2024-05-10T08:19:16.237Z

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Michael Prus (links) als Trainer von Eintracht Trier - mit seinem damaligen Assistenz-Coach Arno Michels.
Michael Prus (links) als Trainer von Eintracht Trier - mit seinem damaligen Assistenz-Coach Arno Michels.

Eine Entlassung als Glücksfall

Was macht eigentlich Michael Prus? Der Ex-Spieler und -Coach von Eintracht Trier steht dieser Tage vor seiner größten Herausforderung als Fußball-Trainer.

Druck im Profifußball – Per Mertesacker hat eine alte Debatte neu befeuert. Wie gut werden Nachwuchsspieler auf die Herausforderungen vorbereitet? Michael Prus (50) hat Antworten darauf. Als U-17-Nationaltrainer bestreitet er ab Freitag die EM in England.

Nachwuchsleistungszentren, in denen Fußball und Schule verzahnt werden. Psychologische Betreuung. Berater, die einem vieles abnehmen. All das gab es in den 1980er Jahren nicht, als sich der damalige Jugend-Nationalspieler Michael Prus anschickte, Profifußballer zu werden. „Seinerzeit war Fußball mehr Hobby als Pflicht. Wir haben zwei- bis dreimal pro Woche trainiert. Wenn Jugendspieler heute in ein Nachwuchsleistungszentrum gehen, ist der Mehraufwand alleine schon durch tägliches Training enorm. Heute schließen Talente oftmals schon in jungen Jahren Verträge ab – mit Beratern oder Vereinen. Das hat sich deutlich verändert. Da ist insgesamt mehr Druck auf dem Kessel als damals“, sagt Prus

Als 16- und 17-Jähriger hatte er Angebote abgelehnt. Erst mit 18 Jahren war er von seinem Heimatverein VfB Rheine zum FC Schalke gewechselt. „Heute wäre dieser Weg in den Profifußball wohl nicht mehr möglich. Der Sprung zu Schalke war dann extrem. Schalke war schon immer ein Verein, in dem mehr Theater herrschte als anderswo.“ Die Fans schlossen ihn in ihr Herz – „Magic“ Prus wurde geboren. Aber auch er wurde ausgebuht und beschimpft – mit Schalke stieg der Verteidiger 1988 aus der Bundesliga ab.

„Ich habe mich überwiegend auf Spiele und Einsätze gefreut. Aber es gab auch Phasen, in denen ich mir die Frage gestellt habe: ,Was passiert, wenn das jetzt nicht klappt?‘ Da muss man Wege finden, sich mehr mit den Chancen, die sich einem eröffnen, zu befassen. Heute ist das vielleicht einfacher, weil den psychologischen Gesichtspunkten in den Vereinen mehr Bedeutung beigemessen wird“, glaubt Prus.

Doch auch die Risiken sind größer. Profis sind heute gläserne Menschen und – begünstigt durch soziale Medien – zuweilen Freiwild. „Durch die sozialen Netzwerke ist eine neue Qualität entstanden, mit der man sich auseinandersetzen muss. Das ist nicht einfach zu handeln“, sagt Prus. Unterschiedliche Spielertypen müssten damit klarkommen: „Viele Spieler haben sich in der Kabine Rituale zurechtgelegt, um Nervosität in positive Energie umzuwandeln. Es gibt aber auch Spieler, die zu relaxt sind. Sie brauchen einen Push, um Spannung reinzubekommen.“

Zehn Jahre spielte Prus für Schalke. Dann wechselte er nach Meppen und schließlich 1998 zu Eintracht Trier, wo er 2003 seine Kariere als Spieler beendete. Nahtlos stieg er ins Trainergeschäft ein – über die A-Jugend des SVE stieg er zum Chefcoach der ersten Mannschat auf. Dort war in einer turbulenten Zeit nach dem Zweitliga-Abstieg bereits nach zwölf Spielen Schluss. „Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich die Entscheidung, das Amt zu übernehmen, vielleicht etwas voreilig getroffen hatte. Die Rahmenbedingungen haben nicht gepasst. Mit etwas mehr Erfahrung hätte ich das anders bewertet“, blickt Prus zurück. Für ihn war die Entlassung dennoch auch ein Glücksfall: „Dadurch kam ich dazu, meine Fußballlehrer-Ausbildung zu machen.“ Prus wurde Verbandssportlehrer des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbands und ist seit 2016 als DFB-Juniorentrainer tätig.

Viel habe sich in all den Jahren in der Ausbildung der Spieler und Trainer geändert. Zum Guten? „Ich denke, dass Talente, die ein Nachwuchsleistungszentrum durchlaufen haben, schon ganz gut auf ein Leben als Profi vorbereitet werden. Dennoch kommen einige Spieler mit dem Drumherum nicht so klar, wie sie es sollten. Und: Ich weiß nicht, ob genügend für die getan wird, die es nicht schaffen, Profi zu werden.“

In diesen Tagen wartet auf Prus die bislang größte Herausforderung als Cheftrainer. Mit der U-17-Nationalmannschaft bestreitet er in England die Europameisterschaft. Die Vorrundengruppe hat es mit den Gegnern Niederlande, Spanien und Serbien in sich. „Es wäre schon etwas Besonderes, sich in der Vorrunde durchzusetzen und ins Viertelfinale einzuziehen. Aber wir wollen mehr erreichen“, sagt Prus.

Selbst wenn eine Sensation gelingt: Von vielen Akteuren wird man in ein paar Jahren wohl nichts mehr hören. Die Erfahrung lehrt: Nur ein bis zwei Prozent der Spieler in solch jungen Jahrgängen schaffen es später tatsächlich in die Bundesliga oder in die A-Nationalmannschaft.

Aufrufe: 02.5.2018, 06:08 Uhr
Mirko BlahakAutor