2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines

Der lockere Doppelpacker

NACHGETRETEN: +++ Der Deutsch-Eritreer Natnael Tega lässt Fans des TSV Bicken auch in dieser Runde häufig jubeln +++ Nicht schnell, aber eiskalt vor dem Tor +++ Stolz auf seine Wurzeln und Brüder +++

Irgendwann in der letzten Saison haben wir uns abseits des Platzes mit Bicken-Goalgetter Natnael Tega unterhalten und scherzhaft vereinbart: "Wenn du einen Doppelpack schießt, machen wir mal ein Interview zusammen" - schließlich ist der technisch versierte Hüne vom TSV auch noch sehr gut im übrigen Mittelhessen bekannt und vernetzt. Die Stationen Watzenborn und Stadtallendorf sowie zwei Brüder, die ebenfalls großes Potenzial mitbringen, unterstreichen das. Darüber hinaus kann man mit "Nati" aber einfach auch wunderbar quatschen, über Sport, und auch über Ernstes. Viel Spaß beim Lesen!

Hallo Natnael,

hast du schon damit gerechnet, dass wir uns in dieser Woche melden? Oder war dir das wegen der Niederlage erstmal egal?
Nach der Niederlage konnte ich mich nicht wirklich über den Doppelpack freuen, auch wenn es natürlich schön ist, dass ihr euch meldet! Aber ein 0:2 auszugleichen und dann noch 2:4 zu verlieren, dass was schon sehr bitter und damit kämpfe ich auch Tage später immer noch.

Trotzdem für dich als Stürmer ein starker Start. Zufall oder Resultat einer tollen Vorbereitung?
Die Vorbereitung war eher schleppend, ich plage mich mit einer kleineren Verletzung nun schon länger herum, an der Achillessehne stimmt irgendetwas nicht. Daher war ich öfter bei unserem Physio, dem ich an dieser Stelle auch nochmal danke möchte, als auf dem Platz im Sommer. Und deshalb fühle ich mich schon noch ein Stück entfernt von topfit, ich sehe mich eher so bei 60, 70 Prozent.

Im letzten Jahr hast du mit 17 Toren wesentlich dazu beigetragen, dass der TSV Bicken noch den Klassenerhalt eingetütet hat. Nun ging es mit einer Pleite los – droht wieder ein Jahr Abstiegskampf?
Das Auftaktspiel haben wir uns natürlich anders vorgestellt, wir sind eigentlich sehr optimistisch rein in die Partie. Durch die zwei Neuzugänge Kais Gouri und Manu Haas haben wir sogar an Qualität gewonnen. In der Zukunft müssen wir in den Zweikämpfen bissiger und insgesamt cleverer agieren, dann sollten wir mit dem Abstieg nichts zu tun haben, obwohl die Verbandsliga Mitte nochmal ein Stückchen stärker geworden ist.

Du warst früher bei den Teutonen aus Watzenborn-Steinberg aktiv, dann bei Stadtallendorf, wie kam es zum Schritt nach Bicken?
Nach starker Hinrunde in Stadtallendorf kam ich in der Rückrunde kaum noch zum Zuge und wollte eine Veränderung. Irgendwohin, wo ich auf jeden Fall große Spielanteile erhalte, wenn ich gut und zuverlässig trainiere. Dann kann recht flott der Kontakt mit unserem Coach Marcel Cholibois zustande, den ich schon länger kannte. Hier läuft ein gutes Projekt, von dem ich gerne Teil sein wollte. Dann ging alles ganz schnell.

Verfolgst du den Weg deiner Ex-Teams noch? Immerhin Ex- und Neu-Regionalligist…
Ja, auf jeden Fall! Das erste Spiel der Teutonen in Waldgirmes habe ich mir live angesehen, zu Louis Goncalves zum Beispiel habe ich auch noch sehr guten Kontakt, gleiches gilt für Erdinc Solak und Cayhun Dinler in Stadtllendorf. Bei beiden Vereinen bin ich absolut im Guten gegangen und habe mich im Frühling total gefreut, dass Stadtallendorf aufgestiegen ist, was ja nicht unbedingt zu erwarten gewesen war.

Wie wichtig ist für dich, dass dein Bruder Hermon (24) ebenfalls in Bicken spielt?
Er kam zeitgleich nach Bicken, von Obbornhofen in der Kreisoberliga. Es ist richtig schön, mit ihm zusammen zu spielen, ich denke, auf Verbandsliganiveau und höher ist es nicht zu häufig, dass Geschwister zusammen auf dem Platz stehen. Wobei, ok, bei uns schon (lacht), es gibt ja auch noch Tomas und Boris Kager und Nils und Lars Benner bei uns. Mein Bruder hat sich super entwickelt, es ist nur eine Frage der Zeit, bis ihn der Coach für seine guten Trainingsleistungen belohnt.

