2024-05-10T08:19:16.237Z

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Als hängende Spitze fühlt sich Marcel Berger besonders wohl. Die Coronapause macht ihm schwer zu schaffen.
Als hängende Spitze fühlt sich Marcel Berger besonders wohl. Die Coronapause macht ihm schwer zu schaffen. – Foto: HAE

Marcel Berger: „Ich verbinde mit Sport immer sozialen Kontakt“

Der Stürmer des SV Sulzemoos im Interview

Marcel Berger vom SV Sulzemoos redet im Interview über die jetzige Situation und die Zukunft. Mit der fußballfreien Zeit kann er sich nicht anfreunden.

Sulzemoos – Lockdown, vorgezogene Winterpause – man hat es momentan nicht leicht als Fußballer. Die Heimatzeitung nutzt die Gelegenheit, in Zeiten der Corona-Pandemie Amateurkicker aus dem Dachauer Einzugsgebiet zu befragen. Wie kommen sie mit der Situation zurecht, und was erwarten sie sich von der Zukunft?

In der heutigen Ausgabe stellen wir Marcel Berger vom SV Sulzemoos vor. Der Offensiv-Akteur hat bereits zehn Volltreffer auf seinem Konto, sein Team hingegen steht in der Bezirksliga Nord momentan auf einem Direktabstiegsplatz.

Marcel Berger will einen Podcast herausbringen

Der 25-Jährige Marcel Berger blickt auf ein bewegtes (Sportler)Leben zurück. Seine Fußballkarriere verdankt er Esad Kahric, damals Trainer des FC Sonthofen. Berger verbrachte seine Jugend weitestgehend in einem Internat in Füssen, er kickte zunächst beim FC Füssen, ehe er entdeckt wurde. Nach den Stationen in der Bayernliga bei Sonthofen und Kottern wechselte er zum SC Fürstenfeldbruck. Über den ASV Dachau kam er dann zum SV Sulzemoos. Der gebürtige Landsberger ist selbstständiger Personaltrainer, er hat die Firma „Messerscharf“ von seiner Mutter übernommen. Zur Zeit bastelt er an einem Podcast, der „Das Leben des Internatlers“ heißen soll.

Hallo Marcel, wie erlebst Du privat aber auch aus sportlicher Sicht die momentane Corona-Zeit?

Marcel Berger: Grundsätzlich finde ich es sehr schwer, in der Coronaphase ein normales Leben zu führen. Ich habe Gott sei Dank eine Freundin und meine Familie, mit denen ich täglichen Kontakt pflegen kann. Freunde sehe ich zwangsweise sehr selten. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie schlimm diese Zeit für psychisch Vorerkrankte oder für Kinder in Problemfamilien sein muss. Sportlich hat sich alles ins Negative verlagert. Mir macht es keinen Spaß, alleine in einem Zimmer zu trainieren. Ich verbinde mit Sport immer sozialen Kontakt. Egal, ob im Fitnessstudio oder auf dem Fußballplatz. Ich freue ich mich jedes Mal auf den Umgang mit Menschen. Daher mache ich momentan anstatt sechsmal die Woche nur noch ein- bis zweimal die Woche Sport.

Marcel Berger: „Ohne Corona wäre ich als Trainer bei Olympia in Tokio dabei gewesen“

Was machst Du beruflich?

Ich bin selbstständig im Sportbereich tätig. Während Corona beschränkt sich das leider nur auf das Personaltraining beim Kunden zuhause. Ich hoffe, ich kann bald wieder Schulungen als Dozent geben oder im Bereich Firmenfitness voll durchstarten. Ich arbeite zudem mit Technogym zusammen. Das ist mit die weltweit größte Firma im Bereich Geräteverkauf für Fitnessstudios, Hotels, Physios oder für den Privatgebrauch. Ohne Corona wäre ich, nach den Olympischen Spielen 2016 in Rio, auch letztes Jahr als Trainer bei Olympia in Tokio dabei gewesen. Schade, dass das nicht geklappt hat.

Wie hältst Du Kontakt zu deinen Mitspielern?

Zu manchen Mitspielern habe ich viel Kontakt, zu anderen weniger. Grundsätzlich sehe ich einige Mitspieler regelmäßig, da wir am Mittwoch immer zusammen einen Online-Kurs starten, in dem wir Sport treiben, um uns fit zu halten. Zudem versuche ich, mich mit anderen hin und wieder mal zum Spazieren zu treffen. Manche treffe ich auch online, wenn wir uns auf der Playstation zum Krieg verabreden (lacht).

Marcel Berger: „Wir alle haben gehofft, in der Tabelle woanders zu stehen“

In dieser sehr langen Saison läuft es nicht unbedingt gut für den SVS. Vom Kader her solltet ihr eigentlich viel weiter vorne stehen. Was ist/war los in Sulzemoos?

Wir alle haben gehofft, in der Tabelle woanders zu stehen. Das Thema mit dem Kader stimmt, vor allem, was den Anfang der Saison betrifft, so nicht ganz. Wir haben wöchentlich schauen müssen, dass wir genügend Spieler auf den Platz bekommen. Nicht selten musste uns die Zweite aushelfen. Das lag daran, dass wir zeitweise bis zu zehn Verletzte hatten. Das hat uns eigentlich die komplette Hinrunde gekostet. In der Vorbereitung der Rückrunde waren wir wieder vollzählig und richtig gut drauf. Wir haben jedes Spiel gewonnen und man hat in der ganzen Mannschaft gespürt, dass sich jeder auf die Rückrunde freut, aber dann kam ja leider Corona dazwischen. Ich mache mir aber keine Sorgen um den Klassenerhalt – die Mannschaft ist stark.

