2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Büchenbach? "Das wird alles nicht so heiß gegessen wie es in den vergangenen Monaten gekocht worden ist", sagt Coach Heidenreich.
Büchenbach? "Das wird alles nicht so heiß gegessen wie es in den vergangenen Monaten gekocht worden ist", sagt Coach Heidenreich.

"Verteidigen haben wir auch ein bisschen geübt"

Ein Gespräch mit dem neuen Kornburger Trainer Herbert Heidenreich über Spielphilosophie, über Bayernliga-Visionen, über den Club - und wer seinen verletzten Torjäger ersetzen soll

162 Mal spielte Herbert Heidenreich in der Bundesliga, 115 Mal in der 2. Liga. 1977 wurde er Deutscher Meister mit Borussia Mönchengladbach. Sein Herz gehört nach wie vor dem 1. FC Nürnberg – und seit mehr als 20 Jahren dem fränkischen Amateurfußball. 15 Jahre lang trainierte der 60-Jährige den FSV Bad Windsheim, fünf Jahre lang den TV Büchenbach. Jetzt wechselte er zum Landesliga-Aufsteiger TSV Kornburg. Einige Spieler (Michael Eberhardt, Thomas Kraft, Christian Krach) und den Sponsor (Josef Maiser) brachte er gleich mit. Ein Gespräch über seinen neuen Verein, die Vorbereitung, die Aussichten in der Landesliga und über den „Club“.

Herr Heidenreich, der TSV Kornburg betritt in der Landesliga fußballerisches Neuland. Das Abenteuer startet der Verein mit einem Trainer, der bislang ebenfalls „nur“ in der Bezirksoberliga und Bezirksliga unterwegs war.

Heidenreich: Einspruch! Aus meiner Zeit in Coburg und Trebgast kenne ich Landesliga-Fußball schon. Aber Landesliga war damals noch vierte Liga. Sie sehen, das ist schon ein paar Jahre her. Aber auch die jetzige Landesliga ist kein richtiges Neuland für mich. Mit Bad Windsheim war ich sieben Jahre in der Bezirksoberliga. Mit einigen Gegnern aus dieser Zeit wie Stadeln, Vach oder Baiersdorf gibt es jetzt ein Wiedersehen.

In Kornburg ging nach dem Aufstieg kurzzeitig die Angst um, der Verein könnte, wie vor drei Jahren der SC 04 Schwabach und die TSG 08 Roth, in die Landesliga Mitte gesteckt werden.

Heidenreich: Aber es ist glücklicherweise doch die Landesliga Nordost geworden. Zwölf von 18 Mannschaften kommen aus Mittelfranken. Das wird eine schöne Runde mit vielen Derbies. Ich freue mich, dass es jetzt losgeht. Und die Spieler sind schon ganz heiß.

Sie gelten als jemand, der offensiv denkt. In Büchenbach hat es öfter ein 5:4 als ein 1:0 gegeben. Und auch Kornburg stellte in den vergangenen Spielzeiten regelmäßig den besten Angriff in der jeweiligen Bezirksliga. Was dürfen die Zuschauer vom Aufsteiger erwarten?

Heidenreich: Wenn die Zuschauer zum Fußball kommen, dann wollen sie Spektakel und Tore sehen. Wir wollen auch in der Landesliga unser Spiel durchziehen. Und das ist zweifelsohne ein offensives Spiel. Aber ich kann Ihnen und unseren Gegnern versichern: Wir haben in der Vorbereitung auch Verteidigen geübt.

Apropos Vorbereitung. Zuletzt haben Sie mit Ihrer Mannschaft Sieg an Sieg gereiht. Beim 4:0 gegen Roth und beim 3:0 in Abtswind zogen auch die Gegner den Hut.

Heidenreich: Ich bin mit der Vorbereitung zufrieden. Wir haben eine wirklich gute Mannschaft. Wir haben vor jedem Gegner Respekt. Aber wir müssen uns vor niemandem verstecken. Der Kader ist groß und gut bestückt. Wir können auch den einen oder anderen Ausfall kompensieren.

"Das mit dem Michal ist eine blöde Geschichte."

Wie den Ausfall Ihres Stoß-Stürmers Michal Nowak?

Heidenreich: Das mit dem Michal ist eine blöde Geschichte. Er hatte ja schon länger Knieprobleme, konnte auch in der Rückrunde der letzten Saison nur sporadisch eingesetzt werden. In dieser Woche kam er in die Röhre. Ich denke, dass er operiert werden muss. Ich fürchte, er wird uns wochen-, vielleicht monatelang ausfallen.

Aber Sie haben noch seinen kongenialen Sturmpartner Szymon Pasko.

Heidenreich: Der Szymon ist ein schwer auszurechnender Spieler. Einerseits ein Schleicher, andererseits sehr antrittsschnell, dynamisch, torgefährlich. Aber es wäre fatal, unser Spiel nur auf ihn auszurichten. Ich habe schon Alternativen.

Zum Beispiel?

Heidenreich: Die ganz große Überraschung in der Vorbereitung war, auch für mich, unser Neuzugang Sebastian Mack. Der kam aus der Kreisklasse vom FC Dombühl und hat seine Chance genutzt. Ebenso wie Sasa Bozic, der lange verletzt war und im letzten Jahr meist nur in der Reserve gespielt hat. Gegen Roth hat er gleich drei Tore gemacht, Mack hat in Abtswind doppelt getroffen. Ich kann versprechen: Wir sind schwer ausrechenbar.

