2024-05-24T11:28:31.627Z

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"In der Kürze der Zeit Großartiges erreicht"

Marcel Winkens spricht im FuPa-Interview über die Gründe für den Wechsel zum VfL Jüchen und Unterschiede in der Trainerarbeit zwischen Senioren- und Juniorenbereich

Mit den A-Junioren des TSV Meerbusch befindet sich Marcel Winkens auf dem besten Weg, den direkten Klassenerhalt in der A-Junioren-Niederrheinliga zu schaffen. In der vergangenen Woche wurde der Wechsel zum abstiegsbedrohten Landesligisten VfL Jüchen-Garzweiler bekannt. Im FuPa-Interview erläutert Winkens die Gründe für den Wechsel von ihm und seinem Co-Trainer Christoph Coersten:
FuPa: Du bist mit dem Ziel nach Meerbusch gegangen, die Mannschaft in die Niederrheinliga zu führen und dort zu etablieren. Nun ist deine Mannschaft auf dem besten Weg, den direkten Klassenerhalt zu schaffen, auch das Ziel der A-Junioren-Bundesliga war bereits Thema in Meerbusch. Welche Gründe gibt es daher für den Wechsel von Meerbusch zum VfL Jüchen?

Winkens: Das gesamte Trainerteam hat in den letzten zwei Jahren hervorragende Arbeit geleistet, welche aber nur mit einem sehr großen Aufwand möglich war. Diesen Aufwand möchte ich nun sowohl aus privaten als auch beruflichen Gründen nicht mehr aufbringen. Wenn wir es in den letzten drei Spielen schaffen, die direkte Qualifikation für die kommende Niederrheinliga-Saison zu erreichen, dann haben wir in der Kürze der Zeit Großartiges erreicht. Damit hätten wir für den TSV den eminent wichtigen Grundstock geschaffen mit dem Ziel, in naher Zukunft die A-Junioren-Bundesliga West zu erreichen.

Natürlich hätten wir mit unserem Team auch gerne das nächste Ziel selber erreicht. Aber aus unserer Trainerzeit beim 1.FC Mönchengladbach wissen wir, was eine „Bundesliga-Saison“ und der damit verbundene Aufwand für jeden im Team bedeuten würde. Man darf nicht vergessen, dass es für einen Trainer im Amateurbereich - im Gegensatz zu den NLZ-Vereinen - keine hauptamtliche Tätigkeit ist. Deshalb sind wir der Meinung: Wenn wir nicht 100% an Arbeitseinsatz aufbringen können, ist es im Sinne des Vereins, dass ein Trainerteam übernimmt, welches die nötige Zeit und die Leidenschaft aufbringen kann, um das angestoßene Projekt final umzusetzen.

Du übernimmst nach dem 1. FC Mönchengladbach zum zweiten Mal eine Mannschaft im Seniorenbereich. Inwieweit unterscheidet sich die Arbeit zwischen Jugend- und Seniorentrainer? Kannst du dir vorstellen, auch in Zukunft nochmal im Jugendbereich tätig sein oder siehst du deine Zukunft als Trainer nun eher bei den Senioren?

Winkens: Im Jugendbereich benötigen die Spieler eine wesentlich höhere Betreuung als im Seniorenbereich. Dies ist auf Grund des jungen Alters völlig normal. Im U19-Bereich wissen die Spieler meistens noch gar nicht, was Sie beruflich einmal machen wollen und wenn Sie eine Ausbildung beginnen, hängen Sie zum Teil Monate „in den Seilen“, weil der Lebensrhythmus zunächst neu gefunden werden muss. Alleine in dieser Saison haben beispielsweise in unserem Team zwei potenzielle Stammspieler aufgehört, weil Ihnen der Aufwand zu viel wurde.

