2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview

Jetzt spricht Marvin Höner über seinen Wechsel 

Dass Marvin Höner und der VfL Theesen einmal getrennte Wege gehen würden, damit hätten wohl die wenigsten gerechnet. Wie es dazu kam, erklärt Marvin Höner im exklusiven FuPa-Ostwestfalen-Interview. 

Es war das perfekte Fußballmärchen. Marvin Höner spielte bis zur B-Jugend beim VfL Theesen, wechselte dann zu Arminia Bielefeld und von dort ging es für zwei Jahre zu Ajax Amsterdam. Dort spielte er mit Frenkie de Jong, Christian Eriksen, Davy Klaassen und Matthijs de Ligt zusammen. Sein Körper machte die extreme Belastung des Profi-Fußballs jedoch nicht mit. So entschied sich Höner für den Amateurfußball und für Theesen, seinen geliebten Jugendverein. Nun verlässt er den Verein, in dem er eigentlich bis zum Ende seiner aktiven Zeit als Fußballer spielen wollte.

Wie kam es dazu, dass das letzte große Fußballmärchen in Ostwestfalen nun ein Ende nimmt? Warum hast Du Dich für einen Wechsel vom VfL Theesen zu Preußen Espelkamp entschieden?
Marvin Höner: Vor sechs Monaten hätte ich noch gesagt, dass ich in Theesen meine Fußballschuhe an den Nagel hänge. Ich wohne fünf Minuten vom Platz und das Umfeld passte. Es sind einfach Gründe rund um den Verein. Andreas Brandwein und Heinz-Werner Storck hören auf, einige Abgänge - da kam vieles zusammen …

Das war doch nicht die erste Anfrage von Espelkamp, oder?
Höner:
Verhandlungen gab es vorher nie mit Espelkamp. Tim Daseking und ich kennen uns ja bereits seit längerem, und ich war immer ehrlich zu ihm, dass ich in Theesen glücklich war und nicht weg wollte. Es kam vorher für mich nicht in Frage, aber die Situation hat sich nun geändert.

Was war jetzt der springende Punkt für den Wechsel? Du hast ja schon einen deutlichen Mehraufwand bei Preußen Espelkamp. Weitere Fahrten und wahrscheinlich auch mehr und intensiveres Training.
Höner: Es ist zum einen die Sache, dass Tim Daseking mich ganz gut kennt, was meine Verletzungshistorie angeht. Das hat Andreas Brandwein nun über die Jahre gelernt. Es ist super wichtig bei mir individuell zu gucken, da mein Körper schon häufiger Probleme mit Verletzungen hatte. Wenn ich irgendwie Probleme hatte, dann habe ich immer offen mit Andreas und dem Trainerteam gesprochen. Das war sehr wichtig und genau das finde ich hoffentlich bei Preußen auch.

– Foto: Benjamin Hanke

War auch der Leistungsgedanke ausschlaggebend für den Wechsel?
Höner: Ich bin einfach Sportler durch und durch. Jetzt in der fußballfreien Zeit hat man das gemerkt. Ich laufe jetzt relativ viel. Ausdauer war nie meine Stärke und jetzt gehe ich oft Laufen oder mache Intervall-Läufe über einen Kilometer. Sie werden auch immer besser und leichter. Im Spiel mit Theesen gegen Espelkamp, da hat man ja die Spielstärke von Espelkamp gesehen. Das war schon beeindruckend. Ich freue mich darauf, Teil des Teams zu sein.

Glaubst du denn, bei Espelkamp mit deiner Verletzungshistorie Stammspieler werden zu können?
Höner:
Wenn ich mich nicht verletze, sollte ich gute Chancen haben, mich von Beginn an durchzusetzen. Ich kenne die Spieler bei Preußen und ihre Qualität. Mit der Konstellation bei Espelkamp glaube ich, dass es gut passt. Ich werde schon meine Tore machen.

