2024-05-14T11:23:26.213Z

Allgemeines
Unsere Gastautoren Björn Watzke (l.) und Florian Spies.
Unsere Gastautoren Björn Watzke (l.) und Florian Spies. – Foto: Oliver Wente / Dennis Bellof

Zeitgemäß? Fair? Ungerecht?

HINTERLAUFEN: +++ Neue FuPa-Kolumne startet mit Blick auf Punktabzüge +++ Autoren direkt von der "Kreisfußball-Basis" +++ Den Auftakt macht Florian Spies (SV Annerod) +++

Der Saisonstart im Amateurfußball zählt für jeden, der den Sport liebt, zu den heißersehntesten Wochen des Jahres. Aus Spieler-Sicht ist endlich Schluss mit der Quälerei, die Trainer sind froh, dass man verletzungsfrei und hoffentlich gut vorbereitet durch die Strapazen kam, der Funktionär freut sich wieder auf geregelten Ablauf. Und der Fan? Ihm hat das alles wohl am meisten gefehlt. Sonntag Sportplatz, kühle Getränke, leckere Bratwurst, Gespräche mit Gleichgesinnten und dabei noch Fußball…es könnte alles perfekt sein!

Umso ärgerlicher ist es für alle, wenn der Wettbewerb ohne sportliche Gründe mit einem Nachteil startet. Die Jungs der SG KOA (Kesselbach/Odenhausen/Allertshausen) um Trainer Freddy Weinecker müssen etwa von unten in die neue Gruppenligasaison starten. Drei Punkte minus, als Aufsteiger! Das ist eine Riesenbürde. Und alles weil der „Unterbau“ fehlt.

"Unterbau"

Unterbau, ein malerisches Wort mit klarer Definition: „Zwei Juniorenmannschaften unterschiedlicher Altersklassen. Eine der beiden Juniorenmannschaften kann durch eine in Konkurrenz spielende Reservemannschaft ersetzt werden“. Aber mal ehrlich, woher nehmen und nicht stehlen? Respekt an jeden, der es sportlich sieht, aber eine derartige Strafe auszusprechen, weil es einem Verein (egal ob allein oder als SG aktiv) nicht gelingt, eine ausreichende Spieleranzahl zu akquirieren, um eine „Reservemannschaft“ zu stellen, klingt für mich nicht sonderlich zeitgemäß.

Warum? Man muss doch auch schauen, wie sich der Fußball im Amateur- und Jugendbereich entwickelt hat und durch neue Erkenntnisse Rückschlüsse ziehen und Veränderungen anstreben. In Zeiten, in denen ganze Gemeinden bestehend aus drei oder mehr Ortsteilen nur noch einen Verein als Fußballteam stellen (z.B. Wettenberg) und das auch wie im Beispiel des Teams von Basti Panz auf sehr erfolgreiche und sportlich nachhaltige Art und Weise, sollte man doch die Vereine, die wenigstens eine Mannschaft melden, nicht für die Veränderung der Wertigkeit des Sports Fußball abstrafen.

Doppelte Bestrafung

Jeder Juniorenfußballer muss sich mehrmals dafür entscheiden, wo seine Prioritäten liegen. In den kleinen Ortschaften gibt es so gut wie keine eigenständigen Jugendvereine mehr. Alle Synergien sind gebündelt in JSGs. Und dort werden aufgrund eines möglicherweise vorhandenen Potenzials alle Youngster von Jugendakademien weggelockt - und der „Überbau“ schaut in die Röhre. Die doppelte Bestrafung lässt mit Punktabzug nach § 27 der HFV-Spielordnung nicht lange auf sich warten. Fair? Auf dem Papier vielleicht, aber die Realität sieht leider anders aus. Denn auch Handball, Basketball oder eventuelle andere Hobbies, weit weg vom Sport stehen inzwischen an erster Stelle.

Warum vermiest man es durch solche Regeln noch denen Wenigen, die die Farben engagiert hoch halten und sich auf gut Deutsch gesagt den Ar… aufreißen? Meinen Respekt habt ihr Jungs der SG KOA. Haltet bitte die Klasse, trotz aller Widrigkeiten! Denn was bleibt bitteschön, wenn ihr mit eurer verbliebenen aktiven Mannschaft nicht mehr da wärt? Drei Ortschaften ganz ohne Fußball. Ist das denn die bessere Alternative? Ganz klar, Nein! Und an jeden, der eine SG nur im eigenen Ort unterstützt, weil er die anderen Ortsteile nicht mag: Hier fängt Identifikation und Loyalität mit den „eigenen Farben“ an, die ihr den Jugendspielern, die sich ansonsten den „großen“ Jugendteams anschließen, vorleben könnt. Vielleicht bleibt so der Nachwuchs im Ort, im Verein, und man muss künftig keinen Rückstand mehr aufholen, der nicht aus sportlicher Unterlegenheit herrührt, sondern aus Paragraphen abgeleitet wird. Um bei meinen zwei Beispielen zu bleiben: In Wettenberg funktioniert die Identifikation und Loyalität übrigens vorbildlich. Dafür abschließend Applaus von mir, weiter so!

Aufrufe: 07.8.2019, 16:00 Uhr
Gastautor Florian Spies (SV Annerod)Autor