcan und Emre Demircan waren gar nicht erst im Kader, Moses Lamidi, Takuma Misumi und Bo Lasse Henrichs saßen anfangs auf der Bank.

Ruess wiederum hatte auch längst nicht alle Mann an Bord und sich für eine Dreier-Abwehrkette entschieden, mit deren Hilfe er die Ratinger zustellen und früh anlaufen wollte – so hatte 04/19-Torwart Dennis Raschka etwa bei einem frühen Abschlag keine Möglichkeit, das Spiel mit einem kurzen Pass zu eröffnen, da allen Mitspielern Monheimer ziemlich auf den Füßen standen. Doch dann blieb Philip Lehnert im Mittelkreis im Kunstrasen hängen und verdrehte sich das Knie – bereits nach elf Minuten musste Ruess umstellen und sah darin später einen „Bruch im Spiel“ seiner Mannen.

Gastgeber machen Druck

Die hatten zwar kurz nach Lehnerts Auswechslung den ersten gefährlichen Abschluss, als Sebastian Spinrath volley abzog und den Ball aus 18 Metern knapp über das Tor jagte. Aber danach waren fast nur noch die Gastgeber am Drücker. Hae Seong Jungs Schuss war nur eine erste Annäherung und keine Prüfung für FCM-Torwart Björn Nowicki (12. Minute), der aber nur zwei Minuten später gegen Ali Can Ilbay schon mehr ins Risiko gehen musste mit seiner Parade. Es war ein durchweg schnelles, ansehnliches Spiel, dem nur die Tore fehlten. Raschka hielt gegen Bora Gümüs (33.), nur zwei Minuten später gab es auf der Gegenseite die größte Chance bis dahin: Mohammed Benslaiman holte sich den Ball noch vor der Torauslinie, spielte ihn an Nowicki vorbei in den Strafraum, aber Ilbays Schuss wurde geblockt. Der Ratinger Außenstürmer trat die anschließende Ecke in den Strafraum, der Ball fiel Jung vor die Füße, der abzog und das Spielgerät an die Unterkante der Latte jagte – dann war Nowicki da (35.).

Was da schon zu sehen – und zu hören – war: Der FCM spielte nicht mit voller Überzeugung oder Genauigkeit in seinen Aktionen, viele verpufften, weil erste Ballkontakte nicht gelangen, Pässe ins Aus gespielt wurden oder die Angriffe komplizierter als nötig gestaltet waren. Das war zu sehen – zu hören war Ruess‘ Reaktion, der zweimal saftig in die Bande trat und eindeutig unzufrieden mit dem Vortrag seiner Spieler war.

Daran änderte sich nach dem Seitenwechsel wenig – außer, dass Ruess die Bande nun Bande sein ließ. Doch seine Spieler blieben fahrig, die Ratinger übernahmen nun noch eindeutiger das Kommando. Bei einer ersten Chance hatte Nabil Jaouadi noch ein schlechtes Timing für seinen Sprung zum Kopfball nach einer Flanke von Jung gehabt und den Ball frei vor Nowicki so nur ins Toraus gewischt (50.), zwei Minuten später war es aber so weit: Die Gastgeber gingen in Führung. Die Entstehung dürfte Ruess sprachlos zurückgelassen haben, denn sein FCM hatte den Ball beim Einwurf – und gab ihn direkt wieder her. Erkan Ari schaute im Mittelfeld einmal hoch, sah den durch die Mitte startenden Ilbay, bediente ihn mit einem feinen Lupfer genau in den Lauf, und der 29-Jährige vollendete mit dem Außenrist zu seinem siebten Saisontor. Nowicki hatte da keine Chance.

Der FCM-Keeper verhinderte sogar noch das 0:2, als er rechtzeitig die Fäuste gegen einen Schuss von Jung hoch bekam (61.), nur eine Minute zuvor war Jaouadi etwas zu sorglos mit einer Top-Chance umgegangen, als er eine Außenrist-Flanke von Ari frei vor dem Tor nicht annahm, sondern stattdessen einen Seitfallzieher versuchte, mit dem er den Ball nicht traf.