… und er dir Tore auflegt…
Das hatten wir letzte Saison schonmal, das war sein erstes Spiel von Anfang an. Wir haben übrigens noch einen Bruder, der damals gemeinsam mit unserem Vater zugeschaut hat, das hat alles abgerundet. Der jüngste von uns dreien hat in meinen Augen das größte Talent, er spielt in der B-Jugend von Großen-Linden. Das liest er jetzt sicher gerne, aber er kann es echt mal hoch schaffen im Fußball (lacht)

Im FuPa-Profil ist zu sehen, dass du deutsch und eritreisch als Nationalität angegeben hast. Wie sehr lebst du deine Wurzeln? In Mittelhessen gibt es ja recht viele Eritreer inzwischen.
Ich bin in Deutschland geboren, aber meine Eltern stammen aus Eritrea, genau. Man sieht mir diese Wurzeln ja an und ich sage schon direkt, ich bin auch stolz drauf. Ich freue mich auch, das mit Isak aus Schweden beim BVB auch der erste prominente Eritreer in der Bundesliga aufläuft. Einmal im Jahr gibt es ein Fest der Eritreer in Deutschland, das manchmal auch in Gießen stattfindet, das finde ich sehr schön, dort gibt es auch immer ein Fußballturnier für groß und klein. Zum politischen Drumherum bei dieser Veranstaltung (Eritrea hat ein kompliziertes Verhältnis zu Äthiopien und die Eritreer sind politisch sehr unterschiedlich ausgerichtet, d.R.) kann und ich will nicht viel sagen, nur soviel: Bei einem Fest sollte das gemeinsame, friedliche Feiern im Vordergrund stehen. Es ist schade, wenn es dort zu Streitereien kommt. Meine Familie spricht übrigens den Dialekt Tigrinia, in Eritrea gibt es ja mehrere Sprachen.

Warst du schonmal dort?
Ja, als Kind dreimal und ich will nächstes Jahr mit der ganzen Familie gerne wieder dorthin. Natürlich gibt es dort Ecken, in denen große Armut herrscht, aber es gibt auch wirklich schöne Ortschaften.

Hilf den Lesern hier mal weiter: Was für ein Stürmertyp bist du? Bullig wie Sandro Wagner, flink wie Aubameyang, ein Kämpfer wie Kießling oder eher das Komplettpaket wie Lewandowski?
Klingt jetzt sicher komisch, aber am ehesten das Komplettpaket. Ich bin beidfüßig, kann gut Bälle festhalten und habe eine gute Technik. Mein Tempo ist aber nicht das beste, das bemängel ich sehr bei mir. Das ist schon ein ganzes Stück entfernt von Aubameyang (lacht). Dafür bin ich zum Glück recht abgezockt, wenn es im Strafraum drauf ankommt.

Und privat?
Bin ich ein lockerer, lustiger Typ, der erstmal mit jedem gut auskommt. Auf dem Platz bin ich schonmal ein ganz anderer Mensch, viel emotionaler. Beruflich bin ich im Einkauf tätig bei Thermokon in Mittenaar.

Du bist mit 26 jetzt in einem interessanten Alter. In 5 Jahren geht es schon wieder ans Karriere ausklingen lassen, die Jahre zum Austoben sind rum. Heißt es trotzdem weiter „Kicken in Bicken“ oder liebäugelst du noch mit der Hessenliga?
Zur Zeit macht es mir beim TSV riesig Spaß. Alles ist sehr harmonisch, die Stimmung im Team und drum herum stimmt. Irgendwann – vorausgesetzt, die Torquote stimmt – würde ich vielleicht schon nochmal weiter oben angreifen wollen. Aber dafür will ich erst meine Ziele erreichen. Besser und konstanter spielen als letzte Runde und verletzungsfrei bleiben.

Zum Schluss darfst du traditionell noch jemanden grüßen!
Ich grüße meine Familie und Freunde. Herzlichen Glückwunsch an Daniel Weber und Ceyhun Dinler zum Geburtstag! Bedanken möchte ich mich nochmal bei den beiden Physiotherapeuten Joachim Schwan und Jahan Golidj.

Aufrufe: 011.8.2017, 13:00 Uhr
Denniis BellofAutor