2024-05-08T14:46:11.570Z

Querpass
Zwei Freunde, ein Trainerteam: Daniel Haas (links) und Michael Häb (Mitte)
Zwei Freunde, ein Trainerteam: Daniel Haas (links) und Michael Häb (Mitte) – Foto: Maximilian Wirkus

Der große Kampf gegen die Langeweile

Rheinlandliga: So sieht es derzeit bei der SG Ellscheid aus. Was die Trainer nervt, was sie motiviert, und was sie zu einer möglichen Saisonfortsetzung sagen.

Rückkehrer Michael Häb und Daniel Haas sind im Sommer als Trainergespann bei Fußball-Rheinlandligist SG Ellscheid eingestiegen. Der Start verlief schleppend. Und als das umformierte Team ans Laufen kam, folgte die aktuell noch andauernde Corona-Zwangspause. Trotz vieler Ideen sehen sich die beiden Trainer derzeit in einer sehr schwierigen Situation.

Gerade als sie auf Touren kamen, wurde die Saison in der Rheinlandliga Ende Oktober unterbrochen. Ihre Spieler würden zwar weiterhin für den Fußball brennen, allerdings sei die aktuelle Situation auch für sie als Trainer eine Gratwanderung, lassen die im Sommer als gleichberechtigtes Duo vom Eifeler A-Ligisten SV Neunkirchen-Steinborn verpflichteten Michael Häb und Daniel Haas durchblicken.

Existenzen stünden während der Corona-Krise auf dem Spiel, und so mancher Aktive müsse sich zum Beispiel mit Fernunterricht oder gar einem Jobverlust völlig neuen Herausforderungen stellen. „Wir sind als Trainer sehr gefordert und müssen erkennen, wann ein Spieler in Ruhe gelassen werden will. Wieder andere suchen das tägliche Telefonat. Fest steht, dass es aktuell Wichtigeres als Fußball gibt“, beschreibt Häb die Situation.

Dem 45-jährigen Familienvater, dessen befreundeter Trainerkollege Haas einst auch sein Trauzeuge war, fallen die aktuellen Kontaktbeschränkungen und Videokonferenzen schwer. Schließlich sieht er sich normalerweise als Motivator und emotionaler Mensch, der direkt auf seine Spieler zugeht und die Nähe sucht. Kollege Haas dagegen ist schwerpunktmäßig für den taktischen Bereich zuständig. Geplante Mannschaftsabende konnten wegen der Corona-Einschränkungen nicht stattfinden und so wurde das Zusammenwachsen und Kennenlernen der Mannschaft und des Trainerteams erschwert.

Das Auftaktspiel konnten die Vereinigten aus Ellscheid, Strohn, Gillenfeld, Udler und Steiningen noch als Erfolg verbuchen, entführten sie Anfang September doch einen Punkt beim ambitionierten Ahrweiler BC (1:1). Im Bad Neuenahrer Apollinarisstadion kamen die Gäste aus dem Staunen nicht mehr heraus: Nach der Ankunft sei man „fast in Ehrfurcht erstarrt“, als der Blick auf die bestens ausstaffierten Trainingsplätze und die komfortable Haupttribüne fiel. Als dann noch vor Spielbeginn die Vereinshymne ertönte und der Ball wie in der Bundesliga professionell auf einem Sockel bereitlag, hatten sich die beiden neuen Ellscheider Trainer kneifen müssen. Häb gesteht: „Dort gab es sogar einen Fanartikelverkauf. Ich war von dem Gesamtpaket so beeindruckt, dass ich Fotos machte und stolz an meine Familie und meine alten Kollegen in Neunkirchen und Steinborn sendete.“ Laut Häb habe das runderneuerte Alfbachtaler Team zunächst „die Hosen voll gehabt“. Die Nervosität legte sich aber, und Brian Huang sorgte mit seinem späten Ausgleichstreffer für Jubel und eine angenehme Rückfahrt.

In den weiteren fünf Partien gab es aber vier Niederlagen und nur einen weiteren Zähler (beim 1:1 gegen den FC Bitburg). „Wir hatten im Sommer einen unfassbaren Umbruch und zum Teil über die Hälfte der Mannschaft ausgetauscht. Es war klar, dass wir Zeit zum Einspielen brauchen, doch am Ende haben wir uns gefunden“, stellt Haas fest. Gerade die Abgänge von Thomas Schweisel, Markus Boos und Tim Neumann schmerzten sehr, wie Häb betont: „Markus war ein unberechenbarer Torgarant, dessen Kaltschnäuzigkeit uns fehlt. Tim ist für mich einer der besten Sechser im ganzen Kreis.“

Am siebten Spieltag reichte es daheim gegen die SG Neitersen/Altenkirchen dank eines Treffers von Kai Gayer in der Nachspielzeit immerhin noch zu einem 1:1. Der erste Saisonsieg folgte am 18. Oktober – und das ausgerechnet bei einem Vertreter aus der Spitzengruppe. Bei der SG Mendig/Bell ließ man sich auch durch einen 0:1-Rückstand nicht aus der Ruhe bringen. Lorenzo Nebeler und – mal wieder kurz vor Schluss – Gayer sorgten für den überraschenden Erfolg in der Fremde.

Welches Potenzial im aktuell mit sieben Punkten aus neun Spielen auf Tabellenplatz 17 rangierenden Team steckt, zeigte auch das 1:1 am letzten Spieltag vor der Corona-Zwangspause gegen den TuS Kirchberg. „Den Punkt hatten wir uns verdient. Mich macht stolz, dass wir nur gegen Andernach und Tarforst (jeweils gab es 0:3-Niederlagen, d. Red.) auf verlorenem Posten standen. Ansonsten haben wir immer mitgespielt und uns gut verkauft“, ist Häb trotz der mageren Punktausbeute zufrieden mit dem Auftreten seines Teams.

