2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Zu Hause vor leeren Rängen war der VfR eine Macht. Hier beißt sich Leif Hahn vom Heider SV mit einem Freistoß die Zähne an den Rasensportlern aus. Foto: sas
Zu Hause vor leeren Rängen war der VfR eine Macht. Hier beißt sich Leif Hahn vom Heider SV mit einem Freistoß die Zähne an den Rasensportlern aus. Foto: sas

Wird die Lage beim VfR Neumünster noch prekär?

Oberligist kämpft nur noch ums Überleben / Rasensport lässt kaum Konstanz im Kollektiv erkennen

Beim Oberligisten VfR Neumünster fällt die Rückschau auf die abgelaufene Hinserie in dieser Saison speziell aus. Denn der Rücktritt des 1. Vorsitzenden Bernd Hagen Mitte Januar und das daraus sowie aus argen finanziellen Nöten heraus resultierende Chaos beim Traditionsclub lassen die Halbzeitbilanz zu einem abgeschlossenen Kapitel mutieren. Trainer Sven Boy, dessen „Co“ Thorsten Rohwer und Sportchef Thomas Möller sind Geschichte, sie wurden freigestellt. Ferner haben sich 15 von 20 bislang in dieser Saison eingesetzten Spielern verabschiedet. Und so fließt der Rück- in einen Ausblick über. Fortan soll es das aus der A-Jugend aufgerückte Trainerduo Emmanuel Amoako/Abdul Yilmaz richten.

Die Lage
Als Tabellensiebter steht der VfR, der eigentlich den Meistertitel angepeilt hatte, jenseits von Gut und Böse. 20 Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Strand 08 und elf Zähler Vorsprung vor dem ersten Regelabstiegsplatz lassen auf eine ruhige Restrunde schließen. Da sich jüngst aber fast die komplette Mannschaft im Zuge abermaliger Finanzprobleme verabschiedet hat, könnte sich die Situation schon in wenigen Wochen deutlich verschärfen.

Die Stärken
Zu Hause ist der VfR eine Macht. Rasensport ist die einzige Mannschaft ohne Heimniederlage, nur Todesfelde (0:0) und Heide (1:1) nahmen etwas Zählbares mit. Zudem war die individuelle Klasse Einzelner durchaus für Spielverläufe zu Gunsten der Lila-Weißen ausschlaggebend.

Die Schwächen
Die gut bezahlte Mannschaft trat viel zu selten als Einheit auf. Hinzu kamen Formschwankungen, die kaum einmal Konstanz im Kollektiv erkennen ließen. Nach dem Motto „Mal ist der eine gut und mal der andere“ lavierte der VfR durch die Hinrunde. Ebenso machte Rasensport viel zu wenig aus seinen Torchancen, und auch in der Defensive präsentierte sich das Team beileibe nicht immer sattelfest.Rezan Acer (gekommen von Holstein Kiel II) und André Ladendorf (TuS Dassendorf) schlugen ein, überraschend gut präsentierte sich der Nobody Lukas Lindner (Preetzer TSV).

Auch Laurynas Kulikas (TSV Steinbach) wusste mehrfach zu überzeugen. Maximilian von Randow (Rot-Schwarz Kiel) war eine Alternative, die Youngster Lennart Busch (eigener Nachwuchs) und Kristof Kumbier (eigene Reserve) sammelten wertvolle Erfahrungen auf Oberliganiveau.Die quasi über Nacht hereingebrochenen finanziellen Schwierigkeiten überstrahlen alles. Nach wie vor ist nicht klar, ob der VfR zum dritten Mal Insolvenz anmelden muss oder nicht. Hinzu kommt der sportliche Aspekt: Ist die für die Restrunde zusammengestellte Mannschaft einigermaßen konkurrenzfähig? Kann sie die (wenigen) zum Klassenerhalt benötigten Punkte einfahren?

Das Umfeld
Der VfR wollte eine überdachte Sitzplatztribüne bauen (die Genehmigung liegt mittlerweile vor), den A-Platz drehen, ein neues Trainingsgeläuf errichten, durch kleinere Umbaumaßnahmen die Zuschauer näher an den Platz heranlassen, zusätzliches Flutlicht errichten und eine Spielbetriebs-Gesellschaft gründen. Nichts davon wurde umgesetzt. Dass im Laufe der Hinrunde auch noch der eine oder andere Offizielle verkündete, man plane den Bau eines eigenen Kunstrasenplatzes, ist die Krone auf alledem. Als gravierende Fehlentscheidung erwies sich die Wahl eines neuen Heimspieltermins (sonnabends, 13 Uhr). Im Vorjahr noch vor dem Regionalligaaufsteiger Eutin 08 die Nummer 1 in der Zuschauertabelle, rauschten die Besucherzahlen in den Keller.

Das Resultat war nicht nur ein gähnend leeres, weil weitläufiges Stadion, sondern ebenfalls der schlechteste Zuschauerschnitt in der Nachkriegsgeschichte. Der bisher niedrigste Wert (321 Besucher in der Saison 2008/09) wurde deutlich unterboten (285 mit offensichtlich auch noch geschönten Zahlen). Die Querelen auf Vorstandsebene – der 1. Vorsitzende Bernd Hagen und der 2. Vorsitzende Gerd Grümmer kommunizieren seit Monaten nicht mehr miteinander – brachten das Fass zum Überlaufen.

Beim VfR geht es nur noch ums Überleben – weniger ums sportliche, sondern vielmehr ums generelle. Am Ende dieser Saison dürfte Rasensport nach sage und schreibe 67 ununterbrochenen Jahren an der Spitze nicht mehr die Nummer 1 des Neumünsteraner Fußballs sein. Aber auch das wäre angesichts der aktuellen Lage zweitrangig und nur für Ur-Rasensportler ein schwer verdaulicher Kulturschock. Es mehren sich die Stimmen, die 2018/19 einen Neuanfang in der klassentieferen Landesliga befürworten – mit Eigengewächsen und dem gerade inthronisierten Trainerduo Amoako/Yilmaz.
Aufrufe: 011.2.2018, 19:30 Uhr
SHZ / Arne SchmuckAutor