2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Eine 7-Tage-Inzidenz von über 200 in Weiden – SpVgg SV-Trainer Andreas Scheler fehlt der Glaube an eine baldige Saisonfortsetzung auf dem grünen Rasen.
Eine 7-Tage-Inzidenz von über 200 in Weiden – SpVgg SV-Trainer Andreas Scheler fehlt der Glaube an eine baldige Saisonfortsetzung auf dem grünen Rasen. – Foto: Dagmar Nachtigall

»Eine Vorbereitung kürzer als vier Wochen wäre der Wahnsinn!«

Andreas Scheler, Trainer des Landesligisten SpVgg SV Weiden, ist nicht nur wegen der hohen Inzidenzwerte in Weiden und Umgebung skeptisch im Hinblick auf eine Fortsetzung der Saison.

Der Corona-Stillstand für den Amateur- und Breitensport wurde bei den letzten Beratungen von Bund und Ländern bis zum 7. März verlängert. Über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie entscheiden die Inzidenzwerte, die bundesweit zuletzt stagnierten, ja sogar wieder ein wenig angestiegen sind. Dennoch wagt die Sportministerkonferenz einen neuen Vorstoß, erhöht den Druck auf Länderchefs und Kanzlerin. Ein Rückkehrmodell in sechs Stufen soll Millionen Sportlern bald wieder den Normalbetrieb ermöglichen. Perspektiven für den Amateursport werden verlangt, dabei sind die Grundlagen für die Initiative der SMK Erfahrungen, dass auch bei einer Öffnung das Infektionsgeschehen im Sport unter Kontrolle behalten werden könne. Die Hoffnung ist also groß, dass beim nächsten Corona-Gipfel am 3. März endlich auch positive Signale kommen, dass den seit Monaten „ausgehungerten“ Sportlern - zumindest in Bereichen mit niedrigen Inzindenzwerten - wieder Bewegungsangebote offeriert werden können.

Zur Erinnerung: Das Modell der Sportministerkonferenz für die Rückkehr in den Trainings- und Spielbetrieb des Amateursports sieht bislang folgende drei Schritte vor:

Stufe 1 (Inzidenz unter 35): Feste Sportgruppen sollen mit Abstand draußen und drinnen trainieren können. Kontaktsport soll nur draußen und in festen Gruppen erlaubt sein.

Stufe 2 (Inzidenz unter 20): Training und Wettkämpfe können mit größeren Gruppen draußen und drinnen stattfinden – ohne direkten Kontakt. Beim Sport ohne Abstand ist weiterhin nur Training in festen Gruppen möglich.

Stufe 3 (Inzidenz unter 10): Im letzten Schritt werden auch Wettkämpfe für Kontaktsportarten draußen und drinnen gestattet.

Betrachtet man nun allerdings die aktuelle Coronalage speziell in der Nordoberpfalz, dann erscheinen die Aussichten auf einen baldigen Re-Start aller Sportler in unserer Region noch mehr als schlecht zu sein. Auch die Fußballer scharren fast schon verzweifelt mit den Hufen, wollen zurück auf das grüne Geläuf, um endlich wieder trainieren und im Wettkampf kicken zu können und eine bislang noch nie dagewesene, von mehreren langen Unterbrechungen durchzogene Spielzeit sportlich zu Ende zu bringen. Sollte dies noch gelingen, dann hätte man nun fast zwei Jahre gebraucht, um Meister, sowie Auf- und Absteiger in den einzelnen Ligen zu finden. Unglaublich.

Die weiter fest angezogene Handbremse hält die Kicker in unseren Breitengraden also weiter in ihrem Tatendrang zurück, dem Lieblingshobby nachgehen zu können. Wie ist die Stimmung, gibt es bei Trainings- und Spielverbot dennoch interessante Neuigkeiten? FuPa hat sich mit Andreas Scheler, Coach des Landesligazweiten SpVgg SV Weiden unterhalten, der unter anderem Einblick gibt in die Gedanken eines hochmotivierten, aber „stillgehaltenen“ Coaches in einer für den Amateurfußball mehr als unbefriedigenden Zeit.


Andreas, wie bewertest Du die aktuelle Situation?