Was wollt ihr tun, um da hinten rauszukommen?

Wir werden in der Vorbereitung mehr tun als jeder andere – und das dann auf dem Platz zeigen. Wenn jeder das abruft, was er kann, stehen wir in den Top drei. Da bin ich mir sicher.

Marcel Berger ist mit dem neuen Trainer zufrieden

Welchen Eindruck hast Du vom neuen Trainerteam um Christian Leßmann?

Ich mag den Lessi als Mensch und Trainer. Ich finde seine Art, mit uns umzugehen, passt zum jetzigen Moment gut. Er will uns robuster machen und auch vom Kopf her stärker. Ich stehe voll dahinter.

Trotz der eher miesen Tabellenlage hast Du das Visier gut eingestellt. Zehn Treffer sind wahrlich nicht schlecht. Wie kommts?

Ich hatte am Anfang der Saison einen guten Lauf. Ich denke, unser damaliger Trainer Peter Held hat meine Fähigkeiten perfekt eingesetzt. Mit meiner Schnelligkeit konnte ich einige Chancen herausspielen. Meine Qualitäten im Eins-gegen-Eins muss ich mal, wenn wir wieder trainieren dürfen, mit unseren Keepern üben.

Welches ist Deine Lieblingsposition?

Eine Lieblingsposition ist echt schwer zu benennen, da ich in den letzten Jahren auf jeder offensiven Position gespielt habe. Ich denke, wenn ich einen Stürmer habe, der den Ball gut halten kann, bin ich auf der hängenden Spitze oder als zweiter Sturmpartner am liebsten auf dem Platz.

Der Stürmer kritisiert den VAR

Was hat sich Deiner Meinung nach in den letzten zehn Jahren beim Fußball geändert?

Wenn wir in die höheren Ligen gehen ist es auf jeden Fall das Geld und dass durch den Videoassistantreferee alles so weich geworden ist. Durch den VAR wird fast jedes kleine Foul gleich mit rot bestraft; das finde ich sehr traurig und fast schon langweilig.

Du hast in Sonthofen und Kottern bereits in der Bayernliga gespielt. Was hast Du aus dieser Zeit mitgenommen?

Ich bin damals aus der Kreisklasse-A-Jugend in die Bayernliga gewechselt. Das war für mich ein riesiger Sprung, den ich eigentlich, aus sportlicher Sicht, viel früher hätte machen sollen. Leider haben mich in beiden Vereinen meine Verletzungen mehrmals rausgenommen. Gelernt habe ich in, dass es in den höheren Ligen vom Tempo immer schneller wird. Und da muss man vom Kopf her da sein.

Welche Trainer haben Dich am meisten geprägt?

Ich denke, jeder Trainer hat mich ein wenig geprägt. Angefangen in meiner Jugendzeit, da hat mir mein Trainer Matthias Günes aus Kottern vieles beigebracht und mich auch frühzeitig hoch in die erste Mannschaft gezogen. In Sonthofen, bei Esad Kahric, habe ich viel Mentales gelernt. Wenn ich so zurück denke, dann hätte ich bei ihm noch ein bisschen länger bleiben müssen. Er hat mich immer hart rangenommen, für mich als 18-Jährigen war es schwer, damit umzugehen. Unter Steve Zepeda habe ich sehr viel gelernt, da habe ich am meisten mitgenommen. Schade, dass ich mir da die Schulter ausgekugelt habe. Peter „Pit“ Held hat mir auch einiges vermittelt, wir hatten viel Spaß. Leider war die Zeit aber sehr kurz.

Marcel Berger: „Ich versuche, mich fit zu halten - bis der Lockdown vorbei ist"

Was machst Du, um Dich fit zu halten?

Ich treibe mit meinem Team im Online-Unterricht Sport. Ansonsten mache ich mein eigenes Functional-Training. Ich habe ein kleines Fitness-Equipment bei mir zuhause, ich versuche, mich damit ein wenig fit zu halten – bis der Lockdown vorbei ist.

Was sind Deine persönlichen und sportlichen Ziele?

Meine Selbstständigkeit habe ich vor den Fußball gestellt. Während des Lockdowns bin ich nun dabei, mit einem Freund einen Podcast zu erstellen. „Das Leben des Internatlers“ wird ab Mitte/Ende Februar auf allen Musikkanälen zu hören sein. Hier reden wir über unsere Vergangenheit auf dem Internat. Ansonsten will ich mit meinem kleinen Unternehmen immer mehr wachsen und auf den richtigen Moment mit der richtigen Idee warten. Sportlich macht es mir in Sulzemoos viel Spaß, vielleicht versuche ich es irgendwann nochmal in einer höheren Liga. Meinen Trainerschein werde ich auch bald machen.

(Bruno Haelke)

Aufrufe: 013.2.2021, 18:52 Uhr
Dachauer Nachrichten / Bruno HaelkeAutor