2024-05-17T14:19:24.476Z

Interview
"Ein Niveau, das es hier noch nie gab" - die A-Jugend des SV-Schalding geht in seine zweite Saison in der Landesliga unter der Regie von Trainer Thomas Schwarz.
"Ein Niveau, das es hier noch nie gab" - die A-Jugend des SV-Schalding geht in seine zweite Saison in der Landesliga unter der Regie von Trainer Thomas Schwarz. – Foto: Norbert Herrmann

Nach Klose-Kritik: "Das Elternhaus spielt eine große Rolle"

Thomas Schwarz, Trainer der A-Jugend von Regionalligist SV Schalding-Heining, spricht im Interview über die regionalen Fußballtalente - und die generell Entwicklung des Nachwuchsbereiches

Die Diskussionen rund um die Qualität des deutschen Fußballnachwuchses reißen nicht ab. Zuletzt kritisierte Ex-Nationalspieler und FC-Bayern-Jugendtrainer Miroslav Klose die Einstellung der Talente. Doch wie ist es tatsächliche um den Juniorenbereich bestellt - vor allem regional? Thomas Schwarz, A-Jugendtrainer des SV Schalding-Heinung und darüber hinaus hauptberuflicher Coach an der Fußballschule in München, im Interview.
Thomas, haben die heutigen Talente tatsächlich nicht mehr die Leidenschaft früherer Generationen, wie Miro Klose kritisiert hat?
In gewisser Hinsicht hat er durchaus recht, dass die heutigen Nachwuchsfußballer zu schnell zufrieden sind - und deshalb eher den leichteren Weg gehen. Das liegt aber auch daran, dass heutzutage jedem immer gleich gesagt wird, wie gut er ist und jedem alles erledigt und nachgetragen wird. Das war früher anders. Hinzu kommt weiter, dass die Schule immer anspruchsvoller wird und manchen dann der Spaß am Fußball oder generell seinem Hobby verloren geht. Des Weiteren gibt es mittlerweile viele bequemere Sachen neben dem Fußball wie Handy oder Spielekonsole, die bei weitem nicht so anstrengend sind wie dreimal die Woche ins Training zu gehen. Welche Charaktereigenschaften muss ein junger Fußball mitbringen, um es vielleicht ganz nach oben zu schaffen oder zumindest auf gehobener Verbandsebene zu bestehen?
Für mich die wichtigste Charaktereigenschaft ist: Nicht mit dem Erreichten zufrieden zu sein, sondern immer weiter hart zu arbeiten. Man kann sich in allen Bereichen immer wieder weiterentwickeln - wenn man es will.


"Die Technik muss mehr gefördert werden"

Waren frühere andere Tugenden nötig bzw. ist die heutige Generation zu verwöhnt?
Den Spruch "früher war alles besser" kann ich nicht nachvollziehen. Es gab auch früher welche, die zu verwöhnt oder bequem waren und mit ihrem Talent schludrig umgingen. Wichtig für mich ist die Erziehung vom Elternhaus, was den Jungs und Mädels auf ihrem Weg mitgegeben wird. Wenn sie sich nichts selber erarbeiten müssen, dann braucht sich niemand zu wundern, wenn sie es auch im Sport nichts machen.
Kritisiert wird auch oft die gleichströmige Ausbildung der Talente, die zur Folge hat, dass es keine Typen mehr gibt, die jedoch jede Mannschaft braucht. Ist dem tatsächlich so?
Fakt ist, dass es den individuellen Spaß- und Straßenfußballer nicht mehr gibt, was vielleicht auch daran liegt, dass sich Spieler nur noch in einem Raum von 10 Meter auf 10 Metern aufhalten und ja kein Risiko mehr eingehen dürfen. Wir müssen wieder mehr individuelle Typen ausbilden und die Jungs einfach machen lassen. Ich bin als Trainer auch bei der Münchner Fußball-Schule tätig. Dort versuchen wir, mit unserer Philosophie Technik, Tricks und das 1-gegen-1 zu fördern.


