2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Überschwänglicher Jubel: Nach mehreren Jahren der Abstinenz ist Heldenfingen/Heuchlingen zurück in der Bezirksliga. Oliver Vogel
Überschwänglicher Jubel: Nach mehreren Jahren der Abstinenz ist Heldenfingen/Heuchlingen zurück in der Bezirksliga. Oliver Vogel
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Heldenfingen/Heuchlingen: nach kurioser Saison doch noch Meister

Kreisliga A3 Ostwürttemberg

Nein, bis zum Schluss der Aufstiegsfeier ist er nicht geblieben, verrät Daniel Mack. Schließlich gehöre er mit 37 Jahren zur alten Garde.

Daher überließ der Coach der SG Heldenfingen/Heuchlingen den jungen Wilden die Party-Bühne. „Als Trainer feiert man eine Meisterschaft auch anders“, sagt Mack, der bereits mit dem FV Sontheim zweimal Meister wurde (und zweimal Pokalsieger). Als Spieler. Wobei, auch in der abgelaufenen Saison fungierte Mack als Spielertrainer bei der SG, kam hier immerhin zu sechs Einsätzen und einem Tor.

Diesen Titel habe er aber als Trainer geholt – und er ist die Krönung einer Erfolgsgeschichte wie aus einem Märchenbuch für Fußballer. Im Winter 2018 nämlich war die SG Heldenfingen/Heuchlingen Tabellenvorletzter und damit ein Abstiegskandidat. Mack übernahm für den aus beruflichen Gründen zurückgetretenen Robert Bäumel und führte die SG in eineinhalb Jahren an die Spitze.

Mack selbst hört das nicht gerne. Rummel um seine Person, soweit man von Rummel in den Amateurklassen überhaupt reden kann, geht er gerne aus dem Weg. Es ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, dass Heldenfingen/Heuchlingen unter ihrem neuen Antreiber bereits in der Rückrunde der Vorsaison auf sich aufmerksam machte – und an deren Ende einen respektablen zehnten Platz belegte.

Reicht? Gibt’s nicht in der Mackschen Welt. Daher wurden in der Sommerpause hochkarätige Spieler verpflichtet. Von den Bezirksligisten Langenau und Neresheim kamen Markus Gassner und Manuel Illenberger. Zudem kehrte Giorgio Genova vom Kreisliga-A-Meister AC Milan Heidenheim zurück. Nun wird es Stimmen geben, die sagen: Kein Wunder, dass sie Meister geworden sind. Bei den Neuzugängen! So wurde die SG bei der HZ-Umfrage vor der Saison von den befragten Vereinsvertretern am häufigsten als Favorit genannt.

Zum Teil kann man es nachvollziehen. So steuerte Genova bislang 14 Torvorlagen bei. Gassner kommt auf 16 Tore, Illenberger gar auf 27, die zweitmeisten hinter Patrick Mair vom Vizemeister SC Hermaringen (33).

Überrascht von der Kreisliga

So oft hat Illenberger noch nie in seiner Karriere getroffen. Und das, obwohl er von der Qualität der Kreisliga überrascht gewesen sei. Der 25-Jährige hat nämlich bislang nur höherklassig gespielt, in Dorfmerkingen (Landesliga), bei der U 23 des VfR Aalen (Verbandsliga) und wieder in Dorfmerkingen. Nun ging’s für Illenberger also in die „Niederungen“ des Fußballs, die er allerdings zu schätzen gelernt hat. „Hier gibt es echt gute Kicker“, sagt der Stürmer, der bei der Firma Ziegler als Area Manager (eine Art Bereichsleiter) für Europa zuständig ist.

Aus beruflichen Gründen wollte Illenberger mit dem Fußball kürzertreten, da er unter anderem auch eine Weiterbildung zum Wirtschaftsfachwirt macht. Arbeit in Giengen, Wohnung in Ulm. Da wurden die Macher der Spielgemeinschaft Heldenfingen/Heuchlingen auf Illenberger aufmerksam und warben damit, dass er auf dem Heimweg quasi auf dem Fußballplatz Halt machen könne. Der Plan ging auf, auch für die kommende Saison hat Illenberger zugesagt.

Es lief also wie geschmiert beim neuen Meister. Oder etwa doch nicht? Illenberger weist jedenfalls auf die Verletzungsmisere bei der SG hin und nennt zunächst einen Namen: Harald Lotter. Der Kapitän, der in der vergangenen Spielzeit 21 Tore (bei zehn Vorlagen) erzielt hatte, verletzte sich in der Hinrunde der aktuellen Saison und fiel für fünf Partien aus.