Andreas Scheler (43): Ich bin Realist. Die uns unbekannte Pandemie hat vor einem Jahr begonnen, eine Entwicklung war unvorhersehbar. Auch dass der Fußball so lange ruhen muss, war nicht zu erahnen, obwohl er natürlich nicht das Wichtigste ist und hinter vielen anderen Problemen hinten anstehen muss. Ein neuartiger Virus, mit vielen schwer kranken Menschen, dramatischen Todeszahlen, entstandenen wirtschaftlichen Tragödien, da ist klar, dass die „schönste Nebensache der Welt“ an Stellenwert verliert, man kann sie auch gar nicht so richtig genießen.

Doch Fußball bleibt dennoch unser liebstes Hobby, auch wenn alle, die diese Sportart betreiben, in den zurück liegenden zwölf Monaten auf eine harte Probe gestellt wurden. Die vielen Aufs und Abs, Training ja oder nein, Spiel ja oder nein, das Warten auf eine verlässliche Entscheidung über die Terminierung einer Wiederaufnahme des Spielbetriebs, all das war natürlich suboptimal und zehrt aktuell immer noch an den Nerven. Nun gilt es, erst einmal bis zum 7. März die Füße weiter still zu halten, wenngleich ich noch einmal betone, dass es natürlich wichtigeres gibt als den Fußball. Ich bin ein Fußballverrückter, doch weiß ich als Unternehmer zu gut, dass viele Menschen aktuell in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken, vielfach die Existenz gefährdet ist. Das Lösen dieser Probleme steht ganz oben, ohne Frage.


Glaubst Du an einen baldigen Re-Start, macht er überhaupt noch Sinn?

Dass sich der BFV zu einer Saisonfortsetzung entschieden hatte, habe ich damals begrüßt. Vom Sportlichen her gesehen schien es die fairste Lösung, die Saison geordnet zu Ende zu bringen. Doch nun haben der Verlauf der Pandemie und die dadurch entstandenen langen Unterbrechungen dafür gesorgt, dass man meiner Meinung nach beim Verband umdenken und umplanen muss. Wenn ich nur die hohen Inzidenzwerte in Weiden und Umgebung betrachte, dann kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass im Norden Bayerns bald wieder und ich muss schon sagen noch rechtzeitig dem runden Leder wieder nachgejagt werden kann. Nehmen wir vorsichtig einmal den Mai als Termin eines möglichen Re-Starts, denn ein späterer Beginn würde wohl eine Beendigung der Saison bis zum 30. Juni unmöglich machen. Viele Mannschaften haben noch eine ganze Reihe von Nachholspielen zu absolvieren, da würde es ohnehin sehr eng werden mit der Terminierung. Und dann musst du nach einer so langen Pause ja eine entsprechend lange Vorbereitung haben, normalerweise sechs Wochen. Schon vier Wochen sind nach meiner Meinung knapp, noch weniger eigentlich ein absolutes „no go“, das wäre dann schon der Wahnsinn.

So plädiere ich weiterhin dafür, nicht weiterzuspielen, die so genannte Quotientenregelung zur Anwendung zu bringen und die Spielzeit vorzeitig zu beenden. Wenn ich nun uns als Beispiel nehme, wir haben 27 Spieltage absolviert, uns wurde dabei nichts geschenkt. Ich denke es wäre es mehr als gerecht, wenn wir zusammen mit den Neumarktern aufsteigen. Das dürften auch andere Vereine so sehen, ich spreche dabei sicher auch für die beiden die Bayernliga Nord anführenden Vereine SC Eltersdorf und DJK Vilzing, auch die sollten beide hochgehen. Und auch in den Bezirksligen wäre eine solche Regelung denkbar. Zu rechtfertigen ist das, denn durch den angedachten Ligapokal wurde ursprünglich ja ein weiterer Aufstiegsrelegationsplatz geschaffen. Da war der Gedanke beim Verband ja auch schon verankert, mehrere Vereine als nur den Tabellenersten aufsteigen zu lassen. Auch ein Modell, die besten Zweiten aufsteigen zu lassen, je nachdem, wie viele Staffeln vorhanden sind, ist ein Lösungsansatz. Bei zum Beispiel fünf Landesligen die besten zwei oder drei Rangzweiten in die Bayernliga hochgehen zu lassen, auch das wäre überlegenswert. Hier würde der Verband nach meiner Ansicht auch in den schwierigen Zeiten zugunsten der Vereine Fingerspitzengefühl zeigen. Denn das wäre für alle Beteiligten der verschiedenen Ligen sicher ein befriedigender Weg, die Saison - wenn deren Fortsetzung pandemiebedingt auf dem grünen Rasen nicht mehr möglich ist - so fair wie möglich endgültig zu Ende zu bringen.

