2024-05-10T08:19:16.237Z

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Abschied: Herrenfußball beim SV Erlenbach wird es so schnell nicht mehr geben.
Abschied: Herrenfußball beim SV Erlenbach wird es so schnell nicht mehr geben. – Foto: Hans Will

Super-GAU: Erlenbach meldet Mannschaft ab

Vor zwei Jahren noch Bayernligist, verschwindet der Verein nun von der fußballerischen Landkarte

Der SV Erlenbach hat seine erste Mannschaft vom Spielbetrieb zurückgezogen. Nach zwei Abstiegen in Folge hat die Vereinsführung die Reißleine gezogen. In der unterfränkischen Bezirksliga West stand das Team vom Main mit nur einem Punkt am Tabellenende. Nachdem bereits vor zwei Jahren die zweite Riege abgemeldet worden war, haben die Erlenbacher nun keine Herren-Mannschaft mehr im Spielbetrieb. Die Begründung der Klubführung lautet: "Kein Erfolg mehr um jeden Preis. Die Jugend rückt wieder in den Vordergrund. Der SV Erlenbach stellt sich auf neue Beine."
Ausgerechnet im Jahr des 100-jährigen Bestehend, der SV Erlenbach/Main ist 1919 gegründet worden, muss die Vereinsführung nun diese unpopuläre Maßnahme treffen. Bereits Mitte November hatte es eine außerordentliche Mitgliederversammlung gegeben, wo das Thema Rückzug der ersten Herren-Mannschaft vom Spielbetrieb Bezirksliga West in Unterfranken im Mittelpunkt stand. Doch da gab es keine Mehrheit für einen Rückzug. Doch keine zwei Wochen später, es wurde immer schwieriger eine Mannschaft zu stellen, musste die Vorstandschaft beim Bayerischen Fußball-Verband (BFV) die Abmeldung vollziehen. Damit gibt es nun kein Herrenteam mehr im Spielbetrieb. Die Jugendarbeit, eine frühere Domäne des Vereins, soll wieder in den Mittelpunkt der Vereinsarbeit rücken und dem "bezahlten Amateurfußball bis hin in die untersten Spielklassen" eine klare Absage erteilt werden. Der Verein macht auch kein Hehl daraus, dass der regionale Spitzenfußball, den man den Zuschauern und Spielern in den letzten vier Jahrzehnten bieten konnte, den Verein zumindest in den letzten Jahren finanziell gefordert und personell überfordert hat.

Anfang der 2000er Jahre pendelte der SV Erlenbach/Main zwischen Bezirksoberliga Unterfranken und der damaligen Landesliga Nord hin und her. 2012 bei der Ligareform im BFV waren die Erlenbacher Gründungsmitglied der neu eingeführten Landesliga Nordwest und wurden dort 2013 auf Anhieb Meister. Der Aufstieg in die Bayernliga Nord war der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte. Dort hielt sich der Klub fünf Jahre mit den Platzierungen zehn, 14, 15, 16 und 17. 2018 folgte in der Relegation der Abstieg in die Landesliga Nordwest mit den beiden Niederlagen 0:1 und 0:5 gegen den 1. FC Sand. In der Landesliga musste der SVE am Ende erneut in die Abstiegs-Relegation. Dort gewannen die Unterfranken zwar das Hinspiel beim Baiersdorfer SV mit 1:0, mussten sich aber daheim mit 0:2 geschlagen geben und so stand der zweite Abstieg in Folge fest. Zahlreiche Spieler verließen den Verein, es konnte keine konkurrenzfähige Mannschaft für die Bezirksliga auf die Beine gestellt werden. Ein freiwilliger Rückzug in die Kreisliga oder Kreisklasse wäre sicher besser gewesen.

In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 15. November hatten die Mitglieder des SV Erlenbach zunächst beschlossen, die erste Mannschaft nicht vom Spielbetrieb zurückzuziehen. In der Mitgliederversammlung hatten Teile der Mannschaft erklärt, die laufende Saison ordentlich zu Ende spielen zu wollen, entsprechend war die Abstimmung zu Gunsten des Fortbestandes der ersten Mannschaft ausgefallen. Nur wenige Tage später hätte zum Auswärtsspiel In Uettingen doch wieder nur knapp eine Mannschaft aufs Feld geschickt werden können. Daher haben die Vereinsverantwortlichen am Freitagabend einstimmig beschlossen, die aktive Mannschaft vom Spielbetrieb abzumelden. "Wir sehen keinen Sinn darin, zwanghaft einem Fortbestehen der aktiven Mannschaft hinterher zu hetzen, dem alle vorhandenen finanziellen und personellen Mittel untergeordnet werden und alles andere außen vor bleibt. Wir wollen diese Mittel bewusst wieder auf die Jugendarbeit konzentrieren. Jedes Kind muss künftig wieder in jeder Altersstufe die Möglichkeit haben, beim SVE Fußball spielen zu können", so Erich Czermin. Auch die gut funktionierende Gymnastikabteilung, die Damenmannschaft und die Alte-Herren-Mannschaft bleiben selbstverständlich weiter erhalten.

Die herausragenden sportlichen Erfolge hatten allerdings auch ihren Preis. So wurden die finanziellen Herausforderungen deutlich höher, das wirtschaftliche Umfeld am bayerischen Untermain ist aber nicht im gleichen Maße mitgewachsen, was auch die Handballer vom TV Großwallstadt leider spüren mussten. Auch im personellen Bereich wurden die Möglichkeiten immer eingeschränkter und entsprechender Nachwuchs konnte nicht immer gefunden werden. Somit wuchs die Arbeitsbelastung für die noch aktiven Verantwortlichen stetig an und überschritt in den letzten Jahren die Belastungsgrenze deutlich. Als Konsequenz mussten in den letzten Jahren Jugendmannschaften vom Spielbetrieb abgemeldet werden, ebenso die zweite Mannschaft des Vereins. Begleitet wurde dies von gravierenden Veränderungen im Amateurfußball, die in vergleichbar ausgeprägter Weise viele Vereine treffen. Eine allgemeine Trendwende ist nicht absehbar. Somit stellte sich die Sinnfrage für den Verein: Weiter wie bisher, oder eine bewusste Entscheidung für einen neuen Weg?

100 Jahre nach Vereinsgründung ist nach Meinung der Vereinsverantwortlichen der richtige Zeitpunkt gekommen, um eine selbstbewusste und wohlüberlegte Entscheidung zu treffen, wohin der Weg des Vereins ab 2020 führen soll. Der Idee der Gründungsväter 1919 war es, der Jugend im eigenen Wohnort einen Freiluftsport anzubieten und sich im freundlichen Wettstreit mit Gleichgesinnten zu messen. Also kann es nach übereinstimmender Meinung nur einen Weg geben: zurück zum authentischen Fußball und volle Konzentration auf die Jugend. Diesen Schritt haben die Verantwortlichen um den ersten Vorsitzenden Erich Czernin nun leider vollziehen müssen. Der SV Erlenbach/Main ist damit (vorerst) von der Fußballlandkarte Bayerns verschwunden.
Aufrufe: 02.12.2019, 13:07 Uhr
Dirk Meier Autor