2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Wiedersehen mit der Vergangenheit: Tobias Strobl, heute Trainer in Rosenheim, durfte mit Pipinsried große Erfolge feiern. Foto: Ziegler
Wiedersehen mit der Vergangenheit: Tobias Strobl, heute Trainer in Rosenheim, durfte mit Pipinsried große Erfolge feiern. Foto: Ziegler

Strobl im Interview: "Ohne Höß wäre ich heute nicht hier"

Rosenheim-Trainer vor Duell mit seinem Ex-Verein Pipinsried

Tobias Strobl ist mit 29 der Shooting-Star unter den Regionalliga-Trainern, spielt mit 1860 Rosenheim eine herausragende Saison. Am Freitag geht es gegen den FC Pipinsried, seine erste Trainerstation. Strobl über eine coole Liebesgeschichte, einen großen Fehler und viel Charakterstärke.

Tobias Strobl, am Freitagabend treffen Sie mit 1860 Rosenheim erstmals auf den FC Pipinsried, bei dem Sie in sehr jungen Jahren Ihre Trainerkarriere begannen. Ein ganz besonderes Spiel für Sie, schließlich war der Abschied ja nicht frei von Dissonanzen?

Für mich sind die ausgeräumt, erst vor wenigen Wochen habe ich mich mit Konrad Höß unterhalten, es war sehr freundschaftlich, auch Kathi, seine Frau, hat mich herzlich begrüßt. Höß hat damals nicht verstanden, warum ich für ihn überraschend aufgehört habe, aber nach drei Jahren hatte sich manches ein bisschen abgenutzt, als wir dann zum zweiten Mal in der Relegation zur Regionalliga gescheitert sind, war für mich der Zeitpunkt zum Abschied gekommen, ein drittes Mal hätte ich die Jungs wohl nicht mehr so motivieren können.

Höß war ja nicht nur Ihr Präsident, er war ja so etwas wie Ihr Ziehvater.

Und genau das werde ich ihm nie vergessen. Pipinsried war für mich eine richtig coole Liebesgeschichte, ohne Conny Höß wäre ich heute nicht in der Regionalliga. Er ist verantwortlich für meinen Weg, wer sonst gibt schon einem 24-Jährigen die Chance, als Spielertrainer einen Bayernligisten zu führen?

Also doch ein besonderes Spiel für Sie?

Ich hoffe auf ein schönes Spiel, das ich natürlich gewinnen will. Auch wenn mich mit dem heutigen Spielertrainer Fabian Hürzeler eine gute Freundschaft verbindet

In Pipinsried haben Sie sich als Trainer einen Namen gemacht, nun sorgen Sie mit 1860 Rosenheim für Furore. Wie haben Sie es geschafft, aus einem Abstiegskandidaten einen hoch geschätzten und spielerisch starken Regionalligisten zu machen?

Die Mannschaft hat mir das leicht gemacht, es passt einfach menschlich und charakterlich, jeder hier will mehr. Es ist die pure Freude, mit dieser Truppe zu arbeiten.

Dabei hatten Sie zu Saisonbeginn mit Sascha Marinkovic und Josip Tomic zwei bittere Abgänge zu verkraften, neben dem Ex-Hachinger Markus Einsiedler kamen vor allem sehr junge Leute. War das nicht riskant?

Als jetzt Matze Heiß verletzt und Einsiedler wegen seines Urlaubs ausgefallen sind, hatte ich schon Bedenken. Aber die Jungen haben das klasse gemacht, wir haben mit den erfahrenen Spielern ein starkes Gerüst, in dem sich Nachwuchskräfte super entfalten können.

Weil Sie Ihr Vertrauen spüren?

Ich gebe jedem jungen Spieler eine feste Aufgabe, wenn er die erfüllt, hat er schon ein gutes Spiel gemacht. Alles darüber hinaus ist dann eine schön Zugabe. Damit nehme ich ihnen den Druck, sie entwickeln sich von Spiel zu Spiel und werden uns in den nächsten Jahren noch viel Freude machen. Mit dieser Mischung aus erfahrenen und jungen Leuten kann sich 1860 in der Liga fest etablieren, zumal die Verträge mit wichtigen Führungsspielern gerade verlängert wurden.

Schöne Aussichten, obwohl der Verein finanziell ja nicht gerade auf Rosen gebettet ist.

Das ist sehr schade. Die Jungs investieren so viel Herzblut, könnten bei der Konkurrenz sicher mehr verdienen. Wenn nicht fast alle eine Rosenheimer Vergangenheit hätten, wären sie bestimmt schnell weg. Der menschliche Faktor wiegt hier vieles auf.

