2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligavorschau
TuS Rüssingen bringt mit temperamentvollen brasilianischen Fußballern Stimmung in die Verbandsliga.
TuS Rüssingen bringt mit temperamentvollen brasilianischen Fußballern Stimmung in die Verbandsliga. – Foto: Karikatur von H. Schwarze-Blanke

Augenweide oder Ärgernis?

TuS Rüssingen könnte in der Verbandsliga für Furore sorgen – sportlich wie emotional

Gau-Odernheim. Hier und da fiel beim Fußball-Turnier in Albisheim schon der Begriff der Wettbewerbsverzerrung. Fans reagierten damit auf TuS Rüssingen, der in der bevorstehenden Verbandsliga-Saison mutmaßlich mit einer Mannschaft aus lauter Brasilianern auflaufen wird. Der eine oder andere, das wurde schon in diesem Finalspiel gegen den TSV Gau-Odernheim deutlich, verfügt über richtig gute Qualität.

Wie in solchen Fällen üblich, wurde das Thema auf den Rängen heiß diskutiert: „Darf das denn sein, dass eine Mannschaft nur aus ‚Ausländern‘ zusammengestellt wird? Und was ist eigentlich die Amtssprache auf den Fußball-Plätzen? Die sprechen ja alle nur Portugiesisch“, wurde vermutet: „Geht das?“

In Südwesten wird international gedacht

Michael Janzer, der Lehrreferent der Alzey-Wormser Kreisschiedsrichtervereinigung, sagt, das sei völlig egal: „Hinsichtlich der Sprache gibt es seitens des Regelwerks überhaupt keine Vorgabe“. Ergo: Es braucht kein einziger Spieler auf dem Feld zu sein, der Deutsch spricht. Notfalls, sagt der Gau-Bickelheimer weiter, redet man Englisch miteinander. Und wenn das nicht möglich ist, tausche man sich eben über die Gestik aus.

Und ja, es gibt im Südwestdeutschen Fußballverband keine Ausländerbeschränkung. Entsprechende Anfragen sind Lothar Renz, dem Spielleiter der Verbandsliga, noch aus der vergangenen Saison vertraut. Damals boten die Rüssinger sieben, acht Brasilianer auf, was den einen oder anderen gegnerischen Vereinsvertreter auf den Plan rief, die Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Nunmehr haben die Rüssinger noch mehr Südamerikaner im Aufgebot.

Das Rüssinger Modell ist übrigens kein Einzelfall. Basara Mainz funktioniert ähnlich. Und zwar mit Japanern. Der Verbandsliga-Aufsteiger agierte über Jahre hinweg mit vorrangig asiatischen Spielern, von denen die wenigsten der deutschen oder englischen Sprache mächtig waren.

Bislang regte sich unter den Vereinen kein Widerstand. Im Südwestdeutschen Fußballverband, so Lothar Renz, wurde überhaupt noch nicht thematisiert, ob eine Ausländerbeschränkung eingeführt werden sollte oder nicht. In Anbetracht der Lex Rüssingen könnte das aber vielleicht ein Thema werden.

Die Stimmung in Albisheim war aber nicht grundsätzlich gegen die Rüssinger Praxis. Der eine oder andere argumentierte, dass es heutzutage viele Mannschaften auf der Fußball-Landkarte gebe, die nur mit Legionären bestückt sei. Und ob die nun aus einer Entfernung von 20 Kilometern, 100 Kilometern oder 10000 Kilometern kämen, das sei vom Prinzip her völlig unrelevant.

Was bringen die Brasilianer Rüssingen?

In dem Zusammenhang aufgeworfen wird nur die Frage, was es TuS Rüssingen bringt. Identifizieren sich die Einwohner aus dem Dorf mit einer Mannschaft, in der sie so gut wie niemanden kennen? Andererseits zelebrieren die Brasilianer einen sehenswerten Fußball. Sie können Fans in der Verbandsliga mit ihrer Spielweise begeistern. Möglicherweise stellt sich auch der Erfolg ein. Die Fußballer vom TSV Gau-Odernheim haben den Zauber bereits erlebt. Aufs Favoritenschild wollten sie TuS Rüssingen deshalb aber nicht heben: „Warten wir erst einmal die dunkle und kältere Jahreszeit ab und schauen, wie sie sich dann präsentieren“, hieß es. Wie dem auch sei: TuS Rüssingen wird in dieser Saison in aller Munde sein. Auch, weil die Spieler hierzulande angeblich nichts anderes machen als trainieren und Fußball zu spielen. Mal sehen, wie sich das in der Tabelle spiegeln wird.


Sogar Nationalmannschaften geholt

Mannschaften aus dem Ausland zu holen, um sie in den deutschen Sportbetrieb zu integrieren, kommt häufiger vor, als man denkt- 1999 machte beispielsweise der Bonner SC Schlagzeilen, weil er mit der kubanischen Nationalmannschaft in die Fußball-Regionalliga aufsteigen wollte. Die Behörden machten nach den ersten Spielen aus visa-rechtlichen Gründen einen Strich durch die Rechnung.

Zwei Jahre zuvor hatte der JC Saar die deutsche Mannschaftsmeisterschaft der Frauen im Judo gewonnen – mit der britischen Nationalmannschaft im Aufgebot.

Vergangenes Jahr war eine chinesische Nationalmannschaft in der Fußball-Regionalliga Südwest gemeldet. Allerdings außer Konkurrenz und nicht auf Initiative eines Vereins, sondern des Deutschen Fußball-Bundes. Das Experiment wurde vorzeitig abgebrochen.

Aufrufe: 030.7.2019, 20:00 Uhr
Claus RosenbergAutor