Bei Ihrem letzten Verein Büchenbach hat man Ihnen vorgeworfen, Sie hätten erste und zweite Mannschaft zu strikt getrennt, es habe kein Miteinander gegeben.

Heidenreich: Ach was! Mein System war und ist durchlässig. Aber es hat doch keinen Sinn, erste und zweite Mannschaft miteinander trainieren zu lassen. 30, vielleicht 35 Spieler auf einem Platz sind zu viel. Und: Damit wecke ich bei manchen Spielern Hoffnungen, die sich nie erfüllen können. Nur noch ein Wort zu Büchenbach: Das wird alles nicht so heiß gegessen wie es in den vergangenen Monaten gekocht worden ist. Es waren fünf gute Jahre in Büchenbach. Ich drücke dem Verein auch künftig die Daumen.

Sie sprachen von einem durchlässigen System.

Heidenreich: Selbstverständlich. Ich habe mit der ersten Mannschaft einen großen Kader. Wer hier nur wenig Einsatzzeiten erhält, der wird diese Einsatzzeiten in der zweiten Mannschaft bekommen. Wer nach einer längeren Verletzungspause zurückkommt, der muss sich erst in der Reserve wieder beweisen. Auch mit der Reserve haben wir ein großes Ziel: Wir wollen nach dem etwas unglücklichen Abstieg das Re-Break schaffen und zurück in die Kreisliga.

Und für die Landesliga-Mannschaft heißt das Ziel Klassenerhalt?

Heidenreich: Ich halte einen einstelligen Tabellenplatz für realistisch. Aber wir müssen natürlich erst einmal sehen, wo wir in der neuen Klasse stehen. Mittel- bis langfristig wollen wir uns aber nach oben orientieren.

Also in Richtung Bayernliga?

Heidenreich: Ja. Wenn ich als Trainer zu einem Landesligisten komme und sagen würde, die Landesliga ist für alle Zeit die passende Liga für uns, dann wäre ich kein guter Trainer. Ich bin nach wie vor ehrgeizig, und ich will immer mehr erreichen.

Aber hat Kornburg dafür die passenden Strukturen? Kornburg ist zwar Nürnberger Stadtgebiet, hat aber nach wie vor dörfliche Strukturen.

Heidenreich: Entscheidend – siehe Seligenporten – ist nicht die Größe eines Ortes. Entscheidend ist, welche Möglichkeiten ein Verein hat. Kornburg hat seit Jahren treue und gute Sponsoren. Und ich habe mit meinem Freund Josef Maiser (ein Hotelier, Anm. d. Red.) einen weiteren mitgebracht. Da lässt sich schon etwas bewegen.

Zum Beispiel ein dreitägiges Trainingslager in Regensburg.

Heidenreich: Genau. So etwas wäre für einen Verein alleine nicht finanzierbar. Aber wir konnten uns bei besten Bedingungen drei Tage lang kennenlernen und jeden Tag zweimal trainieren.

Danach, so hört man, waren viele Spieler angeschlagen. Deshalb haben sie lieber auf das Landesfinale des Erdinger Meistercups verzichtet.

Heidenreich: Naja, einigen hat die enorme Belastung schon zugesetzt. Man schafft ja zunächst die konditionellen Grundlagen für eine lange, kraftraubende Saison. Aber inzwischen sind alle wieder fit. Bis auf den oben angesprochenen Michal Nowak. Und bis auf Artur Dutt, der sich im Training bei einer unglücklichen Aktion die Mittelhand gebrochen hat. Hinter seinem Einsatz am Sonntag steht auch ein Fragezeichen.

"Der Club ist immer ein Thema."

Sie trainieren einen Landesligisten. Sie haben eine Versicherungsagentur. Das sind ja mindestens eineinhalb Berufe. Haben Sie da überhaupt noch Zeit für Ihren Lieblingsverein?

Heidenreich: Sie meinen den Club? Der Club ist immer ein Thema. Mein Büro ist ja nur ein paar hundert Meter vom Trainingsgelände entfernt. Auch durch die Traditionself bin ich noch vergleichsweise nah dran.

Im Gegensatz zum TSV Kornburg schleppt sich der 1. FC Nürnberg regelrecht durch die Vorbereitung.

Heidenreich: Es fühlt sich ein wenig an wie im letzten Jahr. Mit einem Unterschied: Trainer Renè Weiler ist ein wirklich kompetenter, sympatischer Mann, der alles mitbringt, was der Verein braucht. Ob man ihm die richtigen Spieler zur Verfügung stellt, ist eine andere Frage.

Beim Club ist halt immer alles eine Geldfrage.

Heidenreich: Einerseits stimmt das. Andererseits kann ich einen Verein wie den 1. FC Nürnberg nicht wie einen Zweitligaclub führen. Dafür ist er zu wichtig.

Blicken wir auf den kommenden Sonntag. Kornburg hat ein Heimspiel, und der erste Gegner heißt ASV Neumarkt.

Heidenreich: Das ist doch attraktiv. Ich habe die Neumarkter einmal in der Vorbereitung gesehen. Da haben sie in Schwabach 1:1 gespielt und nicht überzeugt. Aber ich lasse mich davon nicht blenden. Vorbereitung ist das eine, Punktspiele sind das andere. Ich orientiere mich eher an der Vorsaison. Da war Neumarkt immerhin Dritter.

Aufrufe: 017.7.2015, 09:02 Uhr
Robert Gerner (ST)Autor