Du hast das Thema Verletzungen ja schon häufiger angesprochen. Wie geht es deinem Körper momentan? Wie kam er mit der Belastung Westfalenliga zurecht?
Höner:
Generell ziemlich gut. Wir haben in Theesen einen sehr harten Kunstrasenplatz, der im Winter schwer bespielbar ist, da merkt man es schon. Das Trainerteam bei Theesen und ich haben das auch immer vernünftig gesteuert. Es war mir manchmal auch möglich, ein Stück weniger zu machen oder eine Einheit auszusetzen, damit ich am Sonntag fit bin. Es hat sich schon bemerkbar gemacht, dass die Intensität geringer ist als noch bei Rödinghausen. Ich habe da ja fast jedes Spiel gemacht, außer nach der schweren Verletzung gegen Beckum und am Anfang in der Landesliga. Ich bin älter geworden und kann meinen Körper besser einschätzen, wann ich mal eine Trainingseinheit ruhiger machen sollte oder ganz pausiere. Diese Möglichkeit wurde mir in Theesen geboten, darüber war ich sehr froh. Umso höher es geht, desto weniger sind solche Pausen möglich.

Meinst Du, andere Spieler werden neidisch oder gönnen es Dir nicht zu spielen, falls dein Körper solche Pausen auch in Espelkamp braucht?
Höner:
Ich habe ja mit Stefan Langemann und Lennart Madroch in Rödinghausen zusammen gespielt, und das war damals auch schon so, dass ich meine Probleme hatte. Bei Espelkamp wird das schon nochmal ein Stück anders. Da wird es dann nicht so häufig gehen bei den Bedingungen dort. Aber im Endeffekt zählt es, am Wochenende seine Leistung zu bringen.

Marvin Höner bei Ajax Amsterdam
Marvin Höner bei Ajax Amsterdam – Foto: privat

Wie kam es eigentlich dazu, dass Du zu Ajax Amsterdam gewechselt bist? Es kursiert das Gerücht, dass Tim Daseking Dich damals dorthin vermittelt hat.
Höner:
Tim Daseking und ich kennen uns aus Theesen. Tim war dort Trainer und wie ich auch Spieler. Wir haben uns dann mal ausgetauscht, weil er auch gut vernetzt ist. Mein Berater damals hat mir ein vierwöchiges Probetraining organisiert. Letztendlich habe ich damals bei Ajax überzeugt.

Du warst ja damals auch der schnellste Spieler im Profi-Kader von Ajax Amsterdam, oder?
Höner:
Ja, das stimmt. Aber auch nur bis zu meiner Verletzung und auf den ersten 30 Metern. Das muss man dazu sagen. *Marvin Höner lacht*

Was ging damals in Dir vor, als Du Dich verletzt hattest und Dein Traum von der Profi-Karriere geplatzt ist?
Marvin Höner:
Es war nie mein Traum. Ich bin ein eher bescheidener Mensch. Mein Wunsch war es immer, aber es war nie so, dass ich geglaubt habe, dass ich es schaffen könnte. Da war die Erfüllung des Wunsches schon sehr nah. Der Prozess, diesen Wunsch aufzugeben, ist eine schleichende und lange Entwicklung. Nach dem dritten Spiel verletzte ich mich. Damals dachte ich, es sei nur ein Muskelfaserriss. Im Endeffekt war es ein Muskelbündelriss und ein Abriss einer Unterschenkelsehne. Es gab das Problem, dass meine Verletzung sich immer wieder bemerkbar machte. Meine Stärke war immer meine Schnelligkeit, damals noch mehr als heute. Jedes Mal, wenn ich voll gesprintet bin, dann ist da im hinteren Oberschenkel wieder eine Verletzung entstanden.

Und wie hast du das in den Griff bekommen?
Höner:
Gar nicht tatsächlich. Ich war dann vier Mal in München bei Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt zur Untersuchung und Behandlung. Das ist quasi unheilbar. Es ist eigentlich meine Lösung, nie zu 100 Prozent zu sprinten.

