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Team Rückblick
Da lachen sie noch: Der SV Wangen wenige Wochen vor dem Abstieg in die C-Klasse
Da lachen sie noch: Der SV Wangen wenige Wochen vor dem Abstieg in die C-Klasse

Wangens wundersame Wiederauferstehung

Von Aretin: "Jetzt hab ich alles gesehen."

Nach dem bitteren Abstieg in die C-Klasse drängt der SV Wangen mit aller Macht auf die direkte Rückkehr in die Elftklassigkeit. Der runderneuerte Kader spielt im ersten Halbjahr 17/18 mit seiner Liga Katz und Maus und steht ohne Punktverlust an der Tabellenspitze.

13. Mai 2017. Wangen ist am Tiefpunkt. Die Burschen vom Kastanienweg liefern beim FC Landsberied II, zu diesem Zeitpunkt die einzig realistischerweise noch überholbare Mannschaft der B-Klasse 1 außerhalb der Abstiegszone, eine desolate Leistung ab. Trotz einer mindestens ebenso bescheidenen Schiedsrichterleistung und eines Gegners, der laut Abteilungsleiter Grözinger "so schlecht wie erwartet" auftritt, verliert der SVW an diesem Nachmittag verdient mit 1:2 und besiegelt damit im Prinzip den Abstieg in die C-Klasse. Eine getränkereiche Frustzusammenkunft am folgenden Abend, drei weitere B-Klassenspiele und eine Sommerpause später erwächst am Kastanienweg aus dem Abstiegsfrust eine stetig zunehmende Entschlossenheit, diese Schmach auszumerzen.

12. August 2017. Drei Monate nach dem Landsberieder Fiasko tritt der SVW zum ersten Saisonspiel 17/18 an. Dass der Name des Gegners (SV Bernried II) sehr ähnlich ist, ist an diesem Tag die einzige Parallele, abgesehen vielleicht von der Schiedsrichterleistung. Eine Viererkette, in der der SVW seinen Jüngsten im Kader, Jannes "Pappe" Papenbrock zum ersten Mal in einem Pflichtspiel einsetzen darf, und die außerdem mit Benedikt Schneider, Starinnenverteidiger aus Gilching (laut Benedikt Schneider), bestückt ist, verteidigt vor Aushilfstorhüter und Betreuermaskottchen Julius Roever im Kasten der Grün-Weißen. Tobias Leskien, auf Bestreben von Framz Kufer zugewanderter Berliner Offensivtank, erzielt in der 94. Minute das 4:3-Siegtor. Roever rastet wie immer komplett aus, als hätte er die Bedeutung des Treffers als Einziger geahnt. Schließlich wird der Grundstein für eine unvergleichliche Hinrunde gelegt, es bleibt das engste Spiel der "Burschen" bis zur Winterpause.

8. Oktober 2017. Wangen marschiert durch die Saison. Es steht das Gipfeltreffen mit dem SV Wielenbach auf dem Programm, der ebenso wie der Wangener SVW ohne Punktverlust ist. Die Kastanienwegboyz setzen sich auswärts überraschend deutlich mit 4:0 durch. Der eigentlich verletzt gemeldete Michi Reim wird von Coach Mike Reiz beim Spielstand von 1:0 eingewechselt - und legt in fünf Minuten auf dem Feld noch zwei nach. Man schreibt die 45. Spielminute. Einen weiteren Reim-Treffer und den Abpfiff später sitzt das Team (wie meistens) mit Hoibe in der Hand in der Gästekabine und lässt dort zum ersten Mal überhaupt seit der Neugründung 2012 "Spitzenreiter, Spitzenreiter" erklingen. Abteilungsleiter Grözinger ist zu Tränen gerührt. "Wurde auch Zeit", meint dagegen Betreuermaskottchen Roever, das den SVW sowieso in der Regel zehn bis elf Ligen zu hoch einstuft. Starinnenverteidiger Schneider kommt zudem erst zehn Minuten nach Anpfiff an und verleitet Grözinger zu einer Anpassung des Strafenkataloges. Eine Auswahl der folgenden Beschwerden seitens des Gilchinger Hünen ist mit "Aussetzung der Rechtsstaatlichkeit" und "anarchischen Strukturen" noch wohlwollend getroffen. Heubi zahlt.

