Thyssen war als Fußballer erst für den VfB und dann nach dem Zusammenschluss mit dem Sportclub für den 1. FC aktiv, ehe ein Kreuzbandriss das Karriereende bedeutete. „Der Verein hat viel zu meiner persönlichen Entwicklung beigetragen. Jetzt kann ich ihm durch mein ehrenamtliches Engagement etwas zurückgeben“, sagt er im Gespräch mit der Rheinischen Post.
Herr Thyssen, wie geht es dem 1. FC Kleve in der Corona-Krise?
CHRISTOPH THYSSEN | Dem 1. FC Kleve geht es gut, auch wenn die Situation, mit der ja alle Vereine zu kämpfen haben, natürlich nicht leicht ist. Uns sind durch den Abbruch der Fußball-Saison einige Heimspiel-Einnahmen entgangen. Einen Teil der weggefallenen Einnahmen konnten wir durch Inanspruchnahme der Corona-Soforthilfe kompensieren. Aber auch die Übungsleiter haben uns unterstützt, weil sie auf einen Teil ihrer Aufwandsentschädigung verzichtet haben. Ein großer Dank gilt unseren Sponsoren, die in dieser schwierigen Zeit treu zum 1. FC Kleve stehen. Das ist für mich ein sehr positives Zeichen und wichtig, weil der Spielbetrieb der ersten Mannschaft fast ausschließlich über Sponsorengelder finanziert wird. Die Planung der neuen Saison wird durch die Corona-Pandemie aber natürlich erschwert.
Inwiefern?
THYSSEN | Zum einen fällt es schwer, neue Sponsoren zu gewinnen, die wir benötigen, weil bislang bestehende Verträge mit Geldgebern ausgelaufen sind. Denn es weiß ja im Moment niemand so genau, wann die neue Saison beginnt und wie sie durchgeführt wird. Zum anderen erschwert diese Tatsache auch die Kaderplanung.
Wie weit sind Sie denn mit der Personalplanung?
THYSSEN | Fakt ist, dass uns sieben Spieler verlassen werden. Zwei Neuzugänge haben wir schon verpflichtet, zudem rücken zwei Spieler aus der eigenen Jugend auf. Wir würden gerne noch drei gestandene Akteure holen, die zu uns passen. Doch unser Vorstandsmitglied Hans Noy, der sich mit Trainer Umut Akpinar um die Kaderplanung kümmert, sagt, dass im Gegensatz zu den Jahren zuvor zu diesem Zeitpunkt sehr wenig Bewegung auf dem Spielermarkt ist. Wir haben in unserem Budget aber noch etwas Luft und sind deshalb bei dem Thema relativ entspannt.
Wann glauben Sie denn, dass die neue Saison beginnen wird?
THYSSEN | Ich war vor einigen Wochen ja noch skeptisch, ob in diesem Jahr überhaupt gespielt werden kann. Mittlerweile bin ich zuversichtlich, dass die Saison im September gestartet werden kann.
Wenn nicht Mannschaften zurückziehen, wird die Oberliga-Saison mit 23 Teams gespielt. Deshalb soll es Überlegungen geben, die Klasse in zwei Staffeln aufzuteilen, wenn erst spät gestartet werden kann. Was halten Sie davon?
THYSSEN | Ich bin der Meinung, dass wir in einer großen Liga spielen sollten, wenn das terminlich machbar ist, weil wir dann mehr Heimpartien und damit mehr Einnahmen haben würden. Das müsste auch bei einem späteren Start gehen, wenn man die Winterpause kürzer ausfallen lässt und die Saison etwas verlängert. Ich würde allerdings nichts davon halten, wenn wir dauernd im Rhythmus Sonntag, Mittwoch, Sonntag spielen müssten. Da wäre keinem mit gedient.
Wird beim 1. FC Kleve aktuell noch trainiert?
THYSSEN | Die erste Mannschaft ist in die Sommerpause gegangen, ansonsten trainieren alle Fußball-Teams noch. Das ist auch gut so. Denn ich halte es gerade für Kinder und Jugendliche wichtig, dass sie jetzt den Sport wieder als Ausgleich haben. Wir mussten dafür ein umfangreiches Hygienekonzept aufstellen, auch für das Training unserer anderen Abteilungen Karate, Tennis und Gymnastik, die den Betrieb ebenfalls wieder aufgenommen haben. Es ist wichtig für den Gesamtverein, das wir auch ein Breitensportangebot haben.
Der VfB und der Sportclub machen seit genau 20 Jahren als 1. FC Kleve gemeinsame Sache. Hat sich die Fusion ausgezahlt?
THYSSEN | Sie war auf jeden Fall der richtige Schritt – allein schon, wenn man die Infrastruktur sieht, über die wir am Bresserberg mit der tollen Anlage verfügen. Beide Vereine lagen doch nur 50 Meter auseinander. Da wäre es Nonsens gewesen, sich nicht zusammenzuschließen, auch wenn die Rivalität zwischen den Klubs über Jahrzehnte extrem groß war.
Gibt es diese Gräben zwischen den Roten vom VfB und den Blauen vom Sportclub heute noch?
THYSSEN | Das Thema Rote und Blaue ist raus. Der Verein ist zusammengewachsen, wir sind der 1. FC Kleve und denken nicht mehr in blau oder rot. Die Vergangenheit ist abgehakt, wir schauen nach vorn.
Die Insolvenz ist auch keine Belastung mehr?
THYSSEN | Der Verein ist finanziell gesund, wir schreiben Jahr für Jahr in der Regel eine schwarze Null. Mich interessiert auch nicht, was einmal war. Und ich will mich auch nicht mehr damit beschäftigen, welche Fehler in früheren Zeiten einmal gemacht wurden. Ich würde mir nur wünschen, dass dies überall in der Stadt so wäre.
Wieso?
THYSSEN | Es gibt, auch in Teilen der Politik, immer noch Vorbehalte gegen den 1. FC Kleve. Dabei wird vergessen, dass es heute andere handelnde Personen und andere Konzepte gibt als damals. Wir haben nach dem abgewickelten Insolvenzverfahren einen Neuanfang gestartet und arbeiten solide. Das muss, so finde ich, in der Stadt anerkannt werden. Doch es gibt immer wieder Probleme.
Der 1. FC Kleve hat nach dem Aufstieg jetzt das zweite Jahr in der Oberliga hinter sich. Ist diese Klasse das Maß aller Dinge?
THYSSEN | Die Oberliga ist die Klasse, in der wir uns etablieren wollen und die auch optimal zu unserem Konzept für den Nachwuchs passt. Wir arbeiten bei der Jugend leistungsorientiert und wollen möglichst viele Talente auch über die zweite Mannschaft an das erste Team heranführen. Das ist schon in der Oberliga schwer genug und wäre in der Regionalliga unmöglich.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des 1. FC Kleve?
THYSSEN | Ich wünsche mir, dass wir eine feste Größe in der Oberliga werden, mit allen Jugend-Teams in der Niederrheinliga spielen, den Neubau der Kabinen umgesetzt bekommen und die Stadt das Thema Tribüne abschließt. Das Stadion am Bresserberg ist ein Schmuckstück. Wenn man sich einmal zu diesem Bau entschlossen hat, dann muss man jetzt auch den letzten Schritt machen.