2024-05-02T16:12:49.858Z

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Sieht den TSV Schott Mainz an Grenzen gekommen: Chefcoach Ali Cakici.	Foto: dpa
Sieht den TSV Schott Mainz an Grenzen gekommen: Chefcoach Ali Cakici. Foto: dpa

,,Bei mir ist leichte Ernüchterung eingekehrt"

ALI CAKICI Der neue Frauen-Trainer des TSV Schott spricht über das Zweitligateam, seine Zukunft und über aus seiner Sicht unzureichende Rahmenbedingungen im Verein

Mainz. Seit 15 Jahren ist Ali Cakici Fußballcoach. Er hat unter anderem als Co-Trainer des RB Leipzig in der Regionalliga und des FC Ingolstadt in der Zweiten Liga trainiert. Seit zweieinhalb Jahren ist er Coach der Männer des TSV Schott Mainz. In der Rückrunde trainiert er zusätzlich die Zweitliga-Frauen. Im Interview spricht er darüber, wie er mit dieser Doppelbelastung umgeht.

Herr Cakici, Sie haben viele Mannschaften trainiert. Ein Frauenteam ist aber auch für Sie neu.

Ja, erst über Schott kam ich in Kontakt mit Frauenfußball. In den vergangenen zwei Saisons habe ich aber immer wieder mal so zwei Wochen die Mädels übernommen. Ganz unerfahren bin ich jetzt also auch nicht mehr (lacht).

Ist das ein Nachteil, dass Sie eine Frauenmannschaft noch nie über einen längeren Zeitraum trainiert haben?

Nein, wichtig ist, dass man weiß, wie man Sportler zu behandeln hat. Und das habe ich in meiner Trainerzeit gelernt.

Es gibt also in Ihrer Arbeit zwischen Frauen- und Männerfußball keinen Unterschied?

Nein, das ist alles gleich. Für mich gibt es keinen Damen- und Herrenfußball, sondern nur Fußball.

Sie haben mal den Satz gesagt: ,,Die Spieler sind immer am wichtigsten." Ist diese Menschlichkeit der Schlüssel zum Erfolg?

Ich bin der Meinung, dass wir immer mit Menschen arbeiten. Man muss wissen, wann man lobt und in welchen Bereichen. Insgesamt glaube ich: Menschlichkeit kommt noch vor Leistung.

Wie ist die Entscheidung gefallen, dass Sie das Traineramt übernehmen? Kam Teammanager Jens Klee direkt auf Sie zu?

Es ist nicht Jens Klee, der sich alleine etwas ausdenkt. Sondern wir im Verein denken alle mit und das macht den Verein auch aus.

Rein organisatorisch könnte diese Lösung aber Probleme bereiten, immerhin trainieren Sie dann zwei Teams gleichzeitig.

Bei den Damen haben wir eine top Co-Trainerin mit Silke Kolbeck, die im organisatorischen Bereich und auch auf dem Platz überragend ist. Da kann ich mich umdrehen und gehen. Man braucht eine gute Beratung um sich. Leute, die eigenständig arbeiten und Entscheidungen treffen können. Und das Ganze noch mit Spaß und gegenseitigem Vertrauen. Heißt also: Auch wenn ich nicht auf dem Trainingsplatz stehe, bin ich da.

Dass es funktionieren kann, haben Sie in der Hinrunde gezeigt. Zweimal haben Sie die Frauen betreut, zweimal gewonnen und dabei die Spielerinnen kennengelernt. Was ist die Stärke des Teams?

Was es alles gemeinsam durchgemacht hat. In der Regionalliga haben sie dominiert. Jetzt haben sie Niederlagen kennengelernt. Der Kopf des Teams ist absolut gut. Außerdem ist es eine Mannschaft, die schnell auf das reagiert, was sie trainiert.

Was muss sie noch lernen?

Das Kurzpass-Spiel wollen wir verbessern und das hat in der Vorbereitung auch schon funktioniert. Und das Zweite ist, dass die Mannschaft Geduld braucht und lernt, sich an Spielsituationen und Gegner anzupassen.

Was ist das Ziel für die Rückrunde?

Ziele haben wir nicht. Das gebe ich nie vor, weil Ziele nur Druck aufbauen. Wenn etwas funktioniert, freuen wir uns. Wenn nicht, dann ab ins Training. Das ist unsere Mentalität.

Denken Sie, dass das Team langfristig gesehen in die Erste Liga aufsteigen kann?

Ich weiß, dass vieles möglich wäre. Wenn ich sehe, was wir für einen Nachwuchs haben, definitiv. Wenn man da einen anständigen Trainer an der Seite hat und ein Trainerteam, dann ist da extrem viel möglich. Aber der Verein ist an seine Grenzen gekommen.

Aus finanzieller Sicht?

Strukturell nenne ich es mal. Die Rahmenbedingungen stimmen nicht.

Das ist für einen Trainer wie Sie, der Mannschaften ständig auf ein höheres Niveau heben will, ernüchternd.

Leichte Ernüchterung ist eingekehrt bei mir, das stimmt. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich nicht weiter meine Arbeit mache und Spieler auf ihren Weg bringe. Ich bin schon ein Mann, der gerne in Mainz arbeitet und bleibt. Und wenn die Voraussetzungen einigermaßen stimmen, bin ich nicht derjenige der weg will. Fakt ist nur, die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Aber laut Vereinsführung des TSV ist es derzeit nicht möglich, große Träume umzusetzen. Ich sage dennoch: Hier bin ich und hier mache ich was.

Bei den Frauen sind Sie erstmal bis zum Saisonende engagiert. Die Mannschaft wünscht sich aber auf der Trainerposition mehr Kontinuität. Können Sie sich vorstellen, auch über die Saison hinaus die Frauen zu trainieren?

Ich kann mir das sehr gut vorstellen. Aber mein Vertrag läuft aus, wir müssen sehen. Wir sind immer abhängig vom Gesamtverein. Es gibt dort Leute, die entscheiden: Bleibt der Junge oder nicht? Ich kann nur meine Arbeitsmoral darlegen. Sportlich traue ich mir alles zu. Die Frage ist nur, ob der Verein das will oder nicht.

Auftakt in Sindelfingen

Die Schott-Frauen starten am Sonntag (14 Uhr) beim VfL Sindelfingen aus der Winterpause. Gegen den Rangneunten kann Trainer Ali Cakici auf alle Spielrinnen zurückgreifen. (joh)

Aufrufe: 012.2.2016, 08:00 Uhr
Johannes HolbeinAutor