2024-05-02T16:12:49.858Z

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Grahle ist vom Gewinnen besessen – und hört auf

Aggressiv Leader und Allrounder unterrichtet künftig Kinder

DROCHTERSEN. Der Drochterser Fußballer Matti Grahle (24) hat ein Problem. Wenn er Mittwochabend beim VfB Lübeck eine Gelbe Karte kassiert, verpasst er das letzte Regionalliga-Heimspiel. Das wäre unglücklich. Denn Grahle beendet seine Karriere.

Das letzte Punktspiel will er natürlich nicht als Zuschauer auf der Tribüne verbringen. Nach drei Jahren bei der SV Drochtersen/Assel beendet Matti Grahle seine Leistungssport-Karriere. Mit gerade mal 24 Jahren. Das ist früh für einen, der in Drochtersen von Anfang an zu den Leistungsträgern gehörte. Zu den Aggressiv-Leadern, wie es heute so schön heißt. Grahle hat gerade seine Masterarbeit abgegeben. Im August beginnt das Referendariat. Grahle will Grundschullehrer werden und Kinder in Deutsch und Sport unterrichten. Und er "möchte kein schlechter Lehrer sein", sagt Grahle. Da ist das Karriereende als Fußballer, der fast täglich von Lüneburg nach Drochtersen pendelt, fast sein ganzes Leben auf Sportplätzen, im Auto oder im Mannschaftsbus verbringt, nur konsequent.

Grahle gilt als Vielspieler bei der SV D/A. In der laufenden Saison stand Grahle nur drei Mal nicht im Kader. Mit 2479 Spielminuten belegt er in dieser Statistik mannschaftsintern Rang drei hinter Alexander Neumann und Nico Mau. Trainer Enrico Maaßen kann auf den Defensivspezialisten kaum verzichten. Als Sechser, als Innenverteidiger, als Außenverteidiger. Grahle spielte bereits überall. In den vergangenen drei Jahren stand er 74 Mal für Drochtersen auf dem Platz. Dabei erzielte er zwei Tore. Aber fürs Toreschießen hatte ihn D/A auch nicht verpflichtet. Eher deshalb, weil Grahle mit dem Lüneburger SK vor seinem Wechsel Abstiegskampf erlebt hatte und in Drochtersen seine Erfahrungen einbringen sollte. Dass die erste Saison in Kehdingen in der Regionalliga mit Platz vier und dem Gewinn des Landespokals endete, konnte seinerzeit ja niemand ahnen. Das Pokal-Halbfinale gegen den VfB Oldenburg zählt Grahle heute noch zu seinen emotionalsten Momenten. Der Sieg in seiner Heimatstadt und die damit verbundene Qualifikation für den DFB-Pokal. Das DFB-Pokalspiel gegen Borussia Mönchengladbach verpasste Grahle in der folgenden Saison verletzungsbedingt.

Ganz vom Fußball lassen kann Grahle freilich nicht. Er darf den Namen seines künftigen Clubs noch nicht verraten, aber es wird definitiv einige Ligen nach unten gehen. Er werde vielleicht zwei Mal die Woche trainieren. Wahrscheinlich irgendwo in der Nähe seines Wohnortes Lüneburg. Damit bekommt Grahle allerdings ein ernsthaftes Problem. "Ich muss den Schalter umlegen", sagt Grahle. Er müsse runterfahren, ruhiger werden, gelassener, die Erwartungen herunterschrauben. Grahle ist nämlich vom Gewinnen besessen und gehört zu den ehrgeizigsten Spielern der Drochterser Mannschaft. "Diesen Ehrgeiz muss ich jetzt in berufliche Bahnen lenken", sagt Grahle. Er wolle den Kindern zeigen, wie sie mit Rückschlägen umgehen können, er will ihnen Teamfähigkeit beibringen. Er will ihnen sagen, dass sie durchaus Fehler machen dürfen. Und er will ihnen zeigen, wie sie positiv bleiben können.

Wenn es gut läuft, spielt Grahle noch drei Mal für die Spielvereinigung Drochtersen/Assel. Am Mittwoch ab 19 Uhr beim VfB Lübeck, am Sonntag ab 14 Uhr gegen Germania Egestorf/Langreder, Pfingstmontag dann im Rahmen des Finaltages der Amateure im Pokalendspiel gegen den SSV Jeddeloh. Das ergibt noch anderthalb stressige Trainingswochen. Anderthalb Wochen pendeln zwischen Lüneburg und Drochtersen. Aber Grahle wird die Fahrgemeinschaft vermissen. "Irgendeiner sabbelt immer", sagt Grahle über die kurzweiligen Autofahrten. Der 24-Jährige sorgte übrigens meistens dafür, dass er auf der Rücktour Beifahrer war. Dann aß Grahle seine vorbereiteten Nudeln mit Pesto oder Salat während der Fahrt. "Das Auto war irgendwie immer wie Küche und Wohnzimmer", sagt Grahle.

Aufrufe: 08.5.2018, 18:30 Uhr
Tageblatt / Daniel BerlinAutor