2024-05-02T16:12:49.858Z

FuPa Portrait

SV Rödinghausen: Azur Velagic aus der Münchner Schule

Verteidiger Azur Velagic stammt aus München und kickte in der Jugend für den FC Bayern. Nun kommt es im DFB-Pokal zum Wiedersehen

Azur Velagic verfolgt das ganze Prozedere vor dem Fernseher, gemütlich auf dem Sofa. Losfee Gina Lückenkemper greift in die Trommel, zieht eine Kugel. FC Bayern München steht dort drauf. Das ist also der Gegner im DFB-Pokal für Velagic und den SV Rödinghausen. Die erste Reaktion des Verteidigers: „Gibt’s da überhaupt eine Chance?“

Nach und nach trudeln die Nachrichten auf dem Handy ein, die ersten Bekannten fragen schon nach Karten. Auch bei Velagic steigt die Vorfreude. Kein Wunder: Er kommt gebürtig aus München, seine Familie und viele Freunde leben in der bayrischen Landeshauptstadt. Der 26-Jährige selbst ist immer in der Sommer- und Winterpause vor Ort. Nicht nur persönlich, sondern auch fußballerisch hat er in München eine Vergangenheit: Zwei Jahre kickte er in der Jugend des FC Bayern, bei den C- und D-Jugendlichen. Trainiert hat er an der Säbener Straße, nur einen Steinwurf von den Profis entfernt.


Velagic – Drei-Tage-Bart, die schwarzen Haare nach hinten gestylt – sitzt im Foyer des Rödinghauser Häcker-Wiehenstadions. Das Morgentraining ist vorüber, am Samstag ruft das nächste Pflichtspiel in der Regionalliga West. Liga-Alltag. „Klar, die Vorfreude auf das Bayern-Spiel ist bei allen groß. Aber im Moment konzentrieren wir uns auf die Liga“, sagt Velagic – ohne den Hauch eines bayrischen Akzents. Im Moment belegt der SVR einen Mittelfeldplatz, seit der DFB-Pokal-Auslosung wurde jedoch kein Meisterschaftsspiel mehr gewonnen. „Aber wir wollen oben mitspielen, an den fünften Platz der vergangenen Saison anknüpfen“, sagt Velagic.


Aufgewachsen ist er im Münchner Westen, im Stadtteil Moosach. Er begann mit dem Fußball beim PSV München, dem dortigen kleinen Ortsverein. Der große FC Bayern wurde auf ihn aufmerksam, Velagic überzeugte beim Probetraining. In der C- und D-Jugend lief er für die Münchner auf – spielte unter anderem mit dem heutigen Profi Nicola Sansone (FC Villarreal) zusammen. Für die erste Mannschaft der Bayern schnürten noch Giovane Elber und der heutige Sportdirektor Hasan Salihamidzic die Schuhe. Lang ist’s her. Manchmal sah er die damaligen Stars, wenn sie ihre Runden zum Auslaufen um die Sportplätze drehten. „Kontakte zum FC Bayern habe ich nicht mehr“, sagt Velagic. Auch mit den jetzigen Nationalspielern wie Thomas Müller und Toni Kroos – allesamt ebenfalls aus der Bayern-Jugend – gab es keine Berührungspunkte. „Sie sind aus anderen Jahrgängen als ich.“


In der B-Jugend war für Velagic Schluss beim FC Bayern. Über den SC Fürstenfeldbruck ging es dann nach in die erste bosnische Liga, zum FK Sarajevo. „Vom Niveau her war das vergleichbar mit der zweiten oder dritten Liga in Deutschland“, sagt Velagic, dessen Vater Bosnier ist. Ein besonderer Höhepunkt: Er lief für die U19-Nationalmannschaft Bosniens auf.
Er wollte wieder zurück nach Deutschland, wechselte erst nach Ingolstadt, dann nach Regensburg und schließlich nach Homburg. Er pendelte zwischen der dritten und der vierten Liga. „Doch dann wollte ich etwas Neues machen“, sagt Velagic. Da kam das Angebot aus Rödinghausen. „Zuvor hatte ich von dem Ort noch nie etwas gehört“, gibt er zu.


Von den Begebenheiten am Wiehengebirge war Velagic beeindruckt. „Da fiel die Entscheidung leicht.“ Im ersten Jahr war der Verteidiger anfangs Stammspieler, kam zu vielen Einsätzen. Im letzten Auswärtsspiel der Saison 2016/17 – in Oberhausen – verletzte er sich jedoch schwer und fiel fast acht Monate aus.
Mittlerweile ist Velagic unter Trainer Enrico Maaßen Stammspieler in der Verteidigung. Und ist zudem der Experte für Standardsituationen, tritt Eckbälle und Freistöße. „Das hat sich durch einen Zufall ergeben. Eigentlich hat Tobias Steffen die Standards immer übernommen.“ Dann sei Steffen verletzungsbedingt ausgefallen und Velagic habe ihn gut vertreten. Bis heute.


Im Foyer des Häcker-Wiehenstadions ist es ruhig an diesem Mittag. Velagic schaut sich um. Hier hätte er am liebsten gegen die Bayern gespielt. „Doch das Stadion ist leider zu klein.“ Das Spiel nun im Stadion an der Bremer Brücke in Osnabrück auszutragen hält er „für die beste Lösung“. Mit dabei sein wollen dann auch seine Familie und Freunde aus München.


Wie er denn Franck Ribéry oder Serge Gnabry stoppen will? „Das ist noch zu weit weg“, sagt er und lächelt. „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, das kommt erst ein bis zwei Tage vor der Partie.“ Jetzt steht erst einmal der Liga-Alltag an. Der SC Wiedenbrück kommt.

Aufrufe: 028.9.2018, 09:30 Uhr
Niklas Krämer / FuPaAutor