2024-05-10T08:19:16.237Z

Relegation
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Der Wahnsinn hatte Methode

Relegation zur Landesliga: Ein etwas anderer Spielbericht zum verrückten Spiel zwischen der TSG Hofherrnweiler und dem FC Donzdorf

Es hätte ein "ganz normales", aber eben umkämpftes Relegationsspiel zwischen der TSG Hofherrnweiler und dem FC Donzdorf werden können. Doch was die Zuschauer am Sonntag in Heubach geboten bekamen, war der pure Wahnsinn. Ein etwas anderer Spielbericht:

Sonntag. Das Wetter ist perfekt. 28 Grad und ein laues Lüftchen. Hin und wieder eine kleine Wolke, die sich vor die Sonne schiebt. Doch überwiegend ist der Himmel blau. Auch vom Gastgeber TSV Heubach ist alles bis ins kleinste Detail durchorganisiert. Alles ist angerichtet für einen spannenden Fußballnachmittag. Dass dieser mit einem verrückten Spiel enden wird, ahnt eine Stunde vor Spielbeginn noch niemand.

Die Anspannung, ob des bevorstehenden Relegationsspiels, ist währenddessen schon deutlich spürbar. Ja fast schon greifbar. Der Fokus beim Warmmachen liegt bei den Spielern einzig und allein auf dem Spiel. Keine Spielchen. Keine Mätzchen. Kein Gelächter. "Högschde Konzentration" würde es wohl Bundestrainer Joachim Löw nennen.

Zeitgleich versorgen sich die Zuschauer auf den Rängen noch schnell mit einem kalten Getränk und einer Stadionwurst. Vorbereitung ist eben alles. Für die Spieler heißt es indes: Umziehen. Passkontrolle. Los geht's. Ein letztes Mal schwören sich TSGler und Donzdorfer auf dem Rasen ein. "FÜRS TEAM" schallt es über das Sportgelände.

Anpfiff.

Es wird ruhig im weiten Rund. Gebannt richten sich 700 Augenpaare auf das Spielfeld. Was sie sehen, ist schneller Tempofußball von der ersten Sekunde an - von beiden Seiten. Ein Abtasten gibt es nicht. 8. Minute: Josip Skrobic bringt den FC Donzdorf in Führung - 1:0. Jubel in Rot-Weiß. Es beginnt perfekt für Donzdorf. Doch dabei bleibt es nicht. 18. Minute: Pascal Weidl gleicht aus - 1:1. 22. Minute: Oliver Rieger lupft den Ball zur 2:1-Führung in die Maschen. Jetzt führt plötzlich die TSG - die mitgereiste blau-rote Anhängerschaft freut's, der Donzdorfer Anhang gibt sich derweil kämpferisch: "Auf geht's Jungs!"

FCD-Torhüter Christian Czeisz ist aber der erste, der es merkt: Im Donzdorfer Spiel stimmt etwas nicht. Ganz und gar nicht. "Hey, wacht jetzt mal auf!!", versucht der Keeper seine Vorderleute aufzuwecken. Ohne Erfolg. Der FCD wird in dieser Phase des Spiels regelrecht überrannt. 38. Minute: Christoph Merz verwertet eine Hereingabe von Daniel Rembold - 3:1 für die TSG. Auf dem Spielfeld wird Merz geherzt. Auf den Rängen geklatscht und gejubelt. War's das schon?

Im Donzdorfer Fanblock wird es zumindest immer ruhiger. Die Hoffnung der Filstäler auf den Aufstieg schwindet. Die Rückkehr in die Landesliga rückt in weite Ferne. Auch die Spieler lassen so langsam die Köpfe hängen, sehnen die Halbzeit herbei. Verständlich, schließlich spielt sich Hofherrnweiler von Minute zu Minute in einen regelrechten Rausch.

Halbzeit.

Erlösendes Gefühl für die Donzdorfer. Egal ob für Spieler oder Zuschauer. "Endlich Halbzeit!" möchte sicherlich der eine oder andere denken. An der Außenlinie wird jetzt munter analysiert, gefachsimpelt und sich mit neuen Getränken und Essen versorgt. Was währenddessen abseits des Platzes in den beiden Kabinen geschieht, bleibt unbeantwortet.

Wiederbeginn.

