Die schnelle Anpassung an Liga und Mannschaftssport erscheint umso erstaunlicher, wenn man die Vorgeschichte des 19-Jährigen kennt. Seiner größten Leidenschaft konnte Abubakar nie auf Wettkampfebene nachgehen. Der Grund: Die Terrormiliz Boko Haram hält seine westafrikanische Heimat in Atem und setzt das Recht der Scharia gewaltsam durch. Sportliche Betätigung wie Fußball wird dabei abgelehnt. Gerade mal sechs Jahre konnte Abubakar die Schule besuchen und musste überdies schon in jungen Jahren als einziger Sohn für das Wohl der Familie arbeiten. Nachdem sein Vater von Boko Haram getötet worden war, flüchtete er vor etwa einem Jahr vor seiner Zwangsrekrutierung für die Terrormiliz über die Mittelmeer-Route nach Europa.
Muhammed Abubakar spricht erst wenige Brocken deutsch, sein Englisch ist gebrochen. Die biografischen Eckdaten haben sie im Sportverein nach und nach erfahren. Der 19-Jährige, der Mutter und Schwester in Nigeria zurücklassen musste, lebte in der Flüchtlingsunterkunft der Familie Haselmeier in Gößweinstein, als er mit anderen Asylsuchenden ein wenig Abwechslung beim Bolzen suchte. Eher zufällig entdeckte so der Verein um Spielertrainer Florian Wehrfritz einen technisch versierten Ballkünstler. Abubakar versuchte sich gerne als Trainingsgast - und blieb die gesamte Sommervorbereitung. "Er hat sich von Anfang an aufgeschlossen gezeigt und sich gut in die Truppe eingefügt", erinnert sich Wehrfritz. Die Einsatzfreude des Neuzugangs imponierte ebenfalls. Im August 2015 erledigten die Gößweinsteiner die Formalitäten, um eine Spielgenehmigung zu erreichen. In der Asylunterkunft halfen ein Zimmergenosse und Hausherr Haselmeier bei der Verständigung. Nach einer sechswöchigen Wartefrist wurde der Passantrag für anerkannte Flüchtlinge im Oktober genehmigt. "Der Fußball gibt mir Kraft und Selbstvertrauen", sagt Abubakar, der für Bayern München und Borussia Dortmund schwärmt. Wichtiger noch als der Fußball ist dem Jugendlichen seine berufliche Perspektive. Der Wunsch: Eine Ausbildung zum Fliesenleger. "Ich fühle mich hier wohl und bin dankbar für die Gastfreundschaft", betont Abubakar.
Wie lernfähig der Nigerianer ist, konnten vor allem seine Mannschaftskollegen auf dem Platz und in der Kabine miterleben. Die Umsetzung von taktischen Vorgaben gerät sehr ordentlich, dafür, dass die Anweisungen aufgrund der Sprachbarriere lediglich auf einer Tafel oder per Zeichensprache erfolgen. Notfalls greifen die Zuschauer mit ein: "links, der Abu."