2024-05-02T16:12:49.858Z

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Lass dich drücken: Hofs Coach Alex Spindler (re.) herzt Phlipp Dartsch, bei dem - wie beim gesamten Team - in den letzten Wochen der Knoten geplatzt ist. F: Wiedel
Lass dich drücken: Hofs Coach Alex Spindler (re.) herzt Phlipp Dartsch, bei dem - wie beim gesamten Team - in den letzten Wochen der Knoten geplatzt ist. F: Wiedel

Spindler haucht Hof neues Leben ein: »Musste Risiko gehen«

Der erst 29-jährige Coach der Oberfranken hat mit seinem Team dank fünf Siegen in Serie den Weg aus dem Tabellenkeller gefunden

Alexander Spindlers Einstieg ins Trainergeschäft bei den Senioren stand alles andere als unter einem guten Stern. Die SpVgg Bayern Hof hatte sich nach einer Katastrophensaison verbunden mit dem sang- und klanglosen Abstieg aus der Regionalliga Bayern eine sorgenfreie Spielzeit gewünscht. Doch nach nur fünf Partien musste eine Kurskorrektur vorgenommen werden. Milo Janovsky wurde nach dem schlechten Saisonstart nicht zugetraut, das weiterhin bedenklich schlingernde SpVgg-Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Kurz: Die Nerven lagen blank rund um die Grüne Au, der Frust bei den Anhängern des Traditionsvereins saß tief. In diese verworrene Gemengelage hinein wurde dann ein 29-jähriger Trainernovize geschickt, der sich zwar im Jugendbereich der Hofer schon einige Meriten verdient hatte, eine solche Situation hatte aber auch Spindler noch nicht erlebt. Wie soll das nur gutgehen?

"Für mich war das absolutes Neuland. Ich musste zum ersten Mal in meiner Laufbahn mit einer Truppe arbeiten, die in einem heftigen Negativlauf steckte", erklärt der 29-Jährige Trainernovize, der bist dato die U14 der Gelb-Schwarzen gecoacht hatte. Der Bundespolizist befand sich in einem Zwiespalt: "Ich wusste, ich musste liefern. Ich wollte mich aber nicht verbiegen, wollte Fußball nach meinen Vorstellungen spielen lassen." Von seiner Herangehensweise wollte er nicht abrücken: "Ich wollte nicht nur Kick-and-Rush spielen lassen. Meine Spieler sollten in Ballnähe immer Überzahl schaffen, möglichst vertikal spielen und nicht so sehr in die Breite. Dazu ist mir ein schnelles Umschaltspiel enorm wichtig." Nach dem ersten Training wurde ihm sofort klar, dass das schwierig werden könnte: "Ich musste Risiko gehen. Meine Herangehensweise ist schon komplex, es erfordert von den Spielern absolute körperliche und auch geistige Fitness. Es war schon klar, dass es dauern wird, bis die Spieler das verinnerlichen. Zudem habe ich die Positionen einiger Akteure geändert. Tom Feulner hab` ich zum Beispiel in die Innerverteidigung gesetzt, statt ihn zwischen Sturm und offensivem Mittelfeld pendeln zu lassen."

Spindlers Start verlief holprig, dann platzte der Knoten gegen Schweinfurt II.

Spindlers Mission startete verheißungsvoll. Das Remis gegen den bis dato verlustpunktfreien Tabellenführer aus Eltersdorf nährte die Hoffnung auf die Wende. Gegen Ammerthal führten seine Schützlinge mit 4:1, ehe ein Unwetter den Hofern jäh einen Strich durch die Rechnung machte. Dann folgte der Trip nach Ansbach und ein desillusionierendes 0:4. "Da kam dann aber auch alles zusammen. Wir mussten mit einem Rumpfkader nach Ansbach fahren und hatten an diesem Tag keine Chance", erläutert der 29-jährige Chefanweiser. Das 3:3 gegen Würzburger FV war wieder ein Mutmacher, die Spielidee Spindlers war phasenweise schon zu erkennen. Doch anschließend setzte es herbe Pleiten in Aschaffenburg und zuhause gegen Aubstadt. Viele Experten sahen sich schon ihrer Einschätzung bestätigt, dass das gewagte Experiment einfach nicht gutgehen konnte. Doch Spindler zog seine Linie durch - und wurde belohnt. "Es braucht eben Zeit, bis es funktioniert. Zumal die englischen Wochen wenig Trainingsarbeit zuließen. Die Jungs waren ja nach dem Abstieg aus der Regionalliga und dem verkorksten Start völlig verunsichert. Gleich zu Beginn war da schon wieder Druck da. Ich wollte mich aber nicht von meiner Linie abbringen lassen und auch die Spieler haben nach und nach gesehen, dass es klappt. Sie haben gemerkt, da steht kein junger Hüpfer und erzählt ihnen Unsinn." Geplatzt ist der Hofer Knoten Ende September, in einer wegweisenden Partie wurde Schweinfurt II mit 3:0 wieder nach Hause geschickt.

»Nach der Winterpause geht`s dann richtig los.«

Die Beharrlichkeit hat sich ausgezahlt, mit fünf Siegen in Serie haben die Gelb-Schwarzen zuletzt für Aufsehen gesorgt und sich Schritt für Schritt aus dem Tabellenkeller befreit. Der Turnaround ist geschafft, nicht nur sportlich. Trotz des Novembergraus hat sich die Stimmung rund um die Grüne Au merklich aufgehellt, die Depression ausgehend vom desaströsen Abschneiden in der Regionalliga ist verschwunden, eine Aufbruchstimmung im äußersten Nordosten des Freistaats spürbar. Und Spindler macht den Anhängern der Schwarz-Gelben Hoffnung, dass demnächst sportlich wieder rosigere Zeiