2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht

Auch mit 80 Jahren noch der Mann für alle Fälle

RL SÜDWEST: +++ Norbert Schlick ist beim Regionalligisten Eintracht Stadtallendorf im Einsatz und lässt sich auch von Corona nicht irritieren / Gebürtiger Pfälzer war früher ein echter Torjäger +++

STADTALLENDORF - Durch die coronabedingten Ausfälle kann Eintracht Stadtallendorf in der Fußball-Regionalliga Südwest zwar aktuell nicht gegen die Kugel treten, doch schon vor der unfreiwilligen Pause stellte der Aufsteiger mit nur 21 Toren in 24 Spielen den schwächsten Angriff der Liga. In seinen eigenen Karriere-Glanzzeiten hätte den Herrenwaldern möglicherweise ein Mann weitergeholfen, der seit Jahren und Jahrzehnten beim Verein aus der Nutellastadt nicht wegzudenken ist und der selbst immer wusste, wo das Tor steht: Norbert Schlick.

Den gebürtig aus Ludwigshafen stammenden Schlick verschlug es Anfang der 60er-Jahre aus beruflichen Gründen nach Mittelhessen, eigentlich sollte er nur eine chemische Reinigung einrichten. "Aber natürlich kam man darüber ins Gespräch, auch über Fußball, aufgrund der Liebe bin ich dann auch hierhergezogen", berichtet der großgewachsene Eintracht-Teammanager, der über den Empfang am Bahnhof heute noch schmunzeln muss. "Dort wurde ich freudig begrüßt. Als Erstes wurde aber gefragt, ob ich evangelisch oder katholisch bin. Das war damals wohl noch sehr wichtig."

Zunächst als Schlosser bei der Firma Winter tätig, verbrachte der Pfälzer aber auch damals schon viel Zeit auf dem Fußballplatz, trug insgesamt über 14 Jahre lang das Eintracht-Trikot, absolvierte in diesem Zeitraum über 600 Partien (475 davon Pflichtspiele) und erzielte dabei weit über 300 Treffer. Spiele in den 60er-Jahren in der zweiten Amateurliga gegen Kirchhain oder Marburg lockten teilweise bis zu 5000 Zuschauer an den Sportplatz. Besonderen Eindruck hinterließ der junge Schlick vor allen Dingen in einem Testspiel gegen den höherklassigen 1. FC Saarbrücken. Bei der 3:7-Niederlage gelangen ihm in Hälfte eins drei Treffer, der spätere Nationalspieler Wolfgang Seel sprach ihn nach der Partie unverblümt an. "Er war sehr beeindruckt und meinte, ich solle unbedingt nach Saarbrücken wechseln. Ein Job wäre sicherlich auch kein Problem", sagt der heute 80-Jährige rückblickend, der sich allerdings für seinen damaligen Beruf sowie seine Familie entschied und in Stadtallendorf blieb. Etwas, was er auch nie bereut hat. Obwohl zunächst weiter für die Firma Winter tätig, wurde nämlich das in Stadtallendorf ansässige Ferrero-Werk auf Schlick aufmerksam, dort mauserte sich der Wahl-Mittelhesse über die Jahre zunächst zum Werkstattleiter und hatte später sogar den Posten des stellvertretenden Direktors inne. Große Spuren hat Schlick allerdings auch bei der Eintracht hinterlassen: Spieler, Jugendtrainer, Spielertrainer, erster Vorsitzender - als zweiter Vorsitzender ist er auch aktuell noch gemeinsam mit Hermann Weitzel tätig. "Natürlich macht man sich in einem solchen Alter Gedanken, ob man nicht zurücktreten und anderen das Feld überlassen will", so Schlick angesichts der nahenden Vorstandswahlen. "Doch ich bin aktuell eigentlich der Meinung, dass wir eine gute Mischung haben. Auch jüngere Leute, beispielsweise Tim Schratz, haben wir bereits herangeführt und eingebaut. Daher plage ich mich aktuell nicht mit Rücktrittsgedanken", erzählt Schlick, der bereits seit 35 Jahren mit seiner Frau Anette verheiratet ist, lachend.
Doch nicht nur im Vorstand Stadtallendorfs ist er trotz seines stolzen Alters noch tätig, sondern versorgt seit vielen Jahren auch die heimischen Zeitungen immer zuverlässig mit Informationen und Kommentaren zu den Regionalliga-Spielen des Clubs. Darüber hinaus bekleidet Schlick wie eingangs erwähnt den Posten des Teammanagers und wirkt dabei auch und vor allem integrativ. "Man kann schon sagen, dass ich da eher im sozialen Bereich tätig bin. Ich kümmere mich viel um unsere Spieler, vor allen Dingen auch immer besonders um die Neuzugänge. Das ist mir ein wichtiges Anliegen, dass sie sich schnell wohlfühlen und einleben", ist ihm seine Aufgabe im Regionalliga-Team hörbar wichtig. Als Ausgleich zum Sport auf dem grünen Rasen bevorzugt Schlick auch das heimische Grün, ist viel im eigenen Garten tätig ("Der Rasenmäher ist schon vorbereitet, es kann bald losgehen"), geht aber auch regelmäßig laufen ("Laufen ist Lebensqualität. Man wird weniger krank und kann sein Gewicht besser halten"). Am meisten Spaß bereiten ihm und seiner Frau aber die Enkelkinder, denen natürlich auch ausgiebig Zeit gewidmet wird. Geimpft ist Norbert Schlick übrigens seit wenigen Wochen auch schon und kann diese so schwierige Zeit daher ein Stück weit unbeschwerter durchleben. Auch die aktuelle Quarantäne-Situation der Mannschaft. Berührungsängste jedenfalls hat Schlick trotz der Pandemie nicht, verzichtete aber - trotz vorab durchgeführter Schnelltests - schon mal auf eine Auswärtsanreise mit dem Mannschaftsbus. Da war er allerdings auch noch nicht komplett geimpft. Es spricht aber nicht zuletzt deshalb wenig dagegen, dass Eintracht Stadtallendorf auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil im Leben des 80-Jährigen bleiben wird. Rücktrittsgedanken gibt es ja ohnehin noch keine. Foto: Schlick
Aufrufe: 019.3.2021, 08:00 Uhr
Oberhessische ZeitungAutor