Geschaffen werden würde damit auch eine reelle Planungssicherheit für eine hoffentlich wieder geordnet ablaufende Saison 2021/22. Wie gesagt, ich persönlich glaube nicht an eine baldige Fortsetzung, gerade in unserer Region machen die nach wie vor immer noch geradezu dramatischen Coronazahlen eine Rückkehr auf den Rasen in naher Zukunft quasi unmöglich.



Wie sieht das aktuelle Trainingsprogramm bei Euch aus, wie ist die Stimmung in Deiner Truppe?

Nachdem ja Termine für einen Trainingsstart oder die Wiederaufnahme des Spielbetriebs nicht greifbar sind, ist aktuell jeder meiner Jungs für sich selbst verantwortlich. Ich setze da auf absolute Selbstdisziplin und Vernunft und bin mir dabei sicher, dass die Mannschaft sehr gewissenhaft an der eigenen Fitness arbeitet. Erst wenn ein „Tag X“ feststeht, an dem wir wieder als Mannschaft trainieren können, werde ich Hausaufgaben verteilen, alles andere ist nach meiner Meinung nicht zielführend.


Gibt es im personellen Bereich Interessantes vom Wasserwerk zu berichten, vielleicht schon im Hinblick auf die neue Saison?

Aktuell vertrauen wir weiter unserem bestehenden Kader, will heißen während der verlängerten Winterpause gab es weder einen Ab- noch einen Zugang. Erfreulich ist, dass unser Stammkeeper „Matze“ Götz nach langer Verletzungspause wieder vollständig hergestellt und einsatzbereit ist. Für die neue Spielzeit, in der wir hoffentlich eine Liga höher an den Start gehen, befinden wir uns mittendrin in der Planung. Wir sind schon sehr weit, es hat schon einige Gespräche und Verhandlungen mit potenziellen Neuzugängen gegeben, wenn es da erfolgreiche Vertragsabschlüsse gibt, werden wir es bekannt geben.

Grundsätzlich wird der eingeschlagene Weg auch in der Bayernliga weiter verfolgt werden. Nachdem unser Nachwuchsleistungszentrum hervorragende Arbeit leistet, setzen wir auch weiterhin auf Nachwuchstalente aus dem „eigenen Stall.“ Clemens Käs, Felix Behnke, Max Baierl und Johannes Rodler sind aktuell die besten Beispiele dafür, dass blutjunge Spieler bei entsprechendem Talent und Fleiß den Sprung in die erste Herrenmannschaft schaffen können. Nachdem unsere U19 nach dieser Spielzeit nur ein Spieler verlässt, ist die Hoffnung groß, weitere Nachwuchsspieler integrieren zu können. Dass ein junger Spieler Zeit braucht und die sich auch selbst geben muss, ist klar. Doch alle Youngsters stellen sich mit großem Engagement der Herausforderung und es macht wirklich großen Spaß, mit ihnen zu arbeiten.


Pandemie hin, Pandemie her, Re-Start ja oder nein – an Euerer Zielsetzung für die kurioseste Saison aller Zeiten hat sich nicht geändert, oder?

Natürlich nicht. Wir sind im Sommer 2019 angetreten, um in die Bayernliga aufzusteigen. Wir liegen sportlich aussichtsreich im Rennen, werden bei einer möglichen Saisonfortsetzung alles geben und auch die verbesserte Infrastruktur am Wasserwerk mit den neuen, tollen Kunstrasenplätzen bieten alle Voraussetzungen dafür, dass Weiden endlich wieder Bayernligafußball sehen kann.

Aufrufe: 026.2.2021, 09:00 Uhr
Werner SchaupertAutor