2024-04-25T14:35:39.956Z

FuPa Portrait
– Foto: Schmelter

Friederike Abt: Elfmeterkillerin und Pokalheldin!

Die frühere Torhüterin des Herforder SV ist mit dem VfL Wolfsburg Pokalsiegerin geworden. Im Elfmeterschießen avanciert sie zur Matchwinnerin.

Friederike Abt stemmt den Pokal in die Höhe, dahinter Konfetti und die jubelnden Mitspielerinnen. Doch das Bild täuscht. Die gebürtige Bielefelderin, die am 7. Juli ihren 26. Geburtstag feierte und von 2010 bis 2015 für den Herforder SV Borussia Friedenstal zwischen den Pfosten stand, ist keine, die sich in den Vordergrund drängelt oder das Rampenlicht sucht. Bodenständigkeit ist da schon eher ein Begriff, mit dem die Ostwestfälin in Diensten von Frauenfußball-Erfolgsklub VfL Wolfsburg etwas anfangen kann.

Doch in diesem Moment musste sie einfach nach vorn, lautstark gefordert von ihren Teamkolleginnen. Schließlich war sie die Pokal-Heldin, die Matchwinnerin, die im Elfmeterschießen des Endspiels zwei Schüsse von Gegner SGS Essen abwehrte (Endstand: 7:5 n.E.) und die favorisierten Wolfsburgerinnen nach einem turbulenten Spiel mit sechs Toren in der regulären Spielzeit doch noch jubeln ließ. Also stemmte Friederike Abt die nicht ganz leichte Silbertrophäe in die Höhe – und verschwand danach schnell wieder in der zweiten Reihe.

Die frühere Herforderin hat beim Deutschen Vorzeigeklub in Sachen Frauenfußball den Sprung zur Nummer eins geschafft. Nach der Corona-Pause verdrängte sie die schwedische Nationaltorhüterin Hedvig Lindahl und stand in fünf Bundesligapartien und drei Pokalspielen zwischen den Pfosten. Im Pokalfinale gegen Essen rückte sie jetzt durch zwei gehaltene Elfmeter in den Mittelpunkt. Nationalspielerin Alexandra Popp sagte im NDR-Sportclub-Interview über die Leistung von Friederike Abt: „Mir hat sie auf jeden Fall den Hintern gerettet, dass sie mit so einer Leistung dahinten im Tor steht, mit dieser Überzeugung die Bälle gehalten hat, das war wirklich schön mitanzusehen.“ Popp hatte zuvor verschossen, Abt aber die Bälle der Essenerinnen Irini Ioannidou und Nina Brüggemann gehalten.


"Mir hat sie auf jeden Fall den Hintern gerettet"

Friederike Abt wechselte Anfang der Saison nach Wolfsburg, nach vier Jahren bei der TSG Hoffenheim. „Das war eine große Chance für mich. Es war klar kommuniziert, dass ich die Nummer zwei bin“, blickt die Torhüterin zurück. Die Corona-Pause brachte für Abt die Wende. „Ich habe drei Wochen alleine in Bielefeld trainiert. Ich war laufen und hatte Aufgaben mitbekommen, da waren unsere Trainer sehr kreativ“, berichtet die Torhüterin, die beim VfL von Torwarttrainer Eike Herding und Alisa Vetterlein betreut wird.

Drei Tage vor dem ersten Bundesligaspiel gegen den 1. FC Köln bat Trainer Stephan Lerch sie zum Gespräch und machte Abt zur Nummer eins. „Das war überhaupt nicht abzusehen“, war sie überrascht. Lerch gefiel die Entwicklung der früheren Herforderin, außerdem hätte sie „gut trainiert“. Und Abt lieferte. In der Bundesliga gab es vier Siege (14:1 Tore) und ein Unentschieden gegen Bayern München. „Wir hatten ja schon Vorsprung in der Liga und mussten den ins Ziel bringen, aber es ist schon etwas anderes im Wolfsburger Tor zu stehen als in Hoffenheim“, vergleicht Abt.

„Mit Wolfsburg bist du immer Favorit, bekommst wenig zu tun, musst aber immer 90 Minuten voll konzentriert sein“, betont sie. „Ich muss die Situationen früh erkennen, bin im Stellungsspiel und als Anspieler gefordert.“ Im letzten Meisterschaftsspiel pausierte Abt leicht angeschlagen. Im Pokalfinale war sie wieder die Nummer eins. „Zwei Tage vorher hatte ich noch gar kein Gefühl für das Spiel, das kam erst ganz spät. Am Spieltag habe ich mich richtig gut gefühlt und das Aufwärmen lief auch super.“

– Foto: Yvonne Gottschlich

Doch dann passierte er, der Alptraum jeder Torhüterin: Ein Gegentreffer nach elf Sekunden. „Da dachte ich nur: Was passiert denn hier gerade? Aber ich hatte immer das Gefühl, dass wir das noch drehen“, erzählt sie. Die Partie blieb bis zum Schluss spannend, auch weil Abt ein Fehler unterlief. Irini Ioannidou versenkte einen Freistoß ins Torwart-Eck zum 3:3 (90.). „Das war mein Fehler, das darf mir so nicht passieren. Ich habe die Torwart-Ecke zu früh aufgegeben und den Schritt in die Mitte gemacht. Genau der fehlte mir dann, da war ich zu spät“, gibt sie unumwunden zu.

Im Elfmeterschießen blieb die 26-Jährige dann aber total ruhig und gelassen: „Ich war gut vorbereitet, obwohl von den sieben Spielerinnen, die ich auf dem Zettel hatte, nur noch zwei auf dem Feld standen. Ich habe mich einfach auf mein Gefühl verlassen und mich fokussiert“, erzählt „Rike“ Abt. Der Rest war Jubel. Eine rauschende Party gab es allerdings nicht.

„Die Bars und Clubs sind ja derzeit geschlossen. Der VfL hatte im Hotel ein bisschen was vorbereitet, aber alles im lockeren Rahmen und nach Corona-Vorgaben.“ Am Sonntag ging es zurück nach Wolfsburg, direkt ins Rathaus zum Eintrag ins Goldene Buch. „Danach waren wir kurz zuhause und anschließend gab es in Wolfsburg noch eine Abschlussparty. Seit Montag haben wir frei“, berichtet die Finalheldin.


"Ich werde mich im Training sicher nicht ausruhen"

Sie genießt jetzt zusammen mit ihrem Freund den Urlaub an der Ostsee, bevor es am 24. Juli weiter geht. Dann beginnen die Vorbereitungen auf das Champions League-Turnier. Im Viertelfinale am 21. August ist der VfL in San Sebastián gegen Glasgow City gefordert. Ob Abt dann spielt? „Das ist eine neue Situation. Es geht bei Null los, ich werde mich im Training sicher nicht ausruhen“, unterstreicht Abt, die noch bis 2021 Vertrag in Wolfsburg hat.

Mit der polnischen Nationaltorhüterin Katarzyna Kiedrzynek (von Paris Saint-Germain) bekommt sie eine neue Konkurrentin, weil Hedvig Lindahl zu Atlético Madrid gewechselt ist. „Wenn wir weiterkommen, könnten wir im Halbfinale auf Atlético Madrid treffen“, schmunzelt Abt. Gut möglich, dass Abt dann auf dem Platz wieder auf ihre frühere Zimmerkollegin trifft. Für die bodenständige Friederike Abt die nächste Gelegenheit für einen seltenen Ausflug ins Rampenlicht.

Aufrufe: 012.7.2020, 10:30 Uhr
Yvonne GottschlichAutor