2024-04-30T13:48:59.170Z

Interview
Die 2019 neueröffnete Sportanlage des FC Vilshofen trägt den Namen des Weltmeisters.
Die 2019 neueröffnete Sportanlage des FC Vilshofen trägt den Namen des Weltmeisters. – Foto: Bernhard Enzesberger

Revival der Vilshofener Glanzzeiten: »Ohne Geld nicht möglich«

Zweiter Teil des Exportschlager-Interviews mit Klaus Augenthaler: Wie der Weltmeister auf seine Donaustauf-Zeit zurückblickt und was er zur Entwicklung des FC Vilshofen zu sagen hat

Klaus Augenthaler war mehrmaliger Meister und Pokalsieger und '90 Weltmeister, er hat die große weite Welt des Fußballs gesehen - aber dennoch seine Heimat nie vergessen. Der 63-Jährige gebürtige Fürstenzeller hat u.a. Wolfsburg und Leverkusen trainiert, aber auch den damaligen Landesligisten SV Donaustauf. Obwohl der Niederbayern seit Jahren in Oberbayern lebt, ist er in Ostbayern weiterhin allgegenwärtig - natürlich wegen seiner Erfolge, wegen "seiner" Arena, aber auch persönlich. Teil 2 des Exportschlager-Interviews...

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Im Vorfeld der WM 1990 hatten Sie große Achillessehnen-Probleme, weshalb sie eigentlich Zuhause bleiben wollten. Letztlich überredete sie Bundestrainer Beckenbauer, doch mit nach Italien zu fahren. Haben Sie es einzig und allein dem Kaiser zu verdanken, dass sie Weltmeister sind?

Mit Sicherheit. Wir haben 1990 mit München das Double geholt. Von der Feier sind wir direkt zum Flughafen gefahren und nach Hamburg geflogen. Das erste Trainingslager in Malente stand an. Malente hieß immer drei Einheiten pro Tag. Ich hatte Schmerzen ohne Ende. Mir mich stand fest: Es geht nicht - und das habe ich auch dem Franz so gesagt.

Aber er ließ nicht locker?
Ich bin mehr oder weniger nur auf der Massagebank gelegen. Nach Malente folgte ein kurzer Heimaturlaub, dann nochmal ein Trainingslager in Kaiserau. Und ich hatte noch immer große Schmerzen. Also bin ich wieder zum Franz. Er hat nur gesagt: Wart ab.

Und er hatte recht?
Ja. Ohne Beckenbauer wäre ich nicht mit nach Italien gefahren. Meine Entscheidung stand eigentlich fest.

Keine Widerrede dem großen Kaiser.
So schaut's aus (schmunzelt). Während des Turniers hatte ich dann übrigens absolut keine Beschwerden.

»Ich wollte mir den Stress nicht mehr antun«



Als Weltmeister sind sie der erfolgreichste niederbayerische Fußballer. Wie fühlt man sich als solcher?
Wusste ich gar nicht, weshalb ich mir darüber auch noch nie Gedanken gemacht habe. Aber schön zu hören (lacht).

Spielen derartige Erfolge in ihrem heutigen Leben überhaupt noch eine Rolle - oder schmücken Sie einfach nur ihren Briefkopf aus?
Natürlich gibt es Momente, die besonders in Erinnerung geblieben sind. Wie eben der WM-Titel. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich jeden Morgen in den Spiegel schaue und mich als Weltmeister fühle. Da gibt's schon andere Dinge, die mich beschäftigen.

Zuletzt ist es generell ruhig geworden um Sie. Haben Sie sich vom aktiven Fußball komplett verabschiedet?
So ganz stimmt das nicht. Ich bin ja für den FC Bayern in Sachen Internationalisierung unterwegs. Fast 100 Tage pro Jahr habe ich deshalb vor Corona im Ausland verbracht. Ich habe in den USA, in Südostasien oder in Afrika für den FCB Jugendtrainer ausgebildet.

Im Gegensatz zu früher aber eher ein Job im Hintergrund.
Ja, und das ist ganz bewusst so gewählt. Es wären genügend Trainer-Anfragen da gewesen. Aber ich wollte mir diesen Stress nicht mehr antun. Wenn du Erfolg hast, ist das der schönste Job. Wenn es nicht gut läuft, stehst du alleine da. Das wollte ich nicht mehr mitmachen.



Zum letzten Mal in öffentlich Erscheinung getreten sind Sie als Trainer des SV Donaustauf. Wie blicken Sie heute auf Ihre Zeit beim Landesligisten, dem verpassten Bayernliga-Aufstieg und dem als unruhig geltenden Umfeld der Oberpfälzer zurück?
Das unruhige Umfeld war das Problem. An sich hat mir der Job sehr viel Spaß gemacht. Ich habe heute noch Kontakt zu einigen Spielern und verfolge die Entwicklung des Vereins. Es haben sich Freundschaften entwickelt - und das ist das, was zählt in diesen Ligen.

Wie ist es überhaupt zum Engagement beim damaligen Sechstligisten gekommen?
Mein Physio bei vorher angesprochener WM war Klaus Eder aus Donaustauf. Über ihn ist der Kontakt zustande gekommen. Auch mein ehemaliger Mitspieler in Vilshofen, Hans Pirkl, hat da mitgeholfen. Und dann haben mich die Verantwortlichen kontaktiert. Und ja, ich konnte es mir bekanntlich vorstellen. Im Amateurbereich ist es etwas entspannter als in der Bundesliga. Ich hatte nicht mehr den täglichen Stress. Und es hat mir Spaß gemacht.

Böse Zungen könnten behaupten, Sie haben den Job nur angenommen, um nicht in Vergessenheit zu geraten.
Überhaupt nicht. Ich habe das aus vorher genannten Gründen bewusst gemacht.

2016/17 coachte Klaus Augenthaler den SV Donaustauf in der Landesliga.
2016/17 coachte Klaus Augenthaler den SV Donaustauf in der Landesliga. – Foto: Franz Nagl


Während "Stauf" nur eine Station unter vielen war, wird ihr Heimatverein, der FC Vilshofen, wohl ewig in ihrem Herzen bleiben.
Allerdings. Das schönste Jahr meiner aktiven Fußballer-Zeit war das letzte Jahr Jugend in Vilshofen, als wir Meister geworden sind. Nur durch diesen Erfolg wurden wir - Hans Pirkl, Josef Fischl, Fred Arbinger und ich - zum Probetraining bei den Bayern eingeladen.

Gibt's noch Verbindungen in den Ort an der Donau.
Permanent. Vor allem rund um die Eröffnung des Stadions, das nach mir benannt ist. Eine große Ehre für mich, nach wie vor. Da ist ein Aufstieg ja fast Pflicht (schmunzelt).

Richtiges Thema: Wie blicken Sie auf die Entwicklung des FC, der ja "nur" noch Kreisliga spielt?
Es geht ja schon in der Bezirksliga mit der Bezahlerei los. Machst du da nicht mit, hast du keine Chance. Vilshofen macht da eben nicht mit. Freilich möchte man aufsteigen. Jeder Fußballer will das. Aber fehlen einem die finanziellen Mittel, ist das eben nicht möglich.

Es ist ihrer Meinung nach also unmöglich, an frühere Bayernliga-Zeiten anzuknüpfen?
Ja. Hast du kein Geld, ist das unmöglich. Nicht nur, weil man keine guten Spieler holen kann, sondern auch, weil die Besten weggehen. Aber das ist nun mal so.

Vielen Dank für das Interview, alles Gute für die Zukunft und ganz wichtig: Gesund bleiben

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Aufrufe: 011.12.2020, 06:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor