2024-04-25T14:35:39.956Z

Vereinsnachrichten
Die Bremerhavenerin Cindy König ist mit 99 Treffern Rekordtorschützin bei Werder. Nun verlässt die 26-Jährige den Verein. Baumgart/foto2press/imago images imago images/foto2press
Die Bremerhavenerin Cindy König ist mit 99 Treffern Rekordtorschützin bei Werder. Nun verlässt die 26-Jährige den Verein. Baumgart/foto2press/imago images imago images/foto2press

„Ich habe mittlerweile ein grün-weißes Herz“

Cindy König im Interview

Seit 13 Jahren wird bei Werder Bremen Frauenfußball gespielt. Genauso lange war Cindy König dabei. Jetzt verlässt die gebürtige Bremerhavenerin den Verein – als Rekordtorschützin. Im Interview mit Lars Brockbalz verrät die 26-Jährige, welcher Treffer ihr schönster war, warum der Abschied in Zeiten von Corona besonders schmerzt und was sie jungen Fußballerinnen rät.

Nach 13 Jahren verlassen Sie Werder Bremen. Mit welchem Gefühl? Ich habe ein lachendes und ein weinendes Auge. Bremen und Werder, das ist meine Heimat, mein Herz. Deshalb tut es natürlich weh, die Stadt und den Verein zu verlassen, wo man seine Freunde hat und sich sein Leben aufgebaut hat. Andererseits freue ich mich darauf, noch mal ein neues Kapitel zu starten und etwas Neues zu entdecken.

Sie gehen als Rekordtorschützin und letzte noch aktive Spielerin aus dem Gründungsjahr der Frauenfußball-Abteilung. Wird einem das zum Abschied noch einmal bewusst? Ja. Seit die Pressemitteilung über meinen Abschied raus ist, sind meine sozialen Netzwerke explodiert. Alle sagen dir noch mal, wie viel Wert du für den Frauenfußball und für Werder hast. Das ist schön zu hören, definitiv. Da kommen sehr viele Gefühle und auch Tränen hoch.

Werder hat souverän den Wiederaufstieg in die Bundesliga geschafft. Macht das den Abschied leichter?

Eigentlich schon, aber durch Corona ist das trotzdem doof. Es gibt kein Abschiedsspiel, wir können nicht auf dem Platz die Schale zusammen hochhalten und feiern und uns hinterher zu einer Abschlussfeier treffen. Das finde ich enorm schade.

Sie gehen als Rekordtorschützin mit 99 Treffern. Wurmt es Sie, dass Sie die 100 nicht vollmachen konnten? Witzigerweise fragen mich das ganz viele Leute. Dass es nicht die 100 sind, wurmt mich eigentlich nicht, weil auch die 99 davor alle etwas Besonderes gewesen sind. Viele Leute fragen, ob ich irgendwann für das eine Tor zurückkomme nach Bremen. Ich sage niemals nie. Vielleicht endet das Ganze ja auch bei Werder, wo alles angefangen hat.

Welches Tor von den 99 ist Ihnen in besonderer Erinnerung? Das wird immer das erste Tor für die erste Frauenmannschaft sein. Ich war gerade 16 Jahre alt. Wir haben in der 2. Liga gegen Magdeburg gespielt mit Almuth Schult im Tor, die damals schon Nationaltorhüterin war. Ich habe von der Mittellinie einfach mal aufs Tor geschossen und der Ball ging als Bogenlampe rein. Das war schon Wahnsinn, auch weil meine B-Mädels, bei denen ich ja eigentlich noch gespielt habe, alle zugeschaut und mitgejubelt haben. Besser hätte ich mir den Start nicht wünschen können.

Was war der schönste Erfolg mit Werder? Natürlich die beiden Aufstiege in die Bundesliga. Aber auch, als wir 2018 gegen Köln den Klassenerhalt fix gemacht haben – das waren die speziellsten Momente als Spielerin. Noch ein besonderer Werder-Moment war, als ich mit den anderen Mitarbeitern 2016 Werder gegen Frankfurt im Weserstadion gesehen habe und kurz vor Schluss Werder das Tor gemacht hat, vor dem Abstieg gerettet war und alle auf den Platz gestürmt sind.

