2024-05-02T16:12:49.858Z

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Immer gut drauf: Ahmed, Abdu und Adam (von links) vom SV Concordia Belm-Powe.
Immer gut drauf: Ahmed, Abdu und Adam (von links) vom SV Concordia Belm-Powe.

In der Heimat wären sie Feinde - in Belm sind es Brüder

Integration beim SVC Belm-Powe wird gelebt - als Selbstverständlichkeit

Der Sudan ist schon lange Zeit gegen den Süd-Sudan im Krieg. Daher wären die drei Flüchtlinge auch nie zusammengekommen. Doch in Belm wurden sie zu Freunden – ja sogar zu Brüdern. Warum geht es nicht immer so?

Ahmed Hamid und Ibrahim Abdalmonim („Abdu“) stammen aus dem Sudan, Mozamil Adam (möchte Adam – englisch ausgesprochen – genannt werden) aus dem Süd-Sudan. Die drei 20-Jährigen hätten in ihrer Heimat niemals zusammengefunden.

"Wir fühlen uns alle super wohl"

„Ich verstehe die Politik dort nicht“, sagt Abdu über sein Heimatland. Er kann es nicht nachvollziehen, warum die Menschen sich dort verfeinden, obwohl man in Deutschland zu „Brüdern“ wird. Er und Adam sind seit drei Jahren in Deutschland. Ahmed seit fast vier Jahren. „Wir fühlen uns in Deutschland alle super wohl“, sagt Adam. „Nur das Wetter ist zu schlecht“, fügt Abdu hinzu. Nicht nur untereinander sind sie befreundet. Alle drei sprechen bei ihren Mannschaftskollgen von der 2. Herren-Mannschaft des SV Concordia Belm-Powe von Brüdern. „Zusammen sind wir eine große Familie“ sagt Ahmed. „Ich habe sogar schon mit Ahmed zusammengewohnt. Das war super“, erinnert sich Adam.

Dies ist ein Beispiel von gelungener Integration

Warum geht es eigentlich nicht immer so? Reiner Pünge ist Vize-Präsident des Vereins. Er weiß, dass der SVC bereits früher viel mit Flüchtlingen zu tun hatte. „Früher war Belm ja das Klein-Moskau Osnabrücks. Wir hatten einen richtg schlechten Ruf. Aber auch die Russen sind alle super integriert“, sagt Pünge. Er ist der Meinung, dass man Flüchtlinge nirgends schneller integrieren kann als in einem Fußball-Verein. „Hier lernen sie Tugenden und die Sprache. Außerdem haben sie richtig viel Spaß“, sagt er.

Der Trainer der Mannschaft, Marlo Kleine Heitmeyer, sagt, dass auch noch andere Ausländer in seinem Verein spielen. Für ihn war das sogar der Grund, warum er jetzt in Belm baut: „Hier kommen so viele Kulturen zusammen. Das ist genial.“

Der 33-Jährige weiß, dass zum Teil auch andere Vereine vorleben, wie Integration funktioniert. „Das ist nichts, was ich für Belm-Powe beanspruchen würde. Ich verstehe nur einfach nicht, warum es nicht noch viel öfter passiert“, sagt er.

Vorurteile

Nach wie vor gebe es Vorurteile gegenüber Ausländern – vor allem gegen Schwarze. Der Trainer habe schon von Schiedsrichtern gehört, die meinten „Krass. Normal sind solche doch echt aggressiv.“ Diese Art von Aussagen machen nicht nur Kleine-Heitmeyer sondern auch seinen Co-Trainer Malte Bijok wütend. „Diese Menschen stoßen bei uns mit solchen Aussagen nicht auf Gegenliebe sondern auf Gegenwind“, sagt Bijok. Pünge fügt hinzu: „Es gibt doch überall Idioten. Aber das hat sicherlich nichts mit der Herkunft zu tun.“

Viel muss man als Verein eigentlich gar nicht machen. Abdu, Adam und Ahmed wurden von ihren Betreuern anfangs super geholfen. „Wir helfen beispielsweise mit Fahrgemeinschaften oder teils mit finanzieller Hilfe“, sagt Kleine-Heitmeyer. Der SVC hat schon mal Schuhe besorgt und auch der neue Trainingsanzug wurde aus der Mannschaftskasse bezahlt. „Das alles fordern die Jungs nicht“, weiß der Trainer. „Für uns ist das selbstverständlich und wir würden das auch mal für einen Studenten machen, der Geldsorgen hat“, betont Pünge.

"Nichts besonderes"

Die beiden Trainer betonen auch, dass das alles „gar nichts besonderes“ sein sollte. Wichtig sei einfach, dass nichts erwartet wird. So macht es beim SVC niemandem etwas aus, wenn aufgrund der Religion ein zweiter Grill aufgebaut werden muss oder mal kein Bier getrunken wird.

„Wir haben hier in Belm einfach Bock auf eine große Gesellschaft. Ganz klare Kante“ fasst Bijok zusammen. Vize-Präsident Pünge sagt dazu: „Es profitiert einfach jeder davon, wenn solche Jungs schnell integriert sind. Das hier sollte ein Vorbild für andere sein.“

Der Trainer als Vaterfigur

Als Trainer weiß Kleine-Heitmeyer außerdem von seiner Art Vaterfigur. „Wenn ich denen sage, sie sollen sich jetzt mal auf ihre Prüfungen vorbereiten, dann machen die das.“ Vor allem freut es ihn, dass alle drei auch dadurch mittlerweile einen Schulabschluss in der Tasche haben.

Abdu sogar von der Realschule. Er will eine Ausbildung zum operationstechnischen Assistenten anfangen. Adam will eine Ausbildung in der Logistik machen und Ahmed eine Ausbildung als Metalltechniker.

Verschiedene Geschmäcker hat das Trio also. Und obwohl die drei jungen Männer aus unterschiedlichen Ländern stammen, sind sie sich doch eigentlich sehr ähnlich.

Aufrufe: 030.7.2020, 18:00 Uhr
Neue Osnabrücker Zeitung / Sven StahmannAutor