2024-05-10T08:19:16.237Z

Team Rückblick
Der  schönste Moment des Märchns: Am Ende der letzten Saison stand der Aufstieg in die Regionalliga West fest. TrFoto: Randow
Der schönste Moment des Märchns: Am Ende der letzten Saison stand der Aufstieg in die Regionalliga West fest. TrFoto: Randow

Wenn der Frosch nicht geküsst wird

Das Fußball-Märchen vom Braunsberg in Herkenrath fand ein ebenso abruptes wie auch ernüchterndes Ende

Unvergessen sind die Aufstiegsfotos, auf denen die Fußballer des TV Herkenrath beim Jubeln das Konterfei des Hauptsponsors als Papier-Ausdruck über ihr eigenes gezogen haben. Unbestritten ist, dass Haupt-Sponsor und Ex-Abteilungsleiter Manfred Faber die treibende Kraft des Fußballmärchens vom Herkenrather Braunsberg war, das den TV ab 2011 der Weg von der Kreisliga C bis in die Regionalliga führte. Irgendwann „passte es aber nicht mehr“ mit Faber und dem Hauptverein zusammen, fanden die Beteiligten einfach keinen gemeinsamen Nenner, endete nun das Märchen abrupt, ganz ohne ein Happy-End.

Am Ende der Saison 2010/11 stieg der TVH – damals noch unter Trainer Cono Barbarotta – in die Kreisliga B auf und spielte 2012/13 unter den Trainern Frank Verlaak und Norbert Heidemann in der Kreisliga A. Michael Hornig zeichnete als Trainer verantwortlich in der Bezirksliga (2012/13) und in der Landesliga (2013/14) und startete auch noch in der Mittelrheinliga (2015/16), wurde von Ex-Bundesliga-Profi Alex Voigt abgelöst, der die Mannschaft auch in der Saison 2016/17 in der Mittelrheinliga coachte.

Zur Saison 2017/18 hatte zunächst André Kreuer, dann Reinhold Höck das Sagen und im Winter kam mit dem Niederländer Chris Burhenne die dritte Kraft. Er führte die Mannschaft in die Regionalliga, sammelte in dieser zwei Siege und drei Unentschieden und elf Niederlagen und wurde von Thomas Zdebel abgelöst, der in drei Spielen dreimal verlor. Seit 2019 sammelte der TVH unter seinem neuen Trainer Giuseppe Brunetto einen Sieg, drei Unentschieden und elf Niederlagen. Warum endete das Märchen nun ganz ohne Happy-End? Warum wurde der Frosch nicht geküsst und es wurde aus ihm ein schöner Prinz?

Der TV Herkenrath ging den Weg etlicher reiner Amateurvereine vor ihm, hatte gegen die Nachwuchsmannschaften der Bundesligisten 1. FC Köln, Borussia Dortmund, Borussia Mönchengladbach und Fortuna Düsseldorf nur partiell Chancen, wie das 3:3 gegen die „kleinen Geißböcke“ in der Hinrunde, das 0:0 gegen die Nachwuchs-Fohlen vom Niederrhein in der Rückrunde oder – ebenfalls 2019 – das 0:0 gegen den Nachwuchs aus der Landeshauptstadt zeigen.

Wie auch schon vor dem TVH haben Mannschaften wie der SV Bergisch Gladbach 09 im Jahr 2013 (mit 39 Punkten), der FC Hennef 2015 (mit 18 Punkten), der FC Wegberg-Beeck 2016 (mit 16 Punkten) und 2018 (mit 28 Punkten) nach jeweils nur einer Spielzeit den Weg zurück in die Mittelrheinliga angetreten.