15. Oktober 2017. Wangen schlägt den TSV Tutzing II mit 5:1. Leskien (mittlerweile Tobim Leslie getauft) bringt eine Woche nach Schneider das Kunststück fertig, sich die neugeschaffene Strafzahlung ebenfalls einzuhandeln. Trotz dessen und seiner deutlich wahrnehmbaren alkoholhaltigen Respirationsausdünstungen (oder gerade deshalb) schießt er noch im ersten Durchgang, zwei Minuten nach seiner Einwechslung, das 2:1 für die Wangener. Langsam aber sicher entbrennt an der Spitze der Torjägerliste ein vereinsinterner Dreikampf zwischen den Neulingen Reim und Leslie, sowie Lokalmatador Johannes Brunner (SPOILER!!: Aktuell liegt Leslie mit 15 Treffern in Führung).

22. Oktober 2017. Nach dem verlorenen Finale im Kleinfeldturnier Mitte Juli (Schneider hatte den entscheidenden Elfer verschossen) trifft der SV Wangen erneut auf den TSV Schäftlarn. DIe dritte Garnitur des Lokalrivalen wird vor heimischer Kulisse mit 1:6 von furios aufspielenden Kastanienwegkickern zerlegt. Brunner netzt im Derby viermal und klettert in der Wangener Legendenhierarchie auf Ritz-Niveau. Gleichzeitig krönen sich die Grün-Weißen ausgerechnet in Schäftlarn zum Herbstmeister in der C-Klasse 5.

29. Oktober 2017. Der SVW stellt seinen Rekordsieg ein. War es im Mai 2014 noch der SC Gilching-Geisenbrunn, der 0:7 im Waldstadion verlor, darf nun mit dem TSV Erling-Andechs II, der den Schaden 2014 mit 1:7 noch in Grenzen hatte halten können, ein alter Bekannter dran glauben. Die Älteren unter den Lesern werden sich erinnern: Anno '14 machte Wangen seinen ersten Aufstieg in die B-Klasse in Andechs perfekt und störte mit dem folgenden Autokorso die andächtige Sonntagsruhe am Klosterberg. Bei seinem Debüt für das grün-weiße Ballett erzielt Herbstzugang Johannes "Hanni" Martiny gleich einen Doppelpack. Ein Liveticker für abwesende Spieler und Funktionäre wird nicht geliefert. Roever schäumt: "Das wird noch ein Nachspiel haben. Der Verantwortliche (Was erlaube Reim?) wird in diesem Jahr kein Spiel mehr machen."

5. November 2017. Wangen übertrifft sich selbst und legt im letzten Spiel vor der Winterpause noch drei nach. Neben dem neuen Vereinsrekord von 10:0 stellt Brunner sich selbst und das weiterhin am Kastanienweg herumspukende Knipsergespenst Louis Ritz in den Schatten und schießt fünf Tore gegen einen hoffnungslos unterlegenen SV Bernried II. Leslie belässt es gnädigerweise bei einem lupenreinen Hattrick. Am heftigsten wird jedoch neben dem 7:0 mit Ansage von Rode ("Heute könnte man ja eigentlich auch mal in den Strafraum gehen..") das Tor zum ersten zweistelligen Wangener Sieg gefeiert. Torschütze: Roever (wtf). "Jetzt hab ich alles gesehen", sagt der sportliche Leiter Nikolaus von Aretin. Daraufhin nimmt er sich ein Sabbatical bis Jahresende, "um das Ganze erstmal sacken zu lassen." Der Sack. Die Vorlage zum historischen Treffer liefert Martiny, der Ex-Schwager des Schützen. Wenig später sieht der rheinische Rüpel außerdem die Gelb-Rote Karte nach vollkommen überhartem Einsteigen gegen einen Bernrieder. Der souveräne Spielleiter Eiko Erbarth hat keine andere Wahl, als in die Gesäßtasche zu greifen. Duracell-Hase Joe Sturm ordnet daraufhin eigenmächtig Straftraining an. Die Abschiedsrede von Urgestein Patrick Woschitz rührt nicht nur die Abteilungsleitung zu Tränen.

9. Dezember 2017. Die erste Fußballmannschaft des SV Wangen steht mit 30 Punkten aus zehn Spielen auf Platz eins und holt sich von Vorstandsboss Alois Brunner ihr verdientes Freibier ab. Auch die Alten Herren dürfen ausnahmsweise dabei sein. Schließlich steht eine überragende Weihnachtsfeier an. Grözinger dreht mutmaßlich eine freizügige Runde um die Mehrzweckhalle. Sieben Monate nach Landsberied wird nun kein Frust, sondern nur noch der Erfolg begossen. Framzz: "Wir müssen aufhören, weniger zu trinken."

Aufrufe: 09.11.2017, 20:29 Uhr
Julius RoeverAutor