2024-05-10T08:19:16.237Z

Ligavorschau
Vorbereiter: Ilyasse Attia (VfB Ginsheim, rechts) legte im Testspiel gegen den FV Biebrich  (David Schug) das Siegtor für Tobias Bednarz auf.	Foto: Vollformat/André Dziemballa
Vorbereiter: Ilyasse Attia (VfB Ginsheim, rechts) legte im Testspiel gegen den FV Biebrich (David Schug) das Siegtor für Tobias Bednarz auf. Foto: Vollformat/André Dziemballa

Sportliche Entwicklung wichtiger als Geld

Hessenligist VfB Ginsheim setzt auf junge Fußballer, die ein Karrieresprungbrett suchen / Kapitän Jörg Finger fehlt zwei Monate wegen Sprachreise

Spielertrainer Carsten Hennig zählt durch und stellt schmunzelnd fest: Unter den Fußballern des VfB Ginsheim, die in der zweiten Halbzeit spielten, waren sieben 20 Jahre alt oder jünger. Der Testspielauftakt des Hessenligisten gegen den FV Biebrich (1:0) am Samstag, zugleich Saisoneröffnungsfeier des VfB, hatte etwas von „Jugend forscht“.

Das war teils gewollt, teils auch dem Umstand geschuldet, dass einige Spieler verhindert waren oder – wie im Falle von Eduardo Landu – nicht einsatzberechtigt waren. Bei dem 22 Jahre alten Linksverteidiger, Neuzugang vom belgischen Drittligisten FCV Dender EH, ist der Spielerpass noch in Bearbeitung. Auch das Passverfahren der Südkoreaner Hyungjoon Lee (19) und Kyunjin Choung (18), von den A-Junioren von Fontana Finthen gekommen, läuft noch. Während des Testspiels trainierten diese drei Neuen zusammen mit Spielern aus dem erweiterten Hessenliga-Kader auf dem Nebenplatz.

Die 13 Neuzugänge, sechs davon eher als Perspektivspieler zu sehen, sind im Alter von 18 bis 24 Jahren. „Wir haben schon zugesehen, dass wir vor allem junge Spieler bekommen“, sagt Hennigs Kollege im VfB-Trainergespann, Artur Lemm. Diese Personalpolitik erklärt Lemm damit, dass erfahrene Hessenliga-Fußballer für die Ginsheimer schlicht unbezahlbar sind. Schon bei der Sichtung potenzieller Neuzugänge hätten sich die VfB-Verantwortlichen auf Spieler konzentriert, für die sportliche Weiterentwicklung auf dem Karrieresprungbrett Hessenliga (noch) wichtiger sei als Geld.

Einem glücklichen Zufall habe es der Aufsteiger zu verdanken, an einen Mann wie Landu gekommen zu sein. Der Deutsch-Angolaner, der schon Erfahrung in der Hessenliga (SV Wehen Wiesbaden II) und Oberliga Baden-Württemberg (Stuttgarter Kickers II) gesammtelt hat, suchte nach seiner Rückkehr aus Belgien einen neuen Verein. Und Ginsheim liegt genau auf dem Weg von seinem Wohnort, Wiesbaden, und seinem Arbeitsplatz in Rüsselsheim. Weshalb er sich für den VfB und gegen den mutmaßlich zahlungskräftigeren Hessenligisten FC Bayern Alzenau entschied. Und genau für Landus linke Verteidigerposition, bislang einzig mit Giuseppe Carbone besetzt, suchte der VfB noch einen weiteren Spieler.

Seit vergangenen Dienstag sind die Blau-Weißen wieder im Training. Wobei Hennig und Lemm gleich in die Vollen gingen. Mittels sogenannter Fahrtspiele, also verschiedene Laufübungen, und mittels Steigerungsläufen wurde Kondition gebolzt. Wobei „bolzen“ durchaus wörtlich zu verstehen ist, denn der Ball war immer mit im Spiel, wie Lemm berichtet. Auch Spielformen und taktische Abläufe trainierten die VfB-Fußballer.

An den vier Trainingseinheiten in der vergangenen Woche durften sich auch Spieler aus dem Kreisoberliga-Kader (U 23) beteiligen. Weshalb Hennig und Lemm beim Auftakt 36 Fußballer anleiteten. Ansonsten seien zwischen 20 und 26 Spieler im Training gewesen. Die Gruppe werde nun aber kleiner, da nun auch die U 23 mit der Saisonvorbereitung beginne.

Abgesehen vom Saisonauftakt beim SC Viktoria Griesheim – nach vorläufigem Spielplan am 29. Juli (15.30 Uhr) – muss der VfB zwei Monate lang auf Jörg Finger verzichten. Der Mannschaftskapitän wird wegen eines Auslandsaufenthalts, da er für sein Studium eine Sprachreise benötigt, bis Ende September fehlen.

Und Daniel Thur, Neuzugang von den A-Junioren des SV Darmstadt 98, steht dem VfB nur bis Januar zur Verfügung. Dann geht der 19 Jahre alte Rüsselsheimer in die USA, um dort als Stipendiat zu studieren. Thur, der eine Verletzungspause hinter sich hat, soll erst einmal in der U 23 aufgebaut werden. Aber Lemm traut dem Mittelfeldtalent zu, es bis Herbst ins Hessenligateam zu schaffen. Lemm: „Er hilft uns und kann dann als fitter Hessenligaspieler nach Amerika gehen. Das ist eine Win-win-Situation.“

Mit Gewinner-Situationen kennt sich der VfB aus. Der sieggewohnte Verbandsliga-Meister wird sich eine Klasse höher wohl daran gewöhnen müssen, wieder öfter zu verlieren. Wie die Mannschaft darauf reagieren wird, „ist mit das Spannendste, vielleicht sogar das Entscheidende“, sagt Lemm. Hennig ergänzt: „Da darf man dann nicht durchdrehen, sondern muss ruhig und sachlich mit der Situation umgehen.“

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Ziel: Mit Offensivgeist „Die Liga rocken“

Das Trainergespann Artur Lemm/Carsten Hennig und der Sportliche Leiter Marcus Spahn betonen mit Nachdruck, dass es für den VfB Ginsheim in der Fußball-Hessenliga nur um den Klassenerhalt gehen kann- „Vereine wie Borussia Fulda, Hessen Dreieich oder Rot-Weiß Frankfurt haben einen zehnmal höheren Etat als wir“, sagt Lemm. Diesen Nachteil ausgleichen muss der VfB, so Hennig, mit Tugenden wie Team- und Kampfgeist. Wobei Lemm betont, dass die Ginsheimer weiter ihre angriffslustige Art des Fußballs spielen wollen: „Wir wollen versuchen, die Liga zu rocken – und zwar über unseren Spielstil mit Selbstbewusstsein und Offensivgeist.“

Aufrufe: 02.7.2017, 17:26 Uhr
Dirk Winter (Groß-Gerauer Echo)Autor