2024-05-08T14:46:11.570Z

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Mit leeren Händen standen die Königsdorfer Fußballer um ihren Spielertrainer Bernd Santl im Jahr 2004 da und stiegen in die Kreisklasse ab. Hans Lippert
Mit leeren Händen standen die Königsdorfer Fußballer um ihren Spielertrainer Bernd Santl im Jahr 2004 da und stiegen in die Kreisklasse ab. Hans Lippert

TSV Königsdorf steigt 2004 nach fünfmal Relegation ab - „Ein einziges Hickhack“

Fünf Spiele innerhalb von 13 Tagen

Der TSV Königsdorf steigt 2004 nach einem brutalen Relegationsmarathon aus der Kreisliga ab. Der damalige Spielertrainer Bernd Santl blickt zurück.

Königsdorf – Niemand sitzt gerne nach – nicht in der Schule, und auch nicht beim Fußball. Und schon gar nicht fünf Mal innerhalb von 13 Tagen. Dieses Schicksal ereilte allerdings die Kicker des TSV Königsdorf im Juni 2004: Gleich fünf Relegationsspiele musste die Elf um den damaligen Spielertrainer Bernd Santl aufgrund eines kuriosen Modus’ absolvieren, um am Ende saft- und kraftlos doch in die Kreisklasse abzusteigen. „Das war ein einziges Hickhack“, erinnert sich der heute 50-Jährige, der seit zwölf Jahren mit seiner Familie im niedersächsischen Visselhövede am Rande der Lüneburger Heide lebt und als Geschäftsbereichsleiter bei einem mittelständischen Mineralölunternehmen arbeitet. Mit seiner aktiven Zeit in Königsdorf ist der ehemalige Profi aber im Reinen: „Das waren vier tolle Jahre.“

Santl: 56 Partien in der 2. Bundesliga

Zuvor hatte der gebürtige Eurasburger als einer von nur einer Handvoll Kicker aus dem Landkreis den Sprung in die 2. Bundesliga geschafft. Nach seiner Ausbildung im Nachwuchs des TSV 1860 München arbeitete sich der Linksverteidiger zwischen 1991 und 1999 über FC Starnberg, SpVgg Unterhaching und SpVgg Vestenbergsgreuth bis in die 2. Bundesliga hoch, wo er die Stiefel für den 1. FC Kaiserslautern und die Stuttgarter Kickers schnürte. Nach einem halben Jahr bei Sachsen Leipzig kehrte Santl 2000 dem Profi-Fußball den Rücken, ging nach Starnberg zurück, ehe er zuerst beim TSV Wolfratshausen und dann beim heutigen A-Klassisten TSV Königsdorf als Spielertrainer anheuerte. Am Ende konnte der 1,72 Meter große Defensivmann mit 56 Partien in der 2. Bundesliga, 54 Regionalliga- und 23 Bayernliga-Einsätzen sowie 9 Begegnungen im DFB-Pokal auf eine beachtliche Karriere zurückblicken.

Santl: War vom Modus her höchst ungerecht

Die Saison 2003/04 hat der gelernte Bankkaufmann noch gut in Erinnerung: „Die Vorrunde war überragend, da standen wir mit 27 Punkten auf dem zweiten Platz.“ In den Rückspielen wurden die Königsdorfer jedoch von einem Abwärtstrend erfasst, der sie bis kurz vor die Abstiegszone abrutschen ließ. Weil man im letzten Kreisliga-Match gegen den TSV Hartpenning nicht über ein 2:2 hinauskam, nahm das Verhängnis seinen Lauf. Zuerst musste der Klub am 8. Juni gegen den punktgleichen ASV Antdorf ran, zog mit 2:5 den Kürzeren und stand damit als Relegationsteilnehmer fest. Hoffnung schöpfte der TSV drei Tage später nach seinem 3:1 gegen den TSV Iffeldorf, verlor jedoch wenige Tage später in der zweiten Runde gegen die DJK Darching mit 1:5. Weil aber aufgrund paralleler Resultate noch ein Startplatz in der Zugspitz-Kreisliga frei wurde, durften die Verlierer noch mal ran. In diesem Fall hieß der Königsdorfer Kontrahent erneut Iffeldorf. „Das war vom Modus her höchst ungerecht, gegen die hatten wir ja schon mal gewonnen“, hadert Santl noch heute. Prompt drehte Iffeldorf im zweiten Duell den Spieß um und gewann 2:1.

Schlickenrieder: Erfolglose Gespräche mit dem BFV

Doch noch immer war der Königsdorfer Abstieg nicht besiegelt. Mittlerweile hatten sich der TSV Weilheim und der SV Wackersberg für die Bezirksliga qualifiziert – es wurde also noch ein Teilnehmer für die Kreisliga gesucht. Und tatsächlich offerierte der Verband der Santl-Elf ein weiteres Relegationsmatch, das wenige Tage später in Oberhausen gegen den TSV Burggen stattfinden sollte. Klubchef Max Schlickenrieder hatte zwischenzeitlich versucht, die BFV-Funktionäre zur Einsicht zu bringen und ein intensives Telefonat mit Bezirksspielleiter Horst Winkler aus Rosenheim geführt. „Er hat zugegeben, dass es eine unglückliche Lösung war, die ausgerechnet Königsdorf erwischt hat. Alle hätten es bedauert, aber es änderte nichts an der Tatsache, dass wir am nächsten Tag wieder spielen mussten“, lautete die Erkenntnis des Vorsitzenden.

