2024-05-02T16:12:49.858Z

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Wirft künftig einen kritisch-konstruktiven Blick auf den VfB Lübeck: Der langjährige Fernseh-Experte und Ex-Profi Stefan Schnoor übernimmt an der Lohmühle den bislang vakanten Posten als Sportdirektor. Foto: imago
Wirft künftig einen kritisch-konstruktiven Blick auf den VfB Lübeck: Der langjährige Fernseh-Experte und Ex-Profi Stefan Schnoor übernimmt an der Lohmühle den bislang vakanten Posten als Sportdirektor. Foto: imago

VfB Lübeck holt Stefan Schnoor als Sportdirektor

Weiterer notwendiger Schritt in Richtung Professionalisierung

Paukenschlag beim VfB Lübeck. Der Fußball-Regionalligist besetzt die Position als Sportdirektor neu. Ex-Profi Stefan Schnoor wird das Amt übernehmen. Noch seien ein paar Detailfragen zu klären. „Aber wir sind uns grundsätzlich einig“, bestätigte VfB-Vorstandssprecher Thomas Schikorra, „und werden die Zusammenarbeit in der kommenden Woche fixieren.“ Der 46-jährige wird seinen Job „sofort antreten“, wie er am Sonntag betonte. Bereits am Wochenende schaute er sich mit den Partien in Eutin (gegen Wolfsburg) und Norderstedt (gegen Lüneburg) künftige VfB-Gegner an. „Wichtig war, dass wir jemanden holen, der auch Bock hat, mit anzupacken. Und das Gefühl haben wir“, sagte Schikorra.

Mit der Verpflichtung geht der VfB einen weiteren notwendigen Schritt in Richtung Professionalisierung. Die aus Kostengründen im Zuge der Insolvenz 2009 eingesparte Rolle als sportliches Bindeglied zwischen Vorstand, Trainer und Mannschaft, damals bekleidet von Dietmar Hirsch, war in den vergangenen acht Jahren unbesetzt. In schwierigen Zeiten des Neuaufbaus und der Konsolidierung standen andere Dinge im Vordergrund.

Inzwischen hat der Verein klare Ziele formuliert, will bis zu seinem 100-jährigen Jubiläum im Jahr 2019 zurück im Profifußball sein. Dass zu dieser Entwicklung ein Sportdirektor gehört, war dem Verein bereits seit einiger Zeit bewusst. „Den Bedarf haben wir immer gesehen“, machte Schikorra klar. „Es ging um den Zeitpunkt, an dem eine solche Investition notwendig ist. Und jetzt haben wir keinen Aufschub mehr gesehen.“ Zuletzt nahm Wolf Müller als Sportvorstand wesentliche Teile der sportlichen Aufgaben wahr. Der 30-Jährige stieß jedoch aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt und als junger Familienvater immer wieder an zeitliche Grenzen und konnte nicht so präsent sein, wie es sich auch Trainer Rolf Landerl gewünscht hätte.

„Wir haben einen guten Kader und müssen versuchen, das Optimum herauszuholen“, beschrieb Schikorra die internen Überlegungen. „Und da war einfach klar, dass der Trainer jetzt noch Unterstützung braucht.“ Auch Schnoor weiß um die Bedeutung der Rolle. „Wenn man in der Regionalliga Ziele verfolgt, ist es wichtig, an dieser Stelle jemanden zu haben, der an ein, zwei Schrauben drehen und ein paar Prozent mehr herausholen kann.“

Schnoor war als Profi insgesamt 15 Jahre lang auf höchstem Niveau unterwegs. Der Verteidiger spielte beim Hamburger SV, VfL Wolfsburg und gut zwei Jahre in der englischen Premier League bei Derby County, ehe er noch ein halbes Jahr drittklassig bei Holstein Kiel kickte. Nach seinem Karriereende blieb der gebürtige Neumünsteraner insbesondere als Experte beim TV-Sender Sport1 im Blickfeld der Öffentlichkeit, formulierte klare Meinungen beim „Bitburger Fantalk“ und als Co-Kommentator bei Spielen der 2. Bundesliga. Weniger erfolgreich waren seine geschäftlichen Aktivitäten als Mitinhaber einer Vermarktungsagentur und der Spielerberaterfirma Match Marketing. Beide Firmen sind inzwischen aufgelöst, Schnoor musste sogar Privatinsolvenz anmelden. Das Verfahren ist inzwischen abgeschlossen. „Das spielte für uns überhaupt keine Rolle, weil es nichts mit seinem zukünftigen Aufgabenfeld bei uns zu tun hat“, verdeutlichte Schikorra.

Die Tätigkeit beim VfB Lübeck soll also auch ein Neuanfang für den Ex-Profi werden, nachdem auch die vertragliche Bindung an Sport1 mit dem Verlust der Zweitliga-Übertragungsrechte endete. „Das hat uns sicherlich geholfen“, erkannte Schikorra. „Aber wenn er ab und zu mal woanders auftritt, ist das für uns auch kein Problem.“ Dass Schnoor Neuland betritt, verhehlt er nicht. „Natürlich ist das etwas Neues. Und ich werde auch einiges lernen“, sagte er, sieht sich aber gut gerüstet: „Am Ende ist Fußball überall gleich. Wichtig war für mich, dass ich mit dem Trainer sportlich auf einer Wellenlänge liege. Deshalb war dieser Austausch für mich wichtig.“ Der neue Sportchef und Landerl tauschten sich in der vergangenen Woche intensiv aus. „Reibungen wird es geben und muss es geben“, stellte Schnoor klar.

Der Kontakt zum VfB kam übrigens über Aufsichtsrat Oliver Bruss zustande. „Wir kennen uns schon aus der Zeit, als Olli noch in Hoisdorf Sponsor war und sind seitdem befreundet“, erklärte Schnoor, der in den letzten Monaten einige Male beim VfB zu Gast war, in dieser Saison die Heimspiele gegen Oldenburg und Rehden sah. „Wir haben in Gesprächen über mehrere Monate festgestellt, dass es passen könnte“, beschrieb der VfB-Vorstandschef den gegenseitige Annäherungsprozess.

Dass Schnoor für klare Meinungen steht, sieht man auch beim VfB positiv. „Es hilft uns ja nicht weiter, wenn wir uns gegenseitig immer erzählen, wie schön alles ist“, betonte der Vorstandschef. „Es muss klar benannt werden, was zu tun ist.“ Auch finanziell sieht Schikorra mit der Neuverpflichtung keine Probleme auf den Verein zukommen. „Wir machen nichts Abgedrehtes“, erläuterte der Rechtsanwalt. „Und nachdem wir den Etat für die Saison erhöht hatten, war die Besetzung der Position auch vorgesehen.“

Mit Schnoor wird zudem neue Aufbruchstimmung verbunden. Das machten schon die ersten Reaktionen auf die Verpflichtung am Wochenende deutlich. Die Installation des markanten Kopfes Schnoor wurde bereits an vielen Stellen heiß diskutiert. Und der VfB Lübeck hat Aufmerksamkeit gewonnen – auch bei Beobachtern, die ansonsten nicht so oft in die Regionalliga schauen.
Aufrufe: 027.8.2017, 18:00 Uhr
SHZ / Christian JessenAutor