Sie selbst werden in zwei Wochen 30, gelten als großes Trainertalent und werden sich sicher nicht auf Dauer mit den bescheidenen Verhältnissen in Rosenheim zufriedengeben. Was sind Ihre persönlichen Pläne?

Ich träume schon davon, mal vom Fußball leben zu können, mache aber keine Pläne mehr. Wäre alles so gelaufen, wie ich es mal geplant hatte, wäre ich heute nicht hier. Irgendwie scheint es, es musste alles so kommen. Mein Ziel war immer die Regionalliga, weil das die erste Liga ist, in der eine Videoanalyse möglich ist. Man sieht so viele Spiele, nimmt so viel mit. Von jedem kann man was lernen, von Schalding-Heining beispielsweise habe ich viel über das Verhalten nach Ballgewinn erfahren.

Wie haben Sie sich als Trainer im Vergleich zu Ihren Anfängen in Pipinsried verändert?

Ich setze mich nicht mehr so unter Druck wie in Pipinsried. Damals wollte ich unbedingt rauf in die Regionalliga, zweimal so knapp zu scheitern, war dann schon brutal. Heute bewerte ich Spiele nicht mehr so sehr nach dem Ergebnis, wenn wir verlieren, muss nicht alles schlecht gewesen sein. Ich schaue jetzt, wie haben wir uns auf dem Platz verhalten, wie bewegt, vor allem, wie war die Mentalität.

Anfang der Saison sind Sie mit einem Interview über den Gegner Buchbach ziemlich ins Fettnäpfchen getreten, als blutjunger Trainer haben Sie einen erfahrenen Kollegen wie Anton Bobenstetter nicht gerade respektvoll angegangen. Waren die Reaktionen darauf lehrreich?

Sicher, die Wortwahl war ein Fehler, da hätte ich mich anders ausdrücken müssen, das tut mir leid, da war viel Emotion dabei wegen unseres letzten Spiels gegen Buchbach. Ich wurde danach auch von der Abteilungsleitung zum Gespräch gebeten. Ich habe eingesehen, dass das so nicht korrekt war, für mich war auch das ein Lernprozess.

Haben Sie Vorbilder als Trainer?

Von Pep Guardiola habe ich mir viel abgeschaut, habe alle Bücher über ihn gelesen. An Jürgen Klopp imponiert mir, wie authentisch er in seiner Ansprache ist.

Die Regionalliga ist ja eine ganz besondere Herausforderung, da spielen reine Amateurteams wie 1860 Rosenheim oder auch Pipinsried, das nur zweimal pro Woche trainiert, gegen Vollprofis in den zweiten Mannschaften oder von 1860 München. Treffen da nicht Fußballwelten aufeinander?

Genau das macht diese Liga so außergewöhnlich. Die einen bereiten sich den ganzen Tag nur auf das Spiel vor, kommen im komfortablen Reisebus frühzeitig am Spielort an, die anderen direkt von der Arbeit knapp vor dem Anpfiff . Normal kannst du mit zweimal Training nicht mithalten, es ist aber ein großer Anreiz, sich trotzdem mit solchen Leuten zu messen. Die Jungs sollen das genießen, wenn sie dann im ausverkauften Grünwalder Stadion auflaufen, ist das ein Erlebnis, das sie nie mehr vergessen.

Sie bekommen viel Lob und Anerkennung für das Auftreten Ihrer Mannschaft. Wird das auch in der Eishockeystadt Rosenheim honoriert?

Seit zwei, drei Wochen habe ich schon das Gefühl, ich werde oft darauf angesprochen, mit welcher Freude und Leidenschaft die Mannschaft auftritt. Auf die Zuschauerzahlen schlägt sich das leider noch nicht entsprechend nieder. Nächsten Dienstag spielen wir im Pokal gegen den Drittligisten Würzburg, ich hoffe, da kommen ein paar Leute mehr, da wollen wir nochmal kräftig Werbung für uns machen. Allerdings ist das Stadion nicht unbedingt eine Wohlfühloase, eine Stimmung wie beispielsweise in Buchbach werden wir hier nie reinbekommen.

Wäre eine Fusion mit dem Landesligisten SB Rosenheim eine Chance? Sie als Ingolstädter müssten da doch die besten Erfahrungen haben?

Warum eine Fusion hier nicht wirklich ein Thema ist, wundert mich schon. Das würde ganz andere Möglichkeiten eröffnen, schon von den Trainingsbedingungen her.

Wir haben mit Konny Höß gesprochen: Er bezeichnet Tobi Strobl mittlerweile als seinen Freund.

Aufrufe: 027.9.2017, 09:52 Uhr
Reinhard Hübner - Münchner MerkurAutor