Ruess warf offensiv alle Akteure ins Spiel, die ihm zur Verfügung standen, und so wurde der FCM zumindest etwas gefährlicher. Dennis Labusga ließ nach 64 Minuten ein Pfund aus knapp 20 Metern los, der Ball senkte sich gefährlich, doch Raschka, der am Samstag in Gladbach noch bei drei Gegentreffern nicht frei von Schuld war, war diesmal in Top-Verfassung und klärte diesen Versuch ebenso wie den Flachschuss von Dennis Ordelheide (70.).

Dann waren wieder die Ratinger am Zug: Ilbay spielte einen Freistoß von rechts in den Strafraum, Jaouadi köpfte drüber, Pascal Kubina wäre dahinter auch noch zur Stelle gewesen (75.). Und so schimpfte der stets kommunikative Nowicki mit seinen Vorderleuten: „Ey – hier sind nur Leute vor mir. Wie kann das sein?“. Eine Antwort bekam er nicht, dafür in der nächsten Szene Hilfe, als er den Schuss von Ilbay passieren lassen musste, aber Christoph Lange klärte – direkt in die Füße von Jaouadi, der noch auf Benslaiman ablegte, der fest über das Tor schoss (82.). Der folgende Abstoß kam wie ein Bumerang zurück, Ari zog aus der zweiten Reihe ab, Nowicki hatte Mühe, aber den Ball im Nachfassen.

Die Ratinger spielten danach noch Konter unsauber aus, und so fasste Ruess zusammen: „Das beste heute ist, dass es nur 0:1 ausgegangen ist.“ Auf der Pressekonferenz gratulierte er Hasenpflug zum „mehr als verdienten Sieg“. Nachdem sein Team eigentlich gut ins Spiel gekommen sei, hatte er nach Lehnerts Verletzung „80 Minuten Mädchenfußball“ seiner Mannschaft gesehen. Das meinte er sicher nicht als Lob. Und bevor es ärger zu werden drohte, entschied sich der sonst sehr eloquente FCM-Coach, sein Statement so zu beenden: „Ich werde dazu nicht mehr sagen, denn ich habe eine ganz gute Kinderstube genossen, und das geht sonst nicht gut aus. Das heute ging gar nicht, und das habe ich meinen Jungs auch so mitgeteilt. Wir sehen uns in der Aufstiegsrunde wieder – da müssten wir uns schon ganz dusselig anstellen, wenn wir das nicht schaffen.“ Zur Erinnerung: Der FCM könnte nach Punkten noch vom Zwölftplatzierten TSV Meerbusch abgefangen werden, hat aber eine um 20 Treffer bessere Tordifferenz. Die wird er am letzten Spieltag daheim gegen den Tabellenletzten 1. FC Mönchengladbach (Sonntag, 15 Uhr) wohl nicht verspielen.

Die Ratinger haben zeitgleich ein Heimspiel gegen den Vorletzten FSV Duisburg, und die Marschroute dafür gab Hasenpflug so aus: „Wir haben jetzt eine Serie von sechs Spielen ohne Niederlage. Da wollen wir natürlich versuchen, am Sonntag im Stadion an diese Leistung anzuknüpfen.“ Der 04/19-Coach erinnerte, dass er „mit der Leistung vom Spiel in Gladbach unzufrieden“, gewesen sei, doch da der 5:4-Sieg die Teilnahme an der Aufstiegsrunde sicherte, hatte er nun Spieler geschont, die bereits viele Partien absolviert haben. „Wir wollten dem einen oder anderen, der im Training immer Gas gibt, eine Chance geben. Wir wollten aggressiv mit hohem Pressing spielen und den Gegner nicht ins Spiel kommen lassen. Das ist uns ganz gut gelungen“, fand Hasenpflug. Das lag sicher an der laufintensiven und temporeichen Leistung von 04/19, aber ebenso auch an mangelnder Bereitschaft und Präzision des FCM.

Aufrufe: 025.3.2022, 08:00 Uhr
Georg AmendAutor