Mit fünf Punkten aus den letzten drei Spielen im Rücken sah man sich im Aufwind und gut gerüstet für die ursprünglich für Anfang November geplanten Duelle mit direkten Abstiegskonkurrenten wie Montabaur und Windhagen. Sollte es in dieser Saison noch weitergehen können, bleibt der Klassenerhalt das große Ziel. „Wir waren gut drauf und hätten gerne in Montabaur gepunktet“, sagt Häb, der sich bei seinem neuen alten Verein „richtig wohlfühlt“. Durch seine Rückkehr zu seinem Heimatverein sei ein Traum in Erfüllung gegangen: „Als Steininger das hiesige Aushängeschild trainieren zu dürfen, ist ein Highlight.“ Besonders stolz mache ihn, wenn sein Vater und Bruder an der Außenlinie anwesend seien.

Kapitän Christoph Gräfen bewertet die Umstrukturierungen auf der Trainerposition – Niklas Wagner hatte sich im Sommer nach sieben Jahren Richtung Mitte-Bezirksligist SG Vordereifel Müllenbach verabschiedet – positiv: „Die beiden neuen Trainer haben für frischen Wind gesorgt, der unserer jungen und unerfahrenen Mannschaft guttut. Team und Trainer können sich noch entwickeln, was man in den letzten Spielen vor der Pause bereits erkennen konnte.“

Woran es hapert, weiß Haas nur allzu genau: „Unser Schwachpunkt war bislang die Offensive, da wir zu Beginn den Schwerpunkt erst mal auf eine kompakte Defensive gelegt hatten. Vorne müssen wir besser werden und an der Chancenverwertung arbeiten.“

Die (Online-)Trainingsarbeit sei nur im Januar eingestellt worden - ansonsten stehen Zoom-Einheiten und Individualtraining in Zeiten des verbotenen Mannschaftssports auf dem Programm. Um der Langeweile vorzubeugen, ließ sich Haas Videos von Individualeinheiten der Spieler zukommen und schnitt diese zu Motivationsfilmen zusammen: „Irgendwann wird aber auch das eintönig, da die Ungewissheit, wann es weitergeht, sehr demotivierend ist.“

Haas sieht die aktuelle Lage im Amateurfußball anders als etwa Verbandspräsident Walter Desch: Für ihn steht die Gesundheit im Vordergrund, und es ist aus seiner Sicht „nicht oberstes Ziel, den Ball wieder ans Laufen zu bringen“. Vielmehr sei die Situation schlecht einschätzbar. Der Fokus müsse auf dem Impfschutz liegen: „Es sterben täglich zu viele Menschen. Solange nicht alle geimpft sind, sollte man nur das Notwendigste machen, wozu ich nicht den Fußball zähle.“

Der Sprung aus der Kreisliga A vom SV Neunkirchen-Steinborn in die höchste Verbandsspielklasse zur SG Ellscheid sei ihm am Anfang noch schwer gefallen und er sei die ersten Wochen sehr mit den neuen Aufgaben beschäftigt gewesen, so Haas. An einen normalen Einstand war pandemiebedingt nicht zu denken. Dennoch sei ein Traum in Erfüllung gegangen, und sein Team habe sich an den schnelleren und taktischer geprägten Fußball gewöhnt. Während der (zu) kurzen Eingewöhnungsphase wurden zum Teil Spieler aus der B-Klasse integriert und die Abgänge aufgefangen. Für Haas wäre „es toll, im Sommer wieder ganz normal in eine Saison zu starten und diese auch komplett zu Ende zu spielen“. Seite an Seite mit seinem Kumpel Häb, mit dem ihn eine zehnjährige Freundschaft verbindet. Das Trainerduo wird über den Sommer hinaus im Alfbachtal wirken und kommt dabei ohne einen Vertrag aus, wie Häb erklärt: „Wir werden weitermachen und schauen von Jahr zu Jahr.“

Ein großer Unterscheid zur Kreisklasse bestehe darin, dass in der Winterpause noch nicht der komplette Kader der neuen Saison feststehe. Häb ergänzt: „Wir haben Spieler, die für ein Training mehrmals pro Woche 60 Kilometer Anfahrt auf sich nehmen. Dann ist klar, dass man nach dem Training nicht mehr locker beisammen sein kann, wenn noch solch eine Strecke ansteht.“

Unabhängig vom eigenen Tabellenstand fordert Häb so schnell wie möglich einen Saisonabbruch ohne Auf- und Absteiger, um Klarheit zu haben. Zudem gehe bei einer Fortsetzung nach rund sechs Monaten Unterbrechung der Zusammenhang zur bisherigen Saison verloren.

Als Winterabgänge stehen Philipp Grammlich (SV Fortuna Ulmen, B-Liga Eifel) und Florian Bros (SG Vulkaneifel Meerfeld, B-Liga Mosel) fest (TV berichtete). Laut Teammanager René Diederichs drängen zur neuen Spielzeit zahlreiche A-Junioren nach oben: Trainer-Sohn Luca, Noah Fuhrmann, Tom Hallebach, Jan Stolz, Jonas Heinzen und Jan Michels sollen gleich in den Kader der ersten Mannschaft aufgenommen werden. „Zudem führen wir mit vier weiteren A-Junioren noch Gespräche und sind an ein bis zwei externen Verstärkungen interessiert. Der Kader steht zu 90 Prozent“, sagt Diederich.

Ein solch großer Umbruch wie vor der Saison ist also im Sommer nicht mehr zu erwarten, zumal mit Julian Stolz und Moritz Engel zwei Langzeitverletzte zurückkommen.

Aufrufe: 013.2.2021, 14:30 Uhr
Vinzenz AntonAutor