"Genügend Talente, die das Zeug für die 4. Liga haben"

Als Trainer der A-Jugend des SV Schalding-Heining musst Du einerseits mit den ländlichen Strukturen zurecht kommen, andererseits sollst Du Spieler herausbringen, die in der Regionalliga bestehen können. Wie schwierig ist es, diese beiden Dinge unter einen Hut zu bringen?
Das ist genau der Reiz bei einem Verein wie dem SV Schalding-Heining mit seinen ländlichen Strukturen (sprich Dorfverein): Das Messen mit den großen Vereinen aus dem Münchener und Augsburger Raum. Die Jungs sind sehr willig und hauen im jedem Training alles rein, deswegen ist es nicht schwierig, hier zu arbeiten - sondern eben reizvoll. Gibt der Bayerische Wald und der Passauer Raum, hauptsächlich Bezugsgebiet von Regionalligist SVS, genügend Talente mit der nötigen Qualität für die 4. Liga her?
Der SV Schalding-Heining hat genügend Talente in seinen Reihen, die das Zeug für die 4. Liga haben. Klar geht das nicht von heute auf morgen. Jeder Spieler muss Schritt für Schritt gehen, um irgendwann Regionalliga spielen zu können. Mit unserer U23 in der Bezirksliga haben wir hierfür genau das richtige Sprungbrett. Dort können sich die Jungs an den Herrenfußball gewöhnen und sich durch Spielpraxis weiterentwickeln, um dann den Schritt in den Regionalligakader zu schaffen. Bestes Beispiel dafür sind Tobias Stockinger und Simon Schuster, die im 1. Herrenjahr schon im Regionalliga Kader stehen.


So funktioniert das Scouting

Anders gefragt: Ist für den letzten Jugendjahrgang des SVS die Landesliga das Ende der Fahnenstange - oder ist mehr drin?
Wir haben beweisen, dass wir mit den Bayernligisten mithalten können. Wir haben die Spvgg Landshut im BFV-Pokal-Halbfinale besiegte und auch im BMW-Pokal-Finale die Oberhand behalten. Auch in Spielen gegen Wacker Burghausen haben wir uns gut geschlagen. Deshalb könnten wir sicher auch in der Bayernliga mithalten.
Wie funktioniert Euer Scouting? Wie werdet Ihr beispielsweise auf einen Spieler wie Julian Sammer von der SG Grainet aufmerksam?
Wir sind sehr gut vernetzt - vor allem im Bayernwald. Da unser Teammanager Herbert Kern und auch mein Trainerkollege Walter Mario aus dieser Region kommen, kennt man manche Spieler einfach. Ich schaue mir auch viele Spiele an - und da fällt einem einfach der ein oder andere Spieler auf.


Leistung und Spaß - geht das?

Siehst Du im aktuellen Kader Kicker, die es tatsächlich in die 1. Mannschaften oder noch weiter nach oben schaffen könnten?
Definitiv sehe ich in unserem Kader Spieler mit Regionalliga-Potenzial. Um nur mal ein paar zu nennen: Maxi Tiefenbrunner, Elias Elias, Daniel Zillner. Zum einen hast Du mit hoffnungsvollen Nachwuchskräften zu tun, die dem Fußball vieles, wenn nicht sogar alles, unterordnen. Zum anderen sind Deine Kicker auf oftmals einfach nur Jugendliche mit Flausen im Kopf. Wie gehst Du damit um?
Mein Vorteil ist, dass ich noch nicht zum Alten Eisen gehöre und ich mich gut in die Jungs hineinversetzen kann. Die Jungs sollen Spaß haben und in jedem Training und Spiel alles reinhauen und an ihre Leistungsgrenze gehen. Wenn das der Fall ist, dürfen sie auch mal Spaß haben wie jeder andere 17- oder 18-Jährige. Bis jetzt gab es damit noch nie Probleme.


Jeder Spieler darf auch Kind sein

Dürfen Talente, die es schaffen wollen - vielleicht sogar in den Profibereich -, gar nicht Kind sein? Geht dadurch das Ursprünglichste des Fußballs, der Spaß, verloren? Im Profibereich ist es schwierig, da dort ein Tag von frühmorgens bis spätabends durchgetaktet ist. Da ist es die Kunst der Trainer oder NLZ-Leiter, den Spielern noch Freiräume zu gewähren und auch mal Kind sein zu lassen. In unserem Bereich ist es zwar auch schon Leistungsfußball, aber ich glaube, da ist jeder Spieler schon noch Kind und kann das auch ausleben. Abschließend ein Blick in die Zukunft: Wie wird sich der Jugendbereich des SV Schalding-Heining, allen voran natürlich die A-Jugend entwickeln? Welche Ziele verfolgt Ihr in der aktuellen Saison?
Der Jugendbereich des SVS ist auf einem Niveau angelangt, das es hier noch nie gab. Da muss dem Verein nicht bange sein vor den nächsten Jahren. Speziell das Ziel für die U19 in der Landesliga ist es, so schnell wie mögliche viele Punkte zu sammeln und nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. Ansonsten wollen wir die Jungs weiterentwickeln und auf den Herrenfußball vorbereiten - das Wichtigste dabei: Die Jungs dürfen den Spaß nicht verlieren.
Vielen Dank für das Gespräch.
Aufrufe: 030.7.2019, 16:30 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor