2024-05-14T11:23:26.213Z

Interview
– Foto: Lisa Haußwald

Mit den "kleinen Rotznasen" die Thüringenliga im Blick

Überrascht über den eigenen Erfolg der bisherigen Spielzeit ist der SV Blau-Weiß Büßleben. Denn angesichts einer angespannten Personallage hätte keiner erwartet, dass die Elf von Mario Wisocki noch ungeschlagen ist.

Im Interview mit dem Büßlebener Kapitän und Routinier Hagen Apitius gehen wir auf die Suche nach dem Erfolgsfaktor, sprechen über die Ziele und die bisherige Saison und dem "Kopf der ganzen Sache" Trainer Mario Wisocki.

FuPa Thüringen: Halle Hagen, wie geht's dir? Wie vertreibst du dir in der Corona-Pause die Zeit?
Hagen Apitius: Mit zwei Kindern, Frau und einem großen Haus wird es auch ohne Fußball nicht langweilig (lacht). Natürlich fehlt was, aber ich habe auch so genug andere Sachen zu tun.

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FuPa Thüringen: Kam die Pause für euch zu einem ungünstigen Zeitpunkt? Ihr seid ja ohne Punktverlust Tabellenführer...
Hagen: Wenn ich ehrlich bin, kam die Pause für uns gar nicht so ungelegen. Aufgrund unserer Personallage war es nicht verkehrt, auch wenn es sportlich sehr gut für uns lief. Wirklich überrascht über die Pause waren wir auch nicht. Denn vor dem Pokalspiel gegen Ehrenhain wurde bereits unser Spiel in Leinefelde aufgrund der Pandemielage im Eichsfeld abgesagt. Da wusste man schon, dass es wohl nicht mehr lange dauern wird, ehe eine Pause ansteht. Dass die Unterbrechung dann aber so lange wird, haben wir natürlich nicht gedacht.

FuPa Thüringen: Ihr seid ungeschlagen in die Coronapause gegangen. Hättest du das erwartet? Was zeichnet euch aus?
Hagen: Es ist fast erschreckend gut, wie wir in der bisherigen Saison spielen. Wir haben uns Woche für Woche fast von alleine aufgestellt. Und ohne die Unterstützung der zweiten Mannschaft hätten wir es gar nicht geschafft. Für die Psyche war es schon hart. Manchmal wussten wir bis einen Tag vor dem Spiel nicht, ob wir die Mannschaft vollbekommen. Am Ende kam aber immer unsere große individuelle Qualität zum Tragen. Wenn man gewinnt, fällt der Personalmangel dann gar nicht so auf. Man hat eine positive Grundstimmung und ist im Flow. Dennoch sind wir froh über die Pause, weil einige Spieler ihre Verletzungen auskurieren können und auch so noch ein, zwei Spieler dazustoßen werden.

FuPa Thüringen: In den Vorjahren wart ihr schon immer oben dabei. Meist ging euch dann aber die Luft aus. Wollt ihr auch am Ende oben stehen und aufsteigen?
Hagen: Für mich persönlich brauche ich die Thüringenliga nicht mehr. Ich habe dort lange gespielt und weiß wie es ist. Aber wenn es so kommen sollte, stelle ich mich nicht dagegen. In der Mannschaft sieht es ähnlich aus. Ungefähr die Hälfte will aufsteigen, die andere nicht unbedingt. Vor allen bei vielen jungen Spieler, die das Erlebnis Thüringenliga nicht bisher gehabt haben, juckt es schon. Doch wir wissen, dass es für einen solch kleinen Verein wie unseren extrem schwer wird. Deshalb warne ich auch davor. Wir sollten abwarten, wie sich die Vereinsführung zu diesem Thema positioniert. Gänzlich Nein würde ich nicht sagen. Es wird aber sportlich auch schwer, weil ich einen Dreikampf mit Altengottern und Struth/Diedorf erwarte. Das hat sich jetzt schon so abgezeichnet.

FuPa Thüringen: Welchen Anteil hat Mario Wisocki an eurem Erfolg?
Hagen: Mario ist ein absoluter Menschenfänger - im positiven Sinne (lacht). Er hat die Gabe sich auf jeden einzelnen Spielern und seine Probleme einzustellen. Eine solche charakterliche Stärke haben nicht viele. Er hält den Kreis bei uns immer zusammen und sorgt für eine positive, lockere Stimmung. Wir können, aber wir müssen nicht. Er nimmt viel den Druck raus. Auch wenn wir mal drei Spiele in Folge verlieren sollten, würde sich bei uns nichts von der Stimmung ändern. Das macht es sehr angenehm. Ich selber kicke nur noch aus Spaß an der Freude. Und ich hätte nicht erwartet, dass ich nochmal so tolle Erlebnisse habe. Mario ist der Kopf der ganzen Sache. Er gibt den jungen Spielern Halt. Wenn junge Spieler wechseln wollen, handelt er nicht als Trainer sondern als Berater. Er zeigt den Spieler dann auf, was er in Büßleben für ein gewohntes Umfeld hat und welche Chance er vielleicht wo anders hat. Das ist schon stark.

FuPa Thüringen: Ihr habt neben ein paar erfahrenen Spielern - zu den du natürlich zählst - viele junge, talentierte Kicker bei euch. Wie ist es für dich als "alter Hase"? Was läuft gut und wo schüttelst du vielleicht mal den Kopf?
Hagen: Vor drei Jahren als ich in Büßleben angefangen habe, dachte ich schon öfter: "Ihr kleinen Rotznasen". Ich war damals der einzige Spieler, der von oben runter gekommen ist. Robin Quitt und Lukas Weiß wissen noch, wie es ist höherklassig zu spielen. Aber mein Wort hat schon für die jungen Spieler ein anderes Gewicht. Sie haben auf mich gehört und auch Kleinigkeiten wie Tore tragen oder Leibchen mit rausnehmen, haben sich eingespielt. Wir haben viele junge Spieler, die charakterlich passen und auch selber anpacken. Viele Spieler haben ein Mega-Talent. Zu hart anfassen sollte man sie aber nicht, sonst vergrault man sie. Dennoch haben wir eine klare Hierarchie, in der Spieler wie Thomas Richter oder ich vorweg gehen. Die jungen Spieler folgen und zahlen es mit Leistung zurück. Wir sind eine super eingeschworene Truppe und je schwerer die Situation ist, desto mehr halten wir zusammen. Das ist schon was Besonderes.

FuPa Thüringen: Es ist ja davon auszugehen, dass die Saison nicht komplett gespielt werden kann. Was wäre in deinen Augen die beste Option für die laufende Spielzeit?
Hagen: Ich war in der abgebrochenen letzten Spielzeit dafür, die Saison auf zwei Jahre zu strecken. Ich fand den Vorschlag des Thüringer Fußball-Verbandes gut. Aber da gab es ja andere Meinungen, die dann das Ganze per Gerichtsverfahren gekippt haben. Aktuell kann es in erster Linie nur darum gehen die Hinrunde zu Ende zu bringen. Wenn möglich sollten dann eine Play-Up und Play-Down-Runde um Auf- und Abstieg gespielt werden. Das wäre für mich am Fairsten. Da würde man in den Play-Offs dann nochmal zu Hause oder auswärts gegen die Teams aus der Hinrunde spielen. Die Variante so lange wie möglich zu spielen, halte ich für unfair. Da gibt es Konstellationen, wo die Gegner einfach zu sehr variieren und die Vergleichbarkeit schwer ist.

Aufrufe: 09.12.2020, 14:00 Uhr
André HofmannAutor