2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview

Im Zweifel für den Abstieg

Der Vorsitzende des TV Herkenrath über die Schwierigkeiten der Fußballer in der Regionalliga

Die Fußball-Mannschaft des TV Herkenrath ist vom Aushängeschild (sechs Aufstiege in neun Jahren) zum Sorgenkind des Gesamtvereins geworden. Lange Zeit war fraglich, ob die Mannschaft die Saison in der Regionalliga zu Ende spielen wird. Das scheint nun gesichert. Claus Boelen-Theile und Matthias Niewels sprachen mit dem Vereinsvorsitzenden Uwe Tillmann.

Herr Tillmann, erklären Sie doch einem Laien, was bei Ihnen im Verein los ist.

Uwe Tillmann: Generell ist beim TV Herkenrath alles in Ordnung. Mit Ausnahme der ja auch öffentlich diskutierten und bekannten Probleme rund um unsere erste Mannschaft beim Fußball. Da hatten und haben wir Schwierigkeiten.

Dann erklären Sie doch die Schwierigkeiten rund um ihre erste Fußballmannschaft.

Uwe Tillmann: Unter dem Strich haben wir uns im Vertrauen auf höhere Einnahmen aus dem Spielbetrieb sowie auf das Einhalten von Zusagen Dritter auf finanzielle Risiken eingelassen, die schwer abzuschätzen und am Ende des vergangenen Jahres im Interesse des Gesamtvereines nicht mehr zu vertreten waren.

Aber Ihr Verein, Ihre Fußballabteilung, hatte mit Manfred Faber doch einen finanziellen Förderer, ohne den der Erfolg der Mannschaft überhaupt nicht denkbar gewesen wäre.

Uwe Tillmann: Das ist richtig. Aber Verein und besonders der Vereinsvorstand sollten zu jedem Zeitpunkt wissen, wie es finanziell steht. Das gilt auch für eine ausgelagerte Fußball GmbH, die es zum jetzigen Zeitpunkt nicht geben wird. Wenn irgendwo TV Herkenrath draufsteht, übernimmt der Verein die Verantwortung und deshalb muss der TV Herkenrath auch die Kontrolle haben. Da gab es unterschiedliche Sichtweisen...

Auch um den Preis des sportlichen Niedergangs?

Uwe Tillmann: Ich verstehe die Frage so, dass wir einem Förderer freie Hand hätten lassen sollen und darauf hoffen, dass alles gut wird. So können wir als Verein und Vorstand, der seinen Mitgliedern gegenüber rechenschaftspflichtig ist, aber nicht handeln. Und ja, im Zweifel nehme ich den sportlichen Abstieg der ersten Mannschaft in Kauf, um Schaden vom Gesamtverein abzuwenden.

Hätten die finanziellen Risiken nicht viel früher erkannt werden müssen?

Uwe Tillmann: Bis zum Aufstieg in die Regionalliga waren die finanziellen Risiken bei der Fußballmannschaft natürlich einfacher abzuschätzen. Es gab erwartete und fixe Einnahmen und eben die Ausgaben. Aber in der Regionalliga ist alles komplexer und auch schlicht viel teurer.

Sagen Sie uns wie teuer?

Uwe Tillmann: Durch die finanziellen Schwierigkeiten, in die Vereine in der Liga wie Wattenscheid oder Wuppertal geraten sind, stehen ja mittlerweile auch konkrete Zahlen im Raum. Da wir am Anfang der Saison aber sehr genau und durchaus bescheiden geplant hatten, ist unser Monatsetat mit den dort genannten Summen nicht zu vergleichen und verhältnismäßig gering, aber natürlich immer noch groß gewesen. Gehen Sie von einem Betrag um die 20.000 Euro aus. Darin waren dann aber auch alle Kosten wie Reisekosten et cetera enthalten.

Im Jahr?

Uwe Tillmann: Nein, im Monat. Als Vorsitzender der Turn- und Spielabteilung habe ich mich anfangs über solche Summen auch gewundert. Aber so ist die Regionalliga im Speziellen und der höherklassige Fußball im Allgemeinen nun einmal.

Sie haben jetzt diese Ausgaben um rund zwei Drittel gekürzt. Ist die Mannschaft, die jetzt auf dem letzten Tabellenplatz steht, denn nach den Abgängen überhaupt noch wettbewerbsfähig?

Uwe Tillmann: Nach den Ergebnissen der Hinserie und der daraus resultierenden Tabellensituation ist ja durchaus mit einem Abstieg zu rechnen, aber wir werden uns nicht als Kanonenfutter präsentieren und wir wären schlechte Wettkämpfer, wenn wir nicht an eine Chance glauben würden.

Und wie geht es dann weiter?

Uwe Tillmann: Wir werden uns neu aufstellen. Aus den gemachten Erfahrungen werden wir sicherlich Konsequenzen ziehen, die sich dann auch durchaus auf unsere Satzung auswirken können. Die entsprechenden Mitgliederversammlungen stehen noch aus. Im ersten Quartal wird es die öffentliche Versammlung des Gesamtvereins geben. Und ich weiß noch nicht, mit welchem sportlichen Ziel die erste Mannschaft in der nächsten Saison antreten wird. Aber auf keinen Fall werden wir in einer Liga spielen, bei der wir finanziell ins Risiko gehen müssten. Da haben wir gelernt. Und ich würde mich vehement dagegen wehren, in einer Liga mit Risikopotenzial anzutreten.

Wie ist das Miteinander der Abteilungen? Sie haben eine Fußballabteilung, die Tennisspieler und die Turn- und Spielabteilung.

Uwe Tillmann: Sehr vertrauensvoll und solidarisch. Schwierigkeiten schweißen ja bekanntermaßen auch gerne zusammen. Der Gesamtverein aber darf nicht durch eine einzelne Abteilung gefährdet werden, da sind wir uns über alle Abteilungsgrenzen hinweg einig. In unserem Verein gibt es 1800 Mitglieder, davon etwa 250 in der Fußballabteilung. Die Turn- und Spielabteilung ist mit Abstand die größte im TV Herkenrath. Und laut Satzung fällt dem Vorsitzenden der größten Abteilung auch den Vorsitz im Gesamtverein zu.

Und was ist mit dem sportlichen Anreiz? Jeder Verein will doch seine Talente möglichst halten und ihnen eine Perspektive entsprechend der Leistung bieten.

Uwe Tillmann: Ja natürlich, der TV Herkenrath ist sowohl Breiten- als auch Leistungssportverein und seit langem schaffen wir Möglichkeiten, dass motivierte Sportler Höchstleistungen erbringen können, ob in der Leichtathletik, dem Turnen, dem Basketball und natürlich beim Fußball. Aber zur Ehrlichkeit gehört es auch, dass wir sagen können müssen, welche Liga der TV Herkenrath finanziell stemmen kann.

Aufrufe: 021.1.2019, 06:00 Uhr
KSTA-KR/Claus Boelen-Theile, Matthias Niewels Autor