2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
2019 spielte Gudmundur Hafsteinsson (gelbes Trikot) in der Europa League gegen Espanyol Barcelona, künftig läuft er für Abtswind u.a. gegen Karlburg, Seligenporten und Vilzing auf.
2019 spielte Gudmundur Hafsteinsson (gelbes Trikot) in der Europa League gegen Espanyol Barcelona, künftig läuft er für Abtswind u.a. gegen Karlburg, Seligenporten und Vilzing auf. – Foto: Imago Images

Der Wikinger im Kräuterdorf

Von der 1. isländischen Liga in die Bayernliga Nord: Abtswinds Neuzugang Gudmundur Hafsteinsson im Interview

Dass es, wie er im FuPa-Interview erklärt, in seinem bisherigen Leben keinen Berührungspunkt zu Franken gegeben hat, stimmt nicht ganz. Denn: Vor knapp einem Jahr spielte Gudmundur Hafsteinsson mit seinem damaligen Verein Koblenz gegen Bayern Alzenau, dem bayerischen Vertreter in der Regionalliga Südwest. Dieser kleine Fehler sei dem 31-Jährigen aber verziehen. Denn der Isländer, der in seiner Heimat bis vor Kurzem noch in der 1. Liga aktiv war, hat sich ansonsten in seiner neuen unterfränkischen Heimat in Windeseile zurecht gefunden - und mit dem TSV Abtswind einen neuen Verein gefunden.

Gudmundur, dieses Gespräch kann ohne größere Probleme auf Deutsch stattfinden. Respekt!
Dankeschön.

Wie kommst es dazu, dass Du diese Sprache so gut beherrscht?
Das hat mehrere Gründe. Zum einen bin ich gebürtiger Berliner. Meine Eltern haben dort studiert, als meine Mutter schwanger wurde. Später habe ich am Gymnasium Deutsch gelernt. Neben Dänisch und Englisch kann man dort bei uns in Island eine dritte Fremdsprache wählen. Ich habe mich eben für Deutsch entschieden. Hinzu kommt noch, dass mein Bruder im deutschsprachigen Teil der Schweiz lebt und ich während meiner kurzen Phase im vergangenen Jahr bei Koblenz noch einmal verstärkt eure Sprache gelernt habe.

Die Kommunikation dürften dann bei der Eingewöhnung beim TSV Abtswind die kleinste Hürde sein. Erzähl uns mal, wie ist Dein Wechsel von Akureyri zum unterfränkischen Bayernligisten überhaupt zustande gekommen?
Die Saison in Island ist im vergangenen Herbst zu Ende gegangen. Wir spielen ja über das Kalenderjahr. Da meine Frau in Würzburg studieren wollte, haben wir uns dazu entschlossen, komplett nach Deutschland zu gehen. Mir war klar, dass ich weiter Fußball spielen möchte - aber ich wusste nicht, wo. Und wegen Corona war es leider nicht möglich, einfach mit den Fußballschuhen zu einem Sportplatz zu gehen und mitzuspielen. Der Vermieter der Wohnung, in der wir damals gelebt haben, hat mitbekommen, dass ich auf der Suche nach einem Verein bin. Er kannte jemanden vom TSV Abtswind und hat den Kontakt hergestellt.


Die Profikarriere ist noch nicht ganz abgeschlossen



Hand auf's Herz: Hast Du Deinen künftigen Verein in der Vergangenheit schon mal wahrgenommen?
Nein, überhaupt nicht. Doch das ist nicht weiter schlimm. Wir haben uns im vergangenen Jahr, als es noch möglich war, mal in Abtswind getroffen. Damals war es dunkel, aber dennoch hat es mir dort gleich gefallen (lacht). Seitdem bin ich mit Claudiu (TSV-Trainer Claudiu Bozesan; Anm. d. Red.) immer in Kontakt. Ich freue mich auf diese Aufgabe, auf die Mannschaft und das Umfeld in Abtswind.

Abtswind ist Dein zweiter Versuch in Deutschland. Dein Engagement bei Koblenz ist, wie es bei der medialen Vorstellung hieß, an der Corona-Lage gescheitert. Was war los damals?
Während der Pause zwischen den Spielzeiten in Island, das war im Februar 2020, hatte ich Elternzeit. Meine Frau und ich haben uns dazu entschieden, diese in Deutschland zu verbringen, um die Sprache besser zu lernen und neue Erfahrungen zu sammeln. Ich habe mich dann Koblenz angeschlossen. Doch leider hat der Lockdown verhindert, dass ich mehr Spiele für diesen Verein machen konnte, ehe wir wieder nach Island zurückgekehrt sind.

Du hast Champions League-Quali gespielt und auch Europa League. Du warst isländischer U19-Nationalspieler. Und künftig kickst Du in der 5. Liga. Ist dieser Schritt gleichbedeutend mit Deinem Abschied vom Profifußball?
Nein, nein. Unsere Lebenssituation hat sich verändert. Ich muss mich hier erst einmal zurechtfinden. Und deshalb ist die Bayernliga ein guter erster Schritt in Deutschland. Auch Beruflich habe ich mich neu orientiert. Ich arbeite nun für ein Unternehmen als Angestellter im Finanzbereich. Es ist zunächst einmal geplant, zwei Jahre hier in Deutschland zu bleiben. Was die Zukunft dann bringen wird, ist noch offen.



Wie würdest Du das Niveau der 1. isländischen Liga mit dem deutschen Fußball vergleichen?
Aufgrund von Corona ist ein Vergleich bisher nicht möglich. Und auch für Koblenz konnte ich ja nur zwei Partien in der Regionalliga Südwest bestreiten. Damals habe ich aber festgestellt, dass ich durchaus mithalten kann.

Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt es allgemein zwischen Deutsche und Isländer?
Es gibt ja das Klischee, dass ihr sehr diszipliniert und pünktlich seid - ich kann bestätigen: Das stimmt (lacht). Die Deutschen sind aber auch sehr locker. Hier ist zum Beispiel der Sonntag ein absolut freier Tag. Es bleibt Zeit für die Familie. Bei uns in Island haben auch am Sonntag die Geschäfte offen. Es gibt also keinen Unterschied zwischen Wochenende und Wochentag. Es ist immer hektisch.

Welche Ziele verfolgst Du mit dem Kräuterdorf?
Wir wollen den Klassenerhalt sichern! Und genau solche Herausforderungen liebe ich. Ich will gebraucht werden, ich will helfen - und das ist beim TSV Abtswind der Fall. Und privat wünsche ich mir, dass meine Familie gesund bleibt und Corona endlich vorbei ist.

Vielen Dank für das Interview und alles Gute.

Aufrufe: 08.2.2021, 14:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor