2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Patrick Schlüter. F: Bock
Patrick Schlüter. F: Bock

"Die Oberliga ist jetzt ein Thema für uns"

Grün-Weiß Brieselangs-Trainer Patrick Schlüter im FuPa Brandenburg-Interview

Neun Siege in zehn Spielen und noch immer ungeschlagen: Der Aufsteiger Grün-Weiß Brieselang setzt auch in der Brandenburgliga seine Erfolgsserie fort. Im ausführlichen FuPa Brandenburg-Interview bestätigt Trainer Patrick Schlüter, dass die Planungen inzwischen auch schon Richtung Oberliga gehen.

Herr Schlüter, haben Sie schon mit Ihrem sportlichen Leiter über das Thema Oberliga gesprochen?

Ja, wir haben schon miteinander gesprochen und uns erste Vorabinformationen geholt, welche Rahmenbedingungen zum Beispiel geschaffen werden müssen. Das ist zwar alles noch nicht spruchreif, aber ich hatte zum Verein gesagt, dass - wenn wir im November noch oben stehen - wir uns Gedanken machen müssen und uns rechtzeitig zusammensetzen. Deswegen ist jetzt die Oberliga ein Thema für uns, das müssen wir so realistisch betrachten. Wir haben zehn Partien hinter uns gebracht und einen Großteil der Liga gesehen. Da muss man klar sagen, dass wir die Möglichkeit haben in die Oberliga aufzusteigen. Deswegen ist es jetzt seit einer Woche ein Thema bei uns.

Wie sieht das konkret aus?

Wir haben erstmal ein Übergangsjahr und dürfen auf jeden Fall eine Saison auf unserem Kunstrasen spielen. Die Planung muss also eher in Richtung 2017 gehen. Da muss man sich Gedanken machen, was mit dem Kunstrasen passiert. Ich habe gehört, dass man auch drei oder vier Jahre auf Kunstrasen spielen könnte. Er wird wohl Jahr für Jahr abgenommen und darf nicht zu schlecht sein. Wenn die Qualität stimmt, sollte also auch nichts dagegen sprechen, vielleicht auch drei oder vier Jahre drauf zu spielen. Wir wollen aber trotz alledem einen tollen Rasenplatz haben, weil es einfach ein anderer Fußball ist und wir auch gerne auf Rasenplätzen spielen. Es ist nicht so, dass wir nur auf unserem Kunstrasen spielen wollen. Wir haben einfach keine anderen Möglichkeiten. Da muss man sich mit dem Verein und der Gemeinde zusammensetzen um zu schauen, was man machen kann.

Gibt es in der Hinsicht schon Überlegungen?

Ideen von mir, weil ich Brieselanger bin und mich mit dem Land etwas auskenne. Aber da wir noch nicht mit der Gemeinde zusammengesessen haben, sind es nur Gedanken. Es gibt noch ein paar Flächen, auch rings um den Sportplatz hin zur Karl-Marx-Straße und bis zur Schule. Da muss man sich mit dem Eigentümer zusammensetzen. Die Idee wäre also, das Gelände vielleicht noch etwas zu erweitern. Wir müssen es aber erstmal mit der Gemeinde abstecken und auch mit dem Verein um zu sehen, was wir überhaupt leisten können.

Eine Euphorie ist in Brieselang durchaus spürbar: In der vergangenen Saison kamen 50 oder 60 Zuschauer zu Heimspielen, gegen Neustadt waren es jetzt 180.

Ja, vom ersten Spieltag an gegen Neuruppin hatten wir immer etwa 150 oder 160 Zuschauer. Man merkt auch im Verein, dass etwas losgetreten wurde. Der Vorstand wurde bei den letzten Wahlen fast komplett ausgetauscht. Die Geschäftsführung wurde sogar komplett neu gewählt. Auch da merkt man, dass von hinten viel gearbeitet wird. Es gibt jetzt zum Beispiel Fanartikel und die Kiddies laufen mit unseren Trikots rum. Die Euphorie ist im Moment wirklich da und es geht ein kleiner Ruck durch den Verein. Das ist sicher auch dem geschuldet, dass die erste Mannschaft zurzeit erfolgreichen und attraktiven Fußball spielt. Die Nachwuchsmannschaften kommen gerne her und schauen sich die Jungs an und identifizieren sich damit - auch weil sich unsere Spieler endlich ein Stück weit mit dem Verein identifizieren. Man hat häufig diese zusammengekaufte Söldnertruppe, die nichts damit zu tun haben wollen. Aber wenn ich jetzt gleich ins Vereinsheim gehe, sitzen wieder 15 oder 16 Jungs von uns und schauen zusammen Bundesliga. Es ist so, wie man es sich eigentlich wünscht: erfolgreich und trotzdem familiär. Das macht uns gerade stark.

Trotzdem kann man das Thema Geld nicht Außen vor lassen.

Keine Frage. Wir haben das Glück, mehrere Sponsoren zu haben. Einen ganz großen, aber uns unterstützen im Moment auch viele weitere Leute. Und du würdest auch nicht Brandenburgliga spielen, wenn du diese Geldgeber nicht hättest. Ich glaube, dass in der Brandenburgliga ein Stück weit bei allen Geld fließt. Bei uns wird es nach Außen immer so krass dargestellt, obwohl niemand weiß, was überhaupt ein Spieler verdient. Ich höre immer Summen von 800, 900 oder 1000 Euro. Da ich aber selbst die Abrechnung mache, weiß ich, dass das ganz sicher nicht der Fall ist. Ich habe im Sommer drei oder vier Spieler nicht bekommen, weil sie gesagt haben, dass sie bei anderen Vereinen in der Brandenburgliga deutlich mehr Geld verdienen können als bei uns. Von daher ist Geld ein Thema, da machen wir auch gar kein Geheimnis draus. Wir gehen auch offen damit um, dass wir unseren Leuten etwas bezahlen. Aber es hält sich immer noch im Rahmen. Und vielleicht ist einfach der Unterschied, dass bei uns so ziemlich jeder etwas bekommt und nicht nur 5 und die anderen schauen in die Röhre. Wir haben 27 Mann im Kader und jeder kann tatsächlich Geld verdienen. Das hat auch etwas mit Leistung zu tun über Siegprämien oder Trainingsgeld. Aber es gibt keinen der sagt, ich bekomme nur einen Trainingsanzug. Das ist vielleicht genau der Unterschied, warum auch die Stimmung in der Mannschaft gut ist.

Wie bekommt man dann trotzdem die Verbundenheit mit dem Verein hin, wenn alle wegen des Geldes spielen?

Die Verbundenheit kommt daher, dass wir mit Tarik Wenzel und Yavuz Cakmak Leute aus Falkensee hier haben. Die fahren sechs Kilometer, für sie ist es quasi Heimat. Mit Lenny Stein, Charlie Graf, der von Cottbus zurückgekommen ist, und Jess Gastene haben wir Brieselanger, die Stammspieler und Leistungsträger sind. Unseren Torhüter Eike Doht kannte ich vorher garnicht. Er hat eine Freundin in Brieselang und zieht vielleicht sogar bald hierher. Robert Mrohs ist Brieselanger. Alex Greinert aus Spandau ist der beste Kumpel von Lenny Stein. So wächst es alles Stück für Stück zusammen. Natürlich gibt es auch Spieler wie unsere beiden Ukrainer, wo man merkt, dass die Verbundenheit noch nicht da ist. Aber es wäre auch vermessen zu sagen, dass alle 27 Spieler diesen Verein lieben.

Die beiden Ukrainer haben gegen Neustadt nur auf der Bank gesessen und trotzdem hat man spielerisch auch nach der Einwechslung keinen großen Unterschied gemerkt. Wurden sie schon perspektivisch für die Oberliga verpflichtet?

Die Frage ist, was sie machen wollen. Wir sind in diese Situation nur so reingerutscht, weil uns der Spielerberater sie empfohlen hat. Wir haben sie nicht gesucht. Wenn sie da bleiben würden, haben sie auf jeden Fall Oberliga-Niveau. Aber man muss auch klar sagen, dass wir gegen Neustadt ohne die beiden besser gespielt haben. Sie sind noch nicht angekommen in Deutschland und spielen noch nicht den Fußball, den ich gerne sehen würde. Ihr Spiel ist viel auf Dribblings und Einzelaktionen ausgelegt, weil sie sicher bei Dynamo Kiew auch anders gespielt haben. Sie brauchen bestimmt noch bis zum Winter, um hier reinzukommen. Dann wäre es natürlich schön, wenn sie bleiben und uns auch in der nächsten Saison enorm verstärken würden.

Inzwischen ist es also auch schon so, dass Berater bei euch anklopfen?

Ja, ganz viele. Der Pole Filip Marciniak, der aus Oeynhausen zu uns kam, hat in Deutschland gespielt und ist zu seiner Mutter nach Berlin gezogen. Da hat sich der Berater hier gemeldet und gefragt, ob wir ihn haben wollen. Niklas Jordanov und Rico Liedtke, alles Jungs mit Ober- und sogar Regionalligaerfahrung, haben natürlich Berater und melden sich hier. Man hört schließlich positive Sachen über uns: Geld ist die eine Geschichte, aber hier wird auch attraktiver Fußbll gespielt. Das passt alles zuammenen zurzeit.

Mittlerweile gibt es genügend Beispiele für Vereine, die mit Geld künstlich nach oben gepusht wurden und mit dem Wegfall der Geldgeber in der Versenkung verschwunden sind. Wie sieht es in Brieselang aus: Ist der Aufschwung ein kurzfristiges Projekt oder wird etwas langfristig mit Substanz aufgebaut?

Der Vorstand arbeitet akribisch daran, dass etwas mit Substanz aufgebaut wird. Es soll nicht so sein, dass wir mal ein Jahr Oberliga spielen und dann ein Geldgeber weggeht und alles zusammenbricht. Wir wollen schon versuchen, in der Region Oberliga-Fußball über mehrere Jahre anzubieten. Das muss das Ziel sein. Darüber steigerst du die Nachwuchsarbeit und es kommen vielleicht auch Talente aus Nauen oder Falkensee hierher, weil sie wissen, dass es die Möglichkeit gibt, im Anschluss in den Oberliga-Kader zu rutschen. Das ist der Plan. Wir wollen uns nicht nur ein oder zwei Jahre freuen. Das wirst du nicht nur mit den paar Bandenwerbungen hinbekommen, da muss natürlich schon mehr passieren. Aber der Sache sind sich alle bewusst und genau deswegen fangen wir auch schon im November an, uns Gedanken zu machen.

Mit Brieselangs Trainer Patrick Schlüter sprach Sven Bock.

Aufrufe: 04.11.2015, 09:30 Uhr
Sven BockAutor