TSV Königsdorf: Personelle Sorgen vor entscheidendem Relegationsspiel

Vor dem entscheidenden Duell zeigte sich Santl noch zuversichtlich: „Jeder von uns wird kämpfen, als ginge es um seine persönliche Existenz.“ Doch so willig der Teamgeist auch sein mochte, die Körper waren nicht mehr in bester Verfassung: Der Spielertrainer selbst hatte muskuläre Probleme, Mittelfeldrenner Hans Hofherr war nach Verletzung erst wieder ins Training eingestiegen, Stürmer Moritz Niese kam aus dem Urlaub zurück. Und die übrigen TSV-Kicker wie der frühere Jugendnationalspieler Thomas Baldus, der Ex-Geretsrieder Florian Bahnmüller sowie die Abwehrrecken Herbert Weiser und Georg Stöckl waren nach der langen Relegation nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte. „Wir haben meiner Erinnerung nach sogar den Uli Hofherr reaktiviert, dessen Pass noch hier lag“, sagt Santl.

Santl: Wir waren maustot

In Oberhausen wurde seine Elf kalt erwischt, lag gegen den Zweiten der Kreisklasse 4 nach 24 Minuten mit 0:2 in Rückstand. Doch die Königsdorfer – angetrieben von ihrem Coach – gaben nicht auf und wurden nach zwei Treffern von Maik Schlosser mit dem 2:2 belohnt. Jetzt spielte nur noch ein Team, und es schien nur eine Frage der Zeit, wann Santl und Co. das dritte Tor gelingen sollte. Doch das Pech blieb dem TSV treu: Zuerst ging Burggen mit 3:2 in Führung, dann musste Weiser mit Gelb-Rot nach einem unnötigen Foul vorzeitig vom Platz. Als die Königsdorfer in der Schlussphase alles nach vorne warfen, fingen sie sich noch zwei Gegentore zum 2:5-Endstand ein. Entsprechend frustriert war der Ex-Profi damals: „Die Überstunden haben sich nicht gelohnt. Wir waren mausetot“, lautete sein Fazit nach 90 Minuten gegenüber unserem Reporter Heinz Richter. Und er stellte unmittelbar nach dem Schlusspfiff sogar sein Bleiben in Königsdorf in Frage: „Man wird sehen.“

Santl: Aus familiären und beruflichen Gründen in den Norden

Nachdem sich die Gemüter beruhigt hatten, sagte der Coach doch für zwei weitere Spielzeiten zu, ehe es ihn aus familiären und beruflichen Gründen in den Norden verschlug. Hier war Santl beim VfL Visselhövede und dem Rothenburger SV noch in der Bezirks- und Kreisliga als Spieler, Trainer und Manager aktiv, ehe er 2016 seine fußballerische Laufbahn beendete. „Ich habe oft einen Zehn- oder Zwölf-Stunden-Tag in der Arbeit und bin viel in Europa unterwegs“, berichtet der 50-Jährige, der über seine in Eurasburg lebenden Verwandtschaft immer noch viel über den Lokalsport im Oberland erfährt. Insgesamt sei er jedoch sehr zufrieden: „Ich habe zwei gesunde Kinder, einen guten Job und spiele immer noch ein bisschen Fußball oder Golf, wenn es die Zeit erlaubt.“

Santl: Ausscheiden aus dem DFB-Pokal 1994 der bitterste Moment meiner Karriere

Den damaligen Abstieg des TSV Königsdorf wertet Santl übrigens keineswegs als Tiefpunkt seiner Karriere: „Der bitterste Moment war das Ausscheiden mit dem TSV Vestenbergsgreuth 1994 aus dem DFB-Pokal.“ Bitter deshalb, weil die Greuther (sie fusionierten später mit der SpVgg Fürth) in der ersten Runde des Wettbewerbs den großen FC Bayern München ausgeschaltet hatten: Vor 24 200 Zuschauern im Nürnberger Frankenstadion gewann der Regionalligist unter der Leitung von Schiedsrichter Dr. Markus Merk gegen Oliver Kahn, Lothar Matthäus, Mehmet Scholl und Co. mit 1:0. Im Achtelfinale hieß der Gegner dann VfL Wolfsburg. „Da hatten wir unglücklich im Elfmeterschießen das Nachsehen“, erinnert sich Santl an jenen 1. November des Jahres 1994 und das Endergebnis von 3:4. Immerhin schaffte es der damalige Zweitligist Wolfsburg unter Trainer Eckhard Krautzun bis ins DFB-Pokal-Finale, wo man Borussia Mönchengladbach mit 0:3 unterlag. Santls pragmatische Erkenntnis nach vielen Jahren in der Fußballszene: „Wenn ein Verein absteigt, dann auch zurecht.“ (THOMAS WENZEL)

Aufrufe: 015.7.2020, 11:20 Uhr
Tölzer Kurier / Thomas WenzelAutor