Die Arbeit mit den Jungs hat uns immer sehr viel Freude bereitet, aber die „Rundumbetreuung“ hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Hilfe wird z.B. bei der Erstellung einer Bewerbung, eines Nebenjob, eines Praktikums- oder Ausbildungsplatzes benötigt oder sogar das Kümmern um Arzttermine bei entsprechenden Fachärzten. Es gab eine Reihe von Aufgaben, die wir abgewickelt/betreut haben. Zusätzlich fehlt leider oft der sportliche Realitätssinn. Viele glauben, wenn sie in der Niederrheinliga spielen, würde es noch zum Profifußballer reichen. Wir versuchen dann aufgrund unserer Erfahrung mit diversen Jugendspielern auf die jeweilige Situation einzuwirken, um das Bestmögliche sowohl beruflich als auch sportlich herauszuholen. Natürlich bestätigen Ausnahmen auch hier die Regel, was uns sehr freut. Schöne Beispiele waren unser ehemaliger Spieler Enzo Wirtz, der unter uns beim 1. FC Mönchengladbach gespielt hat und nun beim Regionalligisten Rot-Weiss Essen unter Vertrag steht. Mit seinem wahnsinnigen Ehrgeiz und Trainingsfleiß hat er die Weichen auf Erfolg gestellt. Oder aber auch Johannes Dörfler, der damals bei uns in der Bundesliga-Aufstiegssaison beim 1. FC Mönchengladbach noch keine Rolle gespielt hat, danach aber mit Verstand durchstartete und nun höchstwahrscheinlich zu einem Profiklub wechseln wird.

Im Seniorenbereich arbeitet man nicht weniger aufwendig, aber ganz anders. Es gibt andere Aufgaben zu bewältigen. Von Vorteil ist dort natürlich die geringere Fluktuation. Im ambitionierten Jugendbereich wechseln hingegen jedes Jahr 10-15 Spieler den Jahrgang, sodass immer sehr früh geplant werden muss. Aufgrund der Strukturen ist aber eine zeitnahe Planung so gut wie ausgeschlossen. Eine Winterpause ist im Jugendbereich so gut wie nicht vorhanden. Als U19-Team ist man auf einem entsprechenden Niveau natürlich auch für den eigenen Verein, aber auch für externe Vereine interessant, sodass eine U19 schon eine wertvolle Option für einen Verein sein kann. Aber genauso gut kann es auch negative Auswirkungen haben, wenn die Betreuung der abgehenden Spieler nicht vernünftig abläuft.

Aus all den genannten Gründen kann ich mir aktuell nicht vorstellen, eine U19-Mannschaft neben meinem Vollzeitjob und Privatleben im Amateurbereich zu trainieren. Was die Zukunft bringt, wird sich zeigen. Im Fußballgeschäft ist das Leben mittlerweile so schnelllebig, das sogar Trainerkollegen entlassen werden, die an der Tabellenspitze stehen.

Nichtsdestotrotz möchte ich meine Arbeit der letzten Jahre im Jugendbereich nicht missen und die damit verbundenen Erfahrungen und Eindrücke. Größtenteils durften wir mit tollen „Jungs“ zusammenarbeiten und hatten mit unserer Trainingsarbeit und allem drum herum auch immer sehr viel Spaß.


Die Ligazugehörigkeit des VfL Jüchen ist noch alles andere als klar. Was versprichst und erwartest du dir von deiner Rückkehr? Wie sehen die Ziele für die kommenden Jahre aus?

Winkens: In Jüchen haben wir den großen Vorteil, dass wir hier wohnen und ich auch dort arbeite. Dadurch kann ich Familie und Beruf viel besser mit dem Job als Trainer in Einklang bringen. Wir haben und werden mit den Vereinsverantwortlichen ein Team zusammenstellen, in dem die Aufgaben und die Entscheidungsfunktionen klar verteilt und organisiert sind. Damit schaffen wir für jeden die Kapazitäten, seinen Aufgabenbereich optimal ausführen zu können. Ich bin ein großer Freund davon, dass jeder seine Stärken auch in seinem bevorzugten Aufgabenfeld einbringen kann und alle handelnden Personen, die den Fußball so lieben, Freude an der Aufgabe haben. Sportlich müssen wir abwarten. Abgerechnet wird bekanntlich zum Schluss. Aber das beeinflusst derzeit nicht die Kaderplanung. Ganz im Gegenteil: Der Kader ist schon fast komplett. Unsere Hauptaufgabe wird es sein, den VfL Jüchen in der Landesliga zu etablieren.

Aufrufe: 016.5.2019, 11:31 Uhr
Marvin WalterAutor