Die Spieler kommen wieder auf den Rasen. Blöd, wer jetzt noch am Würstlesstand auf seine Rote im Brötchen wartet. Denn es geht rasant weiter. 48. Minute: Merz ganz frech aus größerer Entfernung - 4:1 für die TSG. Unmut beim rot-weißen Anhang auf den Rängen. Das hat sich Donzdorf wahrlich anders vorgestellt. Der Jubel auf Seiten der Hofherrnweilerner erreicht derweil seinen Höhepunkt. Zufriedenheit macht sich breit. Nur Patrick Schiehlen, der Mannschaftsverantwortliche der TSG, steht weiter unruhig an der Seitenlinie. Später wird er sagen: "Ich wusste, dass es nochmal eng wird".

Wie bitte? 4:1-Führung und es wird noch einmal eng? Daran glauben auch die Zuschauer nicht mehr und verlassen so langsam das Sportgelände. Was soll denn hier auch noch anbrennen? Das Ding ist doch durch!? Zumal Donzdorf es einfach nicht schafft, den Ball im Tor der TSG unterzubringen und nur noch gut zehn Minuten zu spielen sind.

Die Schlußphase beginnt. 82. Minute: Nico Kolb verkürzt auf 4:2 - verhaltener Jubel bei den mitgereisten Donzdorfern an der Seitenlinie. Ergebniskosmetik - oder doch nicht? 87. Minute: Christoph Wagenblast behält nach einer Ecke die Übersicht - 4:3, der Anschlusstreffer. Ungläubige Blicke auf beiden Seiten. Der FC Donzdorf wird doch nicht? Doch! 90. Minute: Hannes Bayer trifft per Kopf - 4:4. Unglaublich! Auch Bayer begreift es zunächst nicht, rennt jubelnd erst nach links, um dann nach rechts in Richtung Eckfahne abzudrehen. Der Jubel auf Seiten Donzdorfs ist gigantisch. Alle Dämme brechen. Fast möchte man meinen, der FCD hat gerade den großen FC Barcelona geschlagen und nun liegt sich eine ganze Kleinstadt in den Armen. Für Hofherrnweiler ist es indes ein Nackenschlag. Für die Zuschauer, die früher gegangen sind, auch.

Verlängerung.

30 Minuten gibt's oben drauf. Und: Es geht verrückt weiter - auf und neben dem Platz. Keiner ist mehr die Ruhe selbst. Wildes Gestikulieren, stupides Gepöbel und aggressiveres Spiel. 107. Minute: Hannes Bayer ist der erste Leidtragende. Zu ungestüm geht der Torschütze zum 4:4 in einen Zweikampf. Gelb-Rot!

Im Minutentakt geht's weiter. 108. Minute: Der A-Jugendliche Yannik Weiland trifft zur erneuten TSG-Führung. Jetzt ist wieder Hofherrnweiler im Vorteil - personell und toretechnisch. Personell zumindest 90 Sekunden lang. 110. Minute: Gelb-Rot für Pascal Weidl - der Ausgleich in Sachen Platzverweise. Kommt der FC Donzdorf auch ergebnistechnisch noch einmal zum Ausgleich? Nein, lautet kurz darauf die Antwort auf diese Frage. 115. Minute: Merz passt links raus auf Rieger, der lässt FCD-Torwart Czeisz aussteigen - 6:4 für die TSG. Die endgültige Entscheidung.

Die Gegenwehr der Donzdorfer ist gebrochen. Spieler, Trainer und Fans aus dem Filstal sind konsterniert. Der Traum der Rot-Weißen von der Rückkehr in die Landesliga ist vorbei. Ja, wurde von stark kämpfenden Akteuren der TSG Hofherrnweiler in der Verlängerung regelrecht zerstört. Die Blau-Roten ihrerseits jubeln, richten den Blick aber schon wieder nach vorne. Denn nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Am Sonntag, 21. Juni, geht's um 15 Uhr in Bad Boll gegen den FC Frickenhausen. Noch einmal alles geben, noch einmal siegen, dann spielt die TSG in der Saison 2015/2016 in der Landesliga.

Und der FC Donzdorf? Auch im beschaulichen Städtchen unterm Messelberg richtet sich der Blick wieder nach vorne - so schwer die Niederlage auch wiegt. Ganz nach dem Motto "Jetzt erst recht" wird der FCD es eben in der kommenden Saison erneut versuchen, seinen Traum von der Rückkehr in die Landesliga zu verwirklichen.

DER LIVETICKER ZUM SPIEL.

Aufrufe: 015.6.2015, 16:30 Uhr
Jan Sigel | Schwäbische Post / Gmünder TagespostAutor