2024-05-08T14:46:11.570Z

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Die Jugend des TSV Gau-Odernheim ist ein verschworener Haufen, obwohl außerhalb des Trainingsgeländes nicht alle Spieler Nachbarn sind.	Foto: photoagenten/Axel Schmitz
Die Jugend des TSV Gau-Odernheim ist ein verschworener Haufen, obwohl außerhalb des Trainingsgeländes nicht alle Spieler Nachbarn sind. Foto: photoagenten/Axel Schmitz

Ein ganz normaler Prozess

Der Wandel des TSV Gau-Odernheimer Jugenfußballs geht im Dorf nicht ganz geräuschlos über die Bühne

Gau-Odernheim. Manchmal knirscht es. Das weiß auch Gerhard Zibell, der Vorsitzende des TSV Gau-Odernheim. „Ja“, sagt er, vereinzelte Stimmen im Dorf beklagten den Veränderungsprozess, der sich seit wenigen Jahren in der Jugendfußball-Abteilung abspielt. Die Entwicklung vom Fußball-Klub um die Ecke zu einem der bedeutendsten Nachwuchsleistungszentren im Südwestdeutschen Fußballverband kann nicht geräuschlos über die Bühne gehen.

Gerade vor ein paar Wochen ist es mal wieder laut geworden. Der Papa eines E-Jugendlichen opponierte, weil er beim heimatlichen TSV Gau-Odernheim keine Perspektive mehr für seinen Jungen sah. Er ist ein Vertreter der Fraktion, die meint, das örtliche Kinderfußballteam sei in erster Linie ein Sportangebot für den ortsansässigen Nachwuchs. Dessen Plätze aber werden durchaus auch von Kindern besetzt, die einpendeln. Erfreulicherweise kommen sie, sagt die andere Fraktion mit Blick auf den Sog, den ihr Verein inzwischen ausübt. Ohne diese Attraktivität, die die Leistungsdichte in den Kadern erheblich erhöht, wäre der nachhaltige, sportliche Sprung aus den Rheinhessen- in die Verbandsligen nie möglich gewesen. Und schon gar nicht in der Breite.

Beim TSV Gau-Odernheim sind die Abteilungen so frei, ihre sportliche Ausrichtung selbstständig zu bestimmen. Und der Vorsitzende steht voll hinter dem Konzept der Jugendfußballer, obwohl er um den Argwohn im Dorf weiß: „Die Haltung ist mir bekannt. Das sind ganz Wenige, meist Elternteile, deren Kinder nicht über das Niveau verfügen, bei uns zu spielen“, sagt er völlig emotionslos. Dann fügt er an: Solche Ressentiments „sind nicht neu, sondern ziemlich alt“. Schon damals, als es darum ging, wo seine beiden Kinder kicken würden, sei er persönlich mit diesem Phänomen konfrontiert gewesen: Entweder sie bleiben beim TSV Gau-Odernheim und haben verhältnismäßig wenige Einsatzzeiten, oder sie suchen sich einen anderen Verein. So sind sie schließlich in der Jugend beim SV Bechtolsheim gelandet.

Gerhard Zibell betrachtet die Angelegenheit pragmatisch. Wer beim TSV Gau-Odernheim Mitglied werden will, kann das. Und er – oder sie – kann kommen, woher er oder sie will. „Das ist doch rechtlich auch gar nicht anders möglich. Wir haben keine Satzung, in der steht, dass die Mitgliedschaft an einen bestimmten Wohnort gebunden ist“, sagt er. Und die Petersberger haben im Jugendfußball inzwischen einen so guten Ruf, dass sich ihnen Kinder und Jugendliche aus einem großen Umkreis anschließen wollen. Das Einzugsgebiet reicht von Winnweiler bis Mainz, von Bingen bis Nierstein. Klar, dass der heimische Nachwuchs bei so viel Konkurrenz nicht automatisch seinen Stammplatz haben muss.

Ein anderer Vorwurf, dem sich der TSV Gau-Odernheim ausgesetzt sieht, lautet, dass er die Jugendarbeit von benachbarten Fußball-Klubs stört. Deren Talente würden abwandern Richtung Petersberg. Eine Argumentation, der Zibell nicht folgen mag. Er kontert: Was kann der TSV Gau-Odernheim dafür, dass er eine attraktivere Adresse für den Nachwuchs ist, als andere Vereine? Es gehört halt zum Geschäft, dass sich die Kinder dahin orientieren, wo sie glauben, dass ihnen das meiste und das beste geboten wird. Im Übrigen ist auch der TSV Gau-Odernheim von diesen Mechanismen des Fußballs betroffen. Bei ihm werben die höherklassigen Klubs um die stärksten Kräfte.

In den Sportbetrieb, auch das sagt Zibell mit Nachdruck, mischen sich weder er noch der Vorstand ein: „Das ist Sache der Trainer.“ Welche Vereinbarungen die mit ihren Spielern treffen, wie viel Spielzeit jeder einzelne wo bekommt, ob das alle zufriedenstellt oder eben nicht, obliege den Übungsleitern, vielleicht auch noch der Abteilungsleitung. Ihm ist auch bewusst, dass es in der Natur des Wettbewerbs liegt, dass nicht alle gewinnen können. Insofern haben sie beim TSV auch Verständnis, wenn Spieler, die am Cut scheitern, sich nach einer neuen Wirkungsstätte umschauen.

Andreas Lier, Jugendleiter Kleinfeld beim TSV, macht auch kein Geheimnis draus: „Wenn wir sehen, dass ein Kind bei uns zu wenig Spielzeit bekommt, dann empfehlen wir ihm und den Eltern, den Verein zu wechseln – im Interesse des Kindes. Und weil wir wollen, dass es seinen Fähigkeiten entsprechend Sport treiben kann“. Abgesehen davon: „Ich freue mich für jeden Gau-Odernheimer, der es schafft – aber es können nicht alle schaffen.“

Um im Kinderbereich Härtefälle zu vermeiden, hat der TSV eine weitere E-Jugendmannschaft angemeldet. Andreas Lier: „So weit möglich, versuchen wir allen Kindern im Dorf, bei uns das Fußballspielen zu ermöglichen.“



Aufrufe: 020.4.2017, 13:00 Uhr
Claus RosenbergAutor