2024-05-08T14:46:11.570Z

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Vom schwer angeschlagenen VfR Neumünster vor die Tür gesetzt: Trainer Sven Boy (links) musste ebenso gehen wie Sportchef Thomas Möller. Foto: Schmuck
Vom schwer angeschlagenen VfR Neumünster vor die Tür gesetzt: Trainer Sven Boy (links) musste ebenso gehen wie Sportchef Thomas Möller. Foto: Schmuck

VfR-Kahlschlag: Boy und Möller müssen gehen

Spielbetrieb soll aufrechterhalten werden

Das Blaulicht beim VfR Neumünster flackert endlos. In dem Bemühen, die bereits klinisch toten Veilchen wieder zu beleben, hat der 2. Vorsitzende Gerd Grümmer jetzt einen Notarzt-Kittel übergezogen. Ungeachtet aller Kosten und einer daraus erfolgenden Schlammschlacht abseits des grünen Rasens stellte der 57-Jährige den Sportlichen Leiter Thomas Möller frei und sprach darüber hinaus Trainer Sven Boy die Kündigung aus.

Möller und Boy, die beim VfR aus dem Nichts ein Team aus dem Boden stampften, traf es wie der Blitz. „Mir wurde per E-Mail gekündigt“, sagte Boy, der keine weiteren Details nennen wollte. Eine Aktion, die vor allem deshalb Verwunderung ausgelöst hat, weil der 41-Jährige sich doch bereit erklärt hatte, die Aufbauarbeit fortzusetzen.

Möller bestätigte ebenfalls den Eingang einer unpersönlichen E-Mail. „Wir hatten vor zweieinhalb Jahren fünf Leibchen, vier Bälle, ein Schlüsselbund und minus neun Punkte, als der VfR aus der Regionalliga abgestiegen ist“, sagte der 50-Jährige und zeigte sich tieftraurig.

Boy hingegen legte schon zuvor ein sehr professionelles Verhalten an den Tag, wollte seine Arbeit fortsetzen. Dabei wusste er nicht einmal, welche Spieler für das von Boy am kommenden Dienstag vorgesehene Training an der Geerdtsstraße erscheinen werden – ein Training, das mittlerweile unter Boys Nachfolgern Emmanuel Amoako und Abdul Yilmaz um zwei Tage auf den 1. Februar verschoben wurde.

Schließlich wurde allen Akteuren mitgeteilt, dass sie den Verein verlassen können. Der Kettenbrief der Rasensportler hatte jedoch eine Lücke. Denn Co-Trainer Thorsten Rohwer wurde nicht benachrichtigt. „Bei mir ist nichts angekommen. Ganz merkwürdige Sache mit dem VfR“, äußerte er sich.

Dokumentiert wurde seitens des Vereins nunmehr der feste Wille, den Spielbetrieb beim Oberligisten aufrecht zu erhalten und einer Verbandsstrafe (450 Euro) wegen eines möglichen Rückzugs zu entgehen. Dazu kristallisiert sich eine Task Force heraus. Dort wollen neben Grümmer noch die 3. Vorsitzende Gerda Hirsch, U19-Betreuer Uwe Dencker sowie Carsten Mehne (Vorsitzender des Fördervereins „Veilchen-Club“) das lila-weiße Rettungsfähnchen schwenken und Wiederbelebungsversuche unternehmen. Juristischer Begleiter ist VfR-Anwalt Axel Goldmann.

Entsprechend erhielten Eigengewächse oder ortsnah wohnende Spieler wie Paul Falk, Philipp Lorenzen, Otto Schmidt, Lennart Busch und Kristof Kumbier Anrufe des neuen Trainerteams. Das Ziel war: Diese Akteure sollten weiter im VfR-Trikot agieren. Dabei soll ihnen ein Überbrückungsgeld in unveränderter Größe zum bisherigen Salär angeboten worden sein. Falk und Lorenzen winkten ab, werden zum gleichklassigen Nachbarn Polizei-SV Union wechseln.

Bei den gestandenen Akteuren wurden keine Anstalten gemacht, diese zum Bleiben zu bewegen. „Wir geben jedem Spieler, der gehen will, die Freigabe“, sagte die 3. Vorsitzende Hirsch und versprach: „Die Spieler können in der Wechselperiode II (1. bis 31. Januar, Anm. d. Red.) den VfR verlassen.“. Sollte diese Frist seitens des Vereins versäumt werden, wird es ein Fall für die Gerichte.

Wohl nicht zuletzt deshalb haben mehrere Akteure in den vergangenen Tagen wegen bisher fehlender Freigaben bereits einen renommierten Rechtsanwalt kontaktiert. Es gibt indes Informanten (Namen der Redaktion bekannt), die in Sachen einer möglichen Insolvenz des VfR von einem bewussten Täuschungsmanöver sprechen. Dieses Puzzleteil könnte passen, weil der VfR den für vergangenen Freitag erwarteten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens um ein paar Tage verschoben hat.

„Ich muss da noch eine Entwicklung abwarten, weil nicht alle Dinge aufgearbeitet sind. Unser Problem war nicht die Einnahmen-, sondern die Ausgabenseite“, sagte 2. Vorsitzender Grümmer unserer Redaktion, ging aber nicht näher darauf ein.

Allerdings gab es auch Stimmen, die sagten, der VfR trete schon in Kürze den Weg zum Amtsgericht Neumünster an. Nach dem Ausfüllen eines 26-seitigen Pamphlets – das Insolvenzformular – würde voraussichtlich ein alter Bekannter die Büroräume an der Geerdtsstraße einnehmen. Wenn nämlich ein Schuldner ein zweites, drittes oder viertes Mal in Not gerät, wird meist der mit dem Fall bereits vertraute vorläufige Insolvenzverwalter eingesetzt. Beim VfR liefe das auf ein Wiedersehen mit Matthias Lorenzen aus der Groß-Kanzlei Ehler Ermer & Partner hinaus. Er begleitete den Traditionsclub bereits nach dessen Insolvenzanträgen in den Jahren 2005 und 2007.
Aufrufe: 028.1.2018, 19:15 Uhr
SHZ / Arne Schmuck/Jörg LühnAutor