2024-04-25T14:35:39.956Z

Allgemeines
„Wenn wir im normalen Rhythmus geblieben wären, hätte ich wohl keinen Gedanken ans Aufhören verloren“, sagt Patrick Walther, Kapitän des Fußball-Oberligisten.
„Wenn wir im normalen Rhythmus geblieben wären, hätte ich wohl keinen Gedanken ans Aufhören verloren“, sagt Patrick Walther, Kapitän des Fußball-Oberligisten. – Foto: Timo Babic

»Es ist an der Zeit«

Alemannia Waldalgesheims Kapitän Patrick Walther beendet im Sommer seine Fußballer-Karriere

Waldalgesheim. Manchmal sind es äußere Einflüsse, die einen Sportler dazu bewegen, seine Karriere zu beenden. Im Falle von Patrick Walther, dem Kapitän des Fußball-Oberligisten SV Alemannia Waldalgesheim, war es die lange Corona-Pause, die ihn erst ins Grübeln brachte und dann den Entschluss reifen ließ, die Fußballschuhe an den Nagel zu hängen. „Wenn wir im normalen Rhythmus geblieben wären, hätte ich wohl keinen Gedanken ans Aufhören verloren“, sagt der seit dem 11. Februar 33-Jährige.

Doch der normale Rhythmus ist seit Ende Oktober nach dem 1:1 beim SV Gonsenheim unterbrochen. Das schärfte beim gebürtigen Rheingauer den Blick auf andere Dinge. Den Beruf und vor allem die Familie „Ich habe mitgekriegt, was ich zu Hause alles verpasse. Ich möchte meine Kinder aufwachsen sehen“, begründet der defensive Mittelfeldspieler seine Entscheidung, mit der er voll und ganz im Reinen ist: „Bin klar damit und froh, diesen Schritt gemacht zu haben. Es ist an der Zeit.“ Das bedeutet allerdings nicht, dass er locker flockig einen Schlusstrich unter seine Karriere gezogen hätte: „Ich war mein ganzes Leben Fußballer, habe viel investiert. Und war auch im Amateurfußball so professionell wie möglich. Der Schritt ist mir sehr, sehr schwergefallen.“

Die ersten fußballerischen Schritte hatte Patrick Walther bei der Rüdesheimer Germania im Rheingau gemacht. Von dort wechselte er zum FSV Mainz 05, danach zum SV Wehen. Auf dem Halberg avancierte Walther zum U 18-Nationalspieler, trug viermal das DFB-Trikot. Da hätte sich eine Karriere als Profi anbahnen können. Doch daraus wurde nichts. „Ich war damals sehr grün, sehr zurückhaltend und zu schüchtern“, blickt der zweifache Familienvater in den Rückspiegel.

Es erfolgte der erneute Wechsel nach Mainz in die zweite Mannschaft der 05er. Nach drei Jahren ging es 2009 wieder zurück nach Wehen. Und zwölf Monate später lotsten die damaligen Trainer André Weingärtner und Pascal Rück den raffinierten Freistoßschützen zum SV Alemannia Waldalgesheim. Hilfreich war dabei auch, dass seinerzeit Patrick Walther in Bad Kreuznach einen Ausbildungsplatz zum Physiotherapeuten bekommen hatte.

Seit 2010 trägt der Stratege im Mittelfeld das Alemannia-Trikot. Und war natürlich bei allen Höhepunkten des Klubs in diesen Jahren dabei. „Das absolute Highlight war der erste Aufstieg“, erinnert sich Walther nur zu gern an den 26. Mai 2013, als die Waldalgesheimer mit dem 1:0 bei SW Ludwigshafen in die Oberliga einzogen: „300 Leute waren mit in Ludwigshafen. Wir haben es am letzten Spieltag geschafft. Und die 300 haben uns dann im Waldalgesheim empfangen. Im Vereinsheim gab es eine Riesenparty.“

Selbstverständlich gehört auch der Sieg im Verbandspokal 2014 und das folgende DFB-Pokalspiel gegen Bayer Leverkusen zu den Höhepunkten. In der Partie gegen die Werkself am Bruchweg kreuzte Patrick Walther mit Simon Rolfes und Gonzalo Castro die Klingen. Doch ein Trikot als Erinnerungsstück hat er damals nicht ergattert: „Ich war verwirrt. Ich wollte mein Trikot behalten. Die anderen waren cleverer. Die haben sich die Leverkusener Trikots geschnappt, ohne ihr eigenes hergeben zu müssen.“ Zwei weitere unglücklich verlorene Verbandspokalspiele 2018 gegen Worms und 2020 gegen den 1. FC Kaiserslautern sowie der erneute Oberliga-Aufstieg in der vergangenen Saison waren weitere Highlights.

Nun kommt sportlich keines mehr hinzu, was Tim Thron, Sportlicher Leiter der Alemannia, als „Katastrophe“ bezeichnet: „Er war Leistungsträger auf dem Platz und fehlt uns auch in der Kabine. Er reißt ein Loch.“ Trainer Aydin Ay singt ebenfalls wahre Lobeshymnen: „Er war mit Marcel Fennel eine der prägenden Figuren der letzten Dekade.“ An Patrick Walther schätzt der Coach „seine Präsenz und die Fähigkeit, ein Spiel zu lesen. Zudem war er zu 100 Prozent verlässlich und immer loyal, mit einer guten Empathie“. Darüber hinaus habe er immer gewusst, wann er vorangehen muss.

Patrick Walther, der als Physiotherapeut der Alemannia ebenfalls aufhört, wird die frei geworden Zeit derweil für den Beruf nutzen. Inzwischen ist der 33-Jährige auch als Personal Trainer unterwegs mit Schwerpunkt nachhaltige Gewichtsreduktion. „Das ist mir zur Passion geworden“, sagt der gemeinsam mit Felix Pauer dienstälteste Alemannia-Spieler. Sein diesbezüglicher Slogan: „Ein Anfang und kein Ende.“ Die Fußball-Karriere ist allerdings im Sommer vorbei. Doch bis dahin hofft Patrick Walther, die Mannschaft noch einmal aufs Feld führen zu können: „Es wäre für mich der Worst Case, aufzuhören, ohne noch ein Spiel gemacht zu haben.“

Aufrufe: 021.2.2021, 10:00 Uhr
Volker BuchAutor