Dabei blieb es allerdings nicht. Stefan Usenbenz riss sich in der Hinrunde die Bänder in der Schulter, Torhüter Christian Bretz erlitt gar einen Kreuzbandriss, Paul Hiller brach sich im Training ohne gegnerische Einwirkung das Wadenbein und Michael Grüner fiel die letzten Wochen aufgrund eines Zehenbruchs aus. Doch dies reichte nicht. Zu allem Überfluss erlitt der zweite Torwart Manuel Bosch vor Ostern einen Bänderriss.

„So eine kuriose Saison, mit den vielen Ausfällen, habe ich noch nie erlebt. Es kam immer etwas Neues dazu“, sagt Trainer Mack. Allerdings habe sich sein Team auf die jeweilige Situation immer wieder gut eingestellt. „Wir sind richtig gut zusammengewachsen“, lobt Mack.

Angehender Doktorand im Tor

So kehrte Benjamin Häberle, der eigentlich momentan an seiner Doktorarbeit schreibt, für vier Spiele ins SG-Tor zurück. „Sein Pass war schließlich noch da“, sagt Mack. Anschließend schlug die Stunde von Torwart-Trainer Alexander Junginger, der es bislang immerhin auf drei Partien brachte.

Heldenfingen? Da war doch was? Stimmt. Kurz vor Weihnachten randalierten Unbekannte auf dem Platz des SV Heldenfingen mit einem Auto und beschädigten den Rasen mutwillig. Die Täter sind bis heute nicht ausfindig gemacht worden. Allerdings habe auch dieser Rückschlag das Team und den Verein enger zusammengeschweißt, sagt Mack.

Dennoch gab es eine kurze Phase, in der die SG gewankt hat. Mitte Mai gab es eine überraschende Niederlage beim damaligen Tabellenletzten TKSV Giengen. Danach habe man bei der SG sehr wohl etwas gezittert, räumt Trainer Mack ein, dass sein Team nervös in die anschließende Partie gegen Steinheim gegangen sei. Doch das Spitzenspiel entschied Heldenfingen/Heuchlingen für sich, es war die Vorentscheidung im Titelrennen.

Vorher hatte Mack sein Team noch einmal eingeschworen. Hiller brach sich nämlich sein Wadenbein in der Woche vor dem Steinheimspiel. Er müsse schon gestehen, dass Hiller eine Art Lieblingsspieler von ihm sei, sagt Mack. „Paul gibt immer alles für die Mannschaft, spielt voller Leidenschaft und beschwert sich nie. Ich wollte, dass das Team ihm etwas zurückgibt. Es war schon ein ‚Jetzt erst recht‘!“, fügt der SG-Coach an.

Allzweckwaffe und Sprachrohr

Ein weiterer Schlüsselspieler war Michael Grüner. Gemeinhin werden Spieler wie er als „Allzweckwaffe“ bezeichnet. Eigentlich Mittelfeldspieler, wurde Grüner von Coach Mack auf die Innenverteidigerposition zurückgezogen. Nicht ungewöhnlich, wenn ein Spieler älter und damit langsamer wird. „Mit den Jahren habe ich keinen Qualitätsverlust erlitten“, betont Grüner allerdings und fügt an: „Ich bin auch schon früher langsam gewesen.“ Zack. Das sitzt. Auch wegen solcher Aussagen wird deutlich, warum der 30-Jährige so wichtig für die SG ist. „Ja, vielleicht bin ich schon so ein bisschen ein Sprachrohr“, räumt der selbstständige Schornsteinfeger ein.

Für ihn schließe sich nun der Kreis. Grüner lief für den SV Heldenfingen schon einmal in der Bezirksliga auf, das war in der Saison 2008/09. Anschließend ging es für ihn nach Neenstetten, 2017/18 folgte die Rückkehr. „Wir sind ein richtig toller Haufen“, sagt Grüner, der quasi mit Trainer Mack die Aufstiegsfeier am Sonntag gegen halb zwölf abends verließ. Schon, könnte man meinen. Die letzten Feierbiester sollen um drei Uhr heimgegangen sein.

Es blieb aber reichlich Zeit, um dem Meistercoach einige Bierduschen zu gönnen. „Immer wenn ich mal leicht getrocknet war, wurde ich schnell wieder nass“, so Mack. Als Trainer erlebt man eine Aufstiegsfeier eben wirklich anders.

Aufrufe: 01.6.2019, 08:17 Uhr
HZ / Edgar DeibertAutor