2024-05-02T16:12:49.858Z

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Gerhard Hansen ist seit vier Jahren der Vorsitzende des SV Morschenich. Foto: Sandra Kinkel
Gerhard Hansen ist seit vier Jahren der Vorsitzende des SV Morschenich. Foto: Sandra Kinkel
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Wehmut, aber auch Aufbruchstimmung

In Morschenich findet noch bis Sonntag die letzte Sportwoche statt – auch der Fußballverein muss dem Braunkohletagebau weichen

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„Es tut sehr weh zu sehen, wie in der alten Heimat alles verfällt.“ Gerhard Hansen ist 71 Jahre alt und seit vier Jahren Vorsitzender des SV Morschenich. Noch bis Sonntag lädt der Sportverein, der vor 92 Jahren gegründet wurde, zu seiner traditionellen Sportwoche ein – der letzten in dem Ortsteil von Merzenich, der demnächst dem Braunkohletagebau zum Opfer fallen wird.

„Ich bin vor 47 Jahren nach Morschenich gezogen“, sagt Gerhard Hansen. „Und so lange gibt es die Sportwoche mindestens schon. Das ist eine Tradition, die nicht untergehen darf.“ Auch deswegen hat Hansen sich vor vier Jahren zum Vorsitzenden des SV Morschenich wählen lassen. „Natürlich wussten wir damals schon, dass im alten Morschenich bald Schluss sein würde. Es wurde jemand gesucht, der sich auch um die Umsiedlung des Vereins kümmert. Ich wollte den Klub einfach nicht vor die Hunde gehenlassen.“ Hansen ist schon vor anderthalb Jahren nach Morschenich-Neu gezogen. Er hofft, dass zumindest der neue Sportplatz dort rechtzeitig für die Sportwoche 2018 fertig wird. „Die Bauarbeiten sollen im Herbst beginnen. Ich wünsche mir, dass wir im nächsten Jahr zur Sportwoche nach Morschenich-Neu einladen können.“

Die Sportwoche war für den Verein immer eine wichtige Einnahmequelle. „Mit dem Geld haben wir zu einem großen Teil den Spielbetrieb unserer ersten Mannschaft in der Kreisliga C finanzieren können“, sagt der Vereinsvorsitzende. Gleichwohl befürchtet Hansen, dass das Zuschauerinteresse in diesem Jahr eher gering sein wird. „Die meisten Morschenicher sind schon umgezogen und scheuen den Weg zurück ins alte Dorf. Ich würde auch nicht mehr zurückkommen, wenn es den Fußballverein nicht geben würde. Es ist einfach sehr trostlos.“ Vandalismus rund um das Sportgelände sei ein großes Problem. Hansen: „Es vergeht kaum eine Woche, in der die Tornetze nicht zerschnitten werden.“

In Eigenleistung gebaut

Erst kürzlich sei ins Sportheim eingebrochen worden. „Manche Leute entsorgen auch einfach ihren Müll auf dem Fußballplatz. Es ist wirklich schlimm.“ Auch deshalb, weil unzählige Helfer Sportheim und Fußballplatz vor 70 Jahren in Eigenleistung aufgebaut und seitdem gepflegt haben. Hansen überlegt kurz und sagt dann: „Der Sportverein befindet sich derzeit auf einer Eisscholle. So fühlt sich das jedenfalls an. Unsere Mannschaft hat ja auch keine Heimspiele mehr, obwohl wir auf unserer eigenen Anlage spielen. Wir wohnen nicht mehr hier, und ich rechne nicht damit, dass viele Morschenicher zur Sportwoche kommen und uns anfeuern.“

Trotzdem wollen Hansen und seine Mitstreiter alles dafür tun, dass die letzte Sportwoche eine erfolgreiche Veranstaltung wird. Es gibt ein Angebot für Kinder und zum ersten Mal überhaupt einen Mitsingabend. Täglich fährt zudem ein Shuttle-Bus vom neuen ins alte Morschenich und wieder zurück. Die Sportwoche ein Jahr ausfallen zu lassen, war für Gerhard Hansen keine Option. „Wer weiß, ob dann nicht für immer Schluss gewesen wäre“, sagt er. „Wir müssen die Durststrecke überwinden. Und vielleicht ist es ja sogar so, dass der Mitsingabend viele Menschen anlockt, und wir darauf im nächsten Jahr aufbauen können. Dann fällt uns der Neustart nicht ganz so schwer.“

Aufrufe: 024.7.2017, 07:00 Uhr
Sandra Kinkel | AZ/ANAutor