Der Saisonstart der Herkenrather verlief verheißungsvoll. Dem 1:3 beim Wuppertaler SV folgte ein deutlicher 4:0-Sieg gegen Mitaufsteiger FC Kaan-Marienborn – daheim, vor restlos begeisterten TVH-Fans. Im folgenden Spiel wurde der Ausdruck „Mentalitätsmonster vom Braunsberg“ geboren: einen 1:3-Zwischenstand bei der U21 des 1. FC Köln drehten die tüchtigen Fußballer aus Herkenrath noch, spielten 3:3. Das Gleiche wiederholte sich im nächsten Heimspiel gegen den Bonner SC: aus einem 1:3 wurde ein 3:3.

Doch in den folgenden Spielen „ging es dann letztlich dahin“. Nach drei Niederlagen gab es einen erfreulichen 3:0-Sieg beim SV Straelen, Wochen später folgte ein 2:2 gegen die SG Wattenscheid. Doch alle übrigen Spiele wurden verloren. Trainer Chris Burhenne ging den Weg vieler seiner Vorgänger, wurde entlassen – per Mail übrigens, wie er uns empört mitteilte – , obwohl er nicht für das Auslassen guter und bester Torchancen verantwortlich war. Thomas Zdebel, der einstige Bundesliga-Profi und Trainer des SV Bergisch Gladbach 09, wurde installiert. Nach drei Niederlagen in drei Spielen und nachdem wesentliche Teile der Mannschaft in der Winterpause weg waren, ging auch Zdebel.

Der Sportliche Leiter Mick Thelen arbeitete engagiert am Konzept: wie bringen wir die Saison mit Anstand zu Ende?

Mit Giuseppe „Pepe“ Brunetto wurde ein engagierter Trainer gefunden. Mit den Torhütern Andi Kath, Tobias Kraus, den Defensivspezialisten Joran Sobiech, Marvin Steiger, Michael Hasemann, Oliver Lanwer und den offensiven Spielern Baris Sarikaya, Mardochee Tchakoumi und Kevin Dabo hielten Teile der Mannschaft dem Verein die Treue, obwohl nur noch ein Viertel der vorherigen Aufwandsentschädigungen gezahlt wurde.

Mick Thelen gelang es auch, zahlreiche neue Spielern trotz dieser überaus mäßigen Konditionen für die Rückrunde zu gewinnen. Hayda Shala, Begir Vatovci, Armin Pjetrovic, Giuseppe Multari, Kenan Akalp, Aytekin Kanli, Lukas Schmidt kamen. Aus der 3. Mannschaft halfen immer wieder mal Schiar Assad, Zeynulla Abazi, und David Risse aus. Da für einige neue Offensiv-Kräfte, wie Rückkehrer Celal Kanli und Fabio Manuel Dias die Spielberechtigung nicht erteilt wurde, musste die völlig neu formierte Mannschaft ohne diese Angreifer auskommen – sehr zum Leidwesen von Trainer Brunetto.

Seine Mannschaft spielte – auch gegen die Top-Teams aus Oberhausen und Aachen – stark mit, ließ nur viel zu viele Torchancen liegen. Und verdiente sich allergrößten Respekt für immer wieder engagierte Leistungen in Spielen der Rückrunde, in denen sie zu überzeugen wusste, insbesondere mit großer Moral. Bis auf „die Packung“, die Drittliga-Aufsteiger FC Viktoria Köln der Mannschaft daheim verpasste, hielten sich auch die Niederlagen deutlich im Rahmen, war in vielen Spielen mehr möglich.

Die Fußballer, die „für kleines Geld“ die gesamte Rückrunde in der Regionalliga West spielten, sind nun alle weg, hatten eh nur befristete Verträge. Sie spielten um neue, bessere Verträge bei anderen Vereinen. Mit dem Einen oder Anderem wird es wohl ein Wiedersehen in der 4. Liga geben.

Auf dem Braunsberg wird nun erst einmal „das Märchenbuch zugeklappt“. Die Realität der Kreisliga hat den TV Herkenrath wieder. Ob und wann es eine Rückkehr in den höherklassigen Fußball geben wird, steht in den Sternen. Der Frosch wurde nicht geküsst. . .

Aufrufe: 022.5.2019, 20:00 Uhr
KSTA-KR/Elli RiesingerAutor