2024-05-10T08:19:16.237Z

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Unerschütterlicher Grillmeister: Dicke Luft im Strafraum, aber Manni Schreiber bleibt die Ruhe in Person.	Foto: René Vigneron
Unerschütterlicher Grillmeister: Dicke Luft im Strafraum, aber Manni Schreiber bleibt die Ruhe in Person. Foto: René Vigneron

Wer 60 Jahre dabei ist, "darf auch mal meckern"

Nahaufnahme einer altehrwürdigen Anlage: „Im Loch“ pflegt Dieter Gommert als Ehrenvorsitzender von Schierstein 13 seine Rituale

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Wiesbaden. Steile Abhänge, die enge Umrandung des Spielfelds und der gute, alte Hartplatz „Im Loch“. Keine Frage: Wenn am altehrwürdigen Sportplatz Saareck das Flutlicht angeschmissen wird, weht mehr als nur ein Stück Fußball-Nostalgie über die staubige Asche. Die Spieler vom gastgebenden SV Schierstein 13 und dem Türkischen SV Wiesbaden haben dafür freilich wenig übrig, als sie das Erstrundenmatch im Kreispokal bestreiten. Obendrein liefern die 13er dem Kreisoberligisten einen klassischen Pokalfight, halten tapfer dagegen. Allerdings nur 17 Minuten lang. Ein schnell ausgeführter Freistoß, ein Dribbling von Jonas Kotb, ein Drehschuss von Volkan Zer und der Ball landet links oben im Winkel.

Und das vor den Augen des Schiersteiner Vereinsoriginals und Ehrenvorsitzenden Dieter Gommert, der es sich auf einer Bank nahe der Eckfahne bequem gemacht hat. Stoisch und mit Weizenbier in der rechten Hand verfolgt er die Partie, später gesellen sich noch ein paar Altherren-Spieler dazu. Am 10. September 1959 bestritt er sein erstes Spiel für die 13er, feiert in diesen Tagen sein historisches Jubiläum. „Wenn man 60 Jahre im Verein ist wie ich, dann darf man auch mal meckern“, findet er.

Die zarten Hoffnungen auf ein Pokalwunder sind jedenfalls früh dahin, am Ende wird es neun weitere Male im Schiersteiner Kasten einschlagen. Wobei einige der 70 anwesenden Zuschauer schon Mitte der zweiten Halbzeit den Überblick verlieren. Steht es jetzt 7:0? Oder doch schon 9:0? Selbst TSV-Keeper Burhan Kaya kann das während des Spiels auf Nachfrage des SVS-Vorsitzenden Carsten Müller nicht genau beantworten. Eins weiß Kaya sicher: „Wir führen auf jeden Fall ziemlich hoch.“ Müller sitzt zwischen dem Tor, das Kaya in der zweiten Halbzeit hütet, und Vereinsheim auf einer Bank. Knapp drei Meter und ein Fangzaun trennen ihn von der Torlinie. Bis auf die Aufforderungen an den „uneinsichtigen“ Keeper, er solle doch auch mal einen reinlassen, gerät das Spiel eher in den Hintergrund.

Mit den Vereinskollegen wird fleißig geplaudert, währenddessen dröhnt laute Musik aus den aufgestellten Boxen. „Wir müssten eigentlich mal leiser machen. Aber das Spiel findet derzeit eher auf der anderen Seite des Spielfelds statt“, wiegelt Müller ab. Schließlich reißt eine heftige Windböe die aufgestellten Schirme mitsamt der Musikanlage zu Boden. Kurz bricht Hektik aus, aber die Anlage scheint den unsanften Aufprall ohne bleibende Schäden überlebt zu haben. Die Musik bleibt danach jedenfalls aus. Sicher ist sicher.

Die Ruhe weg hat hingegen Grillmeister Manni Schreiber, der ebenfalls direkt am Fangzaun postiert ist. Selbst wenn es kurz vor ihm immer mal wieder zu brenzligen Situationen im Strafraum kommt. Kein Wunder, schließlich hat er derzeit auch ein kulinarisches Highlight auf dem Grill liegen: Wildschweinbratwürste. 50 Stück hat das Restaurant Jagdschloss Fasanerie dem Verein gespendet, in den nächsten SVS-Heimspielen können sich die Zuschauer an dieser Delikatesse laben – für nur 50 Cent Aufpreis im Vergleich zur klassischen Wurst. „Aber nur solange der Vorrat reicht“, betont Müller.

Trikotspende und Kunstrasen

Bei im Schnitt knapp zehn zahlenden Zuschauern könnte sich das mit dem Verzehr allerdings noch ein wenig hinziehen. Sein Verein darf sich dank der Drähte von Urgestein Jesco Bonello zudem bald über einen vom Jagdschloss gesponserten Satz Trikots freuen. „Viel mehr ist bei uns in Sachen Sponsoring nicht drin“, bekennt Müller.

Ungeachtet des Ergebnisses (10:0 siegte der TSV) gibt es aus Schiersteiner Sicht eine erfreuliche Meldung: Das Sportamt hat grünes Licht gegeben, dass der Bau des neuen Kunstrasenplatzes im nächsten Jahr realisiert wird. Die Umbauarbeiten beginnen im März kommenden Jahres. Voraussichtlich ab September 2020 können die 13er dann auf dem lang ersehnten Grün kicken, weichen „zu 99 Prozent“ (Müller) währenddessen nach Dotzheim aus. Dass mit dem neuen Platz ein bisschen Nostalgie „Im Loch“ verloren geht, können die 13er verkraften. Müller: „Wir erhoffen uns ein kleines Schmuckkästchen.“



Aufrufe: 09.9.2019, 19:30 Uhr
Philipp DurilloAutor