Bitte was? Du sprintest nie zu 100 Prozent? Ernsthaft? Du läufst doch allen Gegnern davon auf den ersten Metern?
Höner:
Nein, wirklich nicht. In Rödinghausen war es auch der Punkt. Da konnte ich es mir auch nicht erlauben, nicht 100 Prozent zu geben oder gar Pausen zu machen. Sobald ich an meine Grenze gegangen bin bei 30 Metern Vollsprint, kamen die Probleme. Seitdem mache ich es einfach nicht mehr.

Unglaublich. Und wie viel Prozent gibst Du momentan noch?
Höner:
Das ist nicht viel weniger. Vielleicht 95 Prozent, aber diese paar Prozente weniger helfen mir, dass es nicht passiert. Dazu gibt es auch eine ganz lustige Geschichte aus meinem ersten Spiel bei Theesen. Damals spielten wir gegen Rödinghausen II - und ich kam ja vom SVR. Nach 15 Minuten kam der Ball rechts zur Eckfahne, und ich wollte halt den Ball noch bekommen, war sehr motiviert und bin im Vollsprint hin. Hab alles gegeben. Die Konsequenz war dann ein Muskelfaserriss. Das war vor 3 ½ Jahren und seitdem mache ich vieles mit Auge.

Hast du den Ball noch bekommen?
Höner lachend:
Ja den Ball habe ich noch bekommen. Musste aber anschließend vom Platz.

– Foto: Andreas Zobe

Was passiert bei so hoher Belastung genau? Ist es immer so schlimm?
Höner:
Mal schlimmer, mal nicht so schlimm. Das Muskelgewebe unter- und oberhalb dieser Narbe kann nicht richtig arbeiten. Wenn die Belastung zu hoch ist, können die Muskelfasern nicht mehr kontrahieren und dann treten diese Probleme auf. Man kann viel mit Muskelaufbau und so machen, aber ganz weg geht es nicht.

Wie war es, als Du gemerkt hast, dass es bei Ajax nicht mehr geht?
Höner:
Das war schon hart. Als Sportler versucht man, immer 100 Prozent zu geben und alles aus sich herauszuholen. Das war mental eine schwierige Situation. Mir wurde schon schnell klar, dass es für den hohen Bereich nicht ausreicht. Da habe ich es eingesehen, dass es nichts wird. Ich bin ein Mensch, der viel Wert auf Sicherheit legt. Deshalb war mir das berufliche damals wichtiger. Ich habe über die Jahre gesehen, was körperliche und mentale Verletzungen mit einem machen können. Da habe ich mich entschieden, so hoch wie möglich Fußball zu spielen. Wenn ich nun darauf so zurückblicke, war es die beste Entscheidung, die ich bisher in meinem Leben getroffen habe. Ich habe jetzt einen ganz tollen Job bei Häcker Küchen als Personalreferent mit viel Verantwortung, die ich mir mit meinem Arbeitgeber erarbeitet habe. Wahrscheinlich wäre ich nicht da, wenn ich mit 30 nach der aktiven Laufbahn in einen anderen Beruf gewechselt wäre.


Kommen wir zurück zu Deinem aktuellen Verein, da tut sich ja gerade auch viel. Wie ist momentan die Situation in Theesen?
Höner: Andreas Brandwein und Heinz Werner-Storck hören beide auf, da geht schon eine Ära zu Ende. Sie haben in den letzten Jahren so viel geleistet. Mit wenig Geld haben sie viel erreicht und tolle Ergebnisse erzielt. Es war immer schön, Teil dessen zu sein. Das hatte wirklich tolle Anreize und das Mannschaftsgefüge war immer großartig. Diese Gemeinschaft in Theesen werde ich vermissen.


Spielt dein Sohn schon in Theesen?
Höner:
Noch nicht, der ist erst zweieinhalb Jahre alt, das dauert noch etwas. Es war auch mein Plan, dass man so mit 30 aufhört und er dann anfängt. Man stellt es sich vor. Mateo ist extrem fußballverliebt, und wir werden ihn wahrscheinlich bei Theesen anmelden. Wir wohnen ja nur fünf Minuten vom Platz entfernt.

Aufrufe: 011.1.2021, 12:00 Uhr
Teresa Kröger / FuPaAutor