Sie haben zehn Jahre in der ersten Mannschaft gespielt, wie hat sich der Frauenfußball in dieser Zeit verändert? Alles ist professioneller geworden und der Stellenwert des Frauenfußballs hat sich bei Werder von Jahr zu Jahr verbessert. Wir haben immer mehr Präsenz nach außen bekommen.

Jetzt verlassen Sie Werder. Wohin zieht es Sie? Ich habe noch keinen neuen Verein. Eigentlich wollte ich gerne ins Ausland, aber das ist wegen Corona sehr schwierig. Deshalb wird das wahrscheinlich nicht klappen. Ich werde in der Ersten oder Zweiten Liga in Deutschland bleiben. Wohin ich gehe, werde in den nächsten Wochen entscheiden.

Sie sind ja nicht nur Spielerin, sondern auch Angestellte bei Werder. Wie geht es beruflich weiter? Ich habe mich entschieden, mich noch mal mehr auf den Fußball zu konzentrieren und hauptberuflich zu spielen. Ganz ohne Job könnte ich aber nicht, ich werde mir in der Stadt des neuen Vereins sicher einen Minijob suchen.

Verdient man im Frauenfußball inzwischen genug Geld, um davon leben zu können? Das ist schwierig zu sagen. Bei den Top-Mannschaften auf jeden Fall. Bei den anderen wird es auch von Jahr zu Jahr finanziell besser. Aber trotzdem würde ich jeder Fußballerin ans Herz legen, eine zweite Option zu haben.

Sie haben in Bremerhaven beim SC Sparta und beim Geestemünder SC gespielt. Wer hat Ihnen die Tür zu Werder geöffnet? Das war meine Landesauswahl-Trainerin Ulrike Geithe. Die hat mir erzählt, dass Werder eine Frauenabteilung und eine U17 aufmacht und ich da mal hinsoll. Sie hat mir geraten, dass es nichts bringt, die Beste in einer Mannschaft zu sein, sondern dass es besser ist, eine gute Spielerin unter vielen guten zu sein. Ich habe dann bei Werders U17 mittrainiert und hab das anscheinend ganz gut gemacht.

Haben Sie früher in Jungsmannschaften gespielt? Beim SC Sparta schon, das waren meine Jungs in Bremerhaven. Beim GSC war es dann eine reine Mädchenmannschaft. Ich würde jeder jungen Fußballerin ans Herz legen, solange es geht bei den Jungs zu spielen. Die sind einfach robuster und athletischer, das nimmt man dann an.

Wie haben Sie Schule und Fußball übereinander bekommen? Ich hatte in der Schule morgens meine Fußballtasche schon dabei und bin dann mit dem Bus zum Bahnhof und von dort nach Bremen. Im Zug habe ich meine Hausaufgaben gemacht, habe in Bremen trainiert und bin abends mit dem Zug zurück nach Bremerhaven, wo Mama mich abgeholt hat. Das waren lange Tage.

Es haben in den vergangenen Jahren immer mehrere Fußballerinnen aus Bremerhaven bei Werder gespielt. Jetzt gehen Sie und Giovanna Hoffmann und in den letzten Jahren sind keine nachgekommen. Wird der Mädchenfußball in Bremerhaven nicht mehr so gefördert wie früher? Das glaube ich nicht, im Gegenteil. Dadurch, dass es bei Werder inzwischen auch eine U15-Mannschaft gibt und durch die Landesauswahl haben die Spielerinnen hervorragende Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln.

Zum Schluss noch eine unangenehme Frage. Sie waren als Kind Bayern-Fan. Sind Sie im Laufe der Jahre Werder-Fan geworden? Meine Freunde und meine Familie habe mich schon ganz oft gefragt, ob ich denn jetzt Bayern- oder Werder-Fan bin. Ich glaube, Bayern-Fan werde ich immer irgendwie bleiben. Aber Werder hat meine Persönlichkeit und mein Leben so sehr geprägt, dass ich mittlerweile ein grün-weißes Herz habe.

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Aufrufe: 05.6.2020, 14:15 Uhr
Nordsee-Zeitung/lbAutor