2024-05-02T16:12:49.858Z

FuPa Portrait
F: Nico Ebmeier
F: Nico Ebmeier

Aus Amshausen in die Bundesliga

Daniel Lichtsinn zählt zu den größten Trainertalenten der Region. Jetzt hat der 31-Jährige die A-Junioren des SV Rödinghausen zum Aufstieg in die höchste Spielklasse geführt.

„Jein“ antwortet Daniel Lichtsinn auf die Frage, ob er schon begriffen habe, was seiner Mannschaft und ihm da kürzlich gelungen ist. Zwar kann auch er problemlos an der Tabelle der A-Junioren-Westfalenliga ablesen, dass sein SV Rödinghausen zweifelsfrei den Titel gewonnen hat und damit ab Mitte August in der Bundesliga gegen die besten Talente Deutschlands antreten wird.

Doch gleichzeitig fühlt sich das für Lichtsinn noch immer unwirklich an. „Es ist schon krass“, sagt er, „ich gucke mir seit Jahren gern Spiele der A-Jugend-Bundesliga an und habe manchmal gedacht: Irgendwann auf Schalke mit Trainer Norbert Elgert zu treffen, das wäre ein Traum.“ Der ist jetzt wahr geworden: Rödinghausen, mit nicht einmal 10.000 Einwohnern kleinste Kommune im Kreis Herford, spielt künftig in derselben Liga wie die Königsblauen, Borussia Dortmund, Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen. Die erste Liga auf dem Dorf ist Realität.
Für Lichtsinn ist das die vorläufige Krönung seiner Trainerlaufbahn. Obwohl erst 31, verfügt er schon über einige Erfahrung als Coach, schließlich begann er schon als 15-Jähriger bei seinem Heimatverein TSV Amshausen Nachwuchsmannschaften zu trainieren.

„Der Klassenerhalt wäre eine noch größere Leistung als der Aufstieg“

Jetzt ist er A-Lizenz-Inhaber und als Cheftrainer verantwortlich für einen Kader von 27 jungen Männern, von denen einige den Plan verfolgen, Profi zu werden. Lichtsinn gefällt das, er fühlt sich im Jugendbereich weiterhin bestens aufgehoben. „Ich habe Lust auf motivierte Leute“, sagt er. Mit Amateurkickern im Seniorenbereich, „bei denen der Fußball zum Teil nur Priorität vier oder fünf hat, hätte ich Probleme“.
Selbst nur noch auf die Karte Fußball zu setzen, steht für Lichtsinn gleichwohl momentan nicht zur Diskussion. Er ist beruflich für die Kreissparkasse Halle tätig, und das soll vorerst so bleiben. Lichtsinn ist Realist. Fußball ist nicht sein Beruf, sondern seine große Leidenschaft. Da trifft es sich gut, dass Freundin Luisa ähnlich empfindet. Sie ist gern dabei, wenn Rödinghausens U 19 spielt. Genauso, wenn ihr Freund in Ostwestfalen-Lippe nebenbei für den FC Schalke 04 Talente sichtet. Das möchte er auch weiterhin gern tun, sagt Lichtsinn: „Es gibt da keinen Interessenkonflikt, weil ich für Schalke jüngere Spieler unterhalb dem A-Jugend-Alter scoute und es sich dabei um absolute Spitzentalente handeln muss, die für Rödinghausen sowieso nicht in Frage kommen.“


In der Gemeinde am Wiehengebirge ist in den vergangenen Jahren dank der Unterstützung durch Mäzen Horst Finkemeier, den früheren Chef des drittgrößten deutschen Küchenmöbelherstellers Häcker, eine Menge entstanden. Die erste Mannschaft ist in der Regionalliga und damit in der vierthöchsten Spielklasse aktiv. Ihre Heimspiele bestreitet sie im Häcker-Wiehenstadion, in dem knapp 2500 Zuschauer Platz finden. Die Geschäftsstelle ist während der Woche täglich geöffnet.

Auch wegen dieser gewachsenen Strukturen sieht Lichtsinn sein Team im Kampf um den Klassenerhalt nicht als derart krassen Außenseiter an wie beispielsweise den VfL Theesen 2013, der damals unter der Leitung seines guten Freundes Daniel Keller in die U 19-Bundesliga auf- und wieder abstieg. „Aber wir stehen natürlich vor einer ganz, ganz großen Herausforderung und werden neue Erfahrungen machen, weil wir bisher meistens gewonnen haben“, sagt der Trainer.

Den Großteil der Hausaufgaben für die neue Saison hat Lichtsinn schon erledigt. Zwölf aktuelle Spieler werden auch 2018/19 dem Aufgebot angehören, darunter der in Westbarthausen lebende Julio Cesar Yugar Koelle. Das brasilianisch-stämmige Talent, zuvor für Georgsmarienhütte und den VfL Osnabrück am Ball, ist mit acht Treffern aktuell bester Schütze des SVR. In den vergangenen Tagen, erzählt Lichtsinn belustigt, „haben mich mehr Berater angerufen, um ihre Spieler unterzubringen, als davor in meinem ganzen Leben.“ Er will aber weiter auf Talente setzen, die in der Region beheimatet sind. Zehn Zugänge stehen fest, unter ihnen der von Bundesliga-Absteiger Arminia Bielefeld wechselnde Haller Adrian Wanner. Auch er möchte dabei sein, wenn die Bundesliga nach Rödinghausen kommt. Daniel Lichtsinn bleibt derweil ganz Realist: „In dieser Spitzenliga den Klassenerhalt zu schaffen, wäre eine noch größere Leistung als der Aufstieg.“


Zur Person

Daniel Lichtsinn wurde am 20. Juli 1986 in Bielefeld geboren. Er wuchs in Steinhagen auf und lebt inzwischen in Jöllenbeck. Beruflich ist er bei der Kreissparkasse Halle als Kaufmann für Versicherungen und Finanzen tätig. Lichtsinn begann als Zehnjähriger in Amshausen mit dem Fußballspielen. Beim TSV liegt sein Spielerpass auch heute noch, gespielt hat er aber seit Jahren nicht mehr. Seine Trainertätigkeit begann er 2001. Zunächst coachte Lichtsinn Jugendmannschaften des TSV, ehe er 2011 zum VfL Theesen wechselte. Dort trainierte er zwei Jahre lang die U 15 und ein weiteres Jahr die U 17. Zur Saison 2014/15 übernahm Lichtsinn die A-Junioren des SV Rödinghausen.

Aufrufe: 017.5.2018, 10:00 Uhr
Philipp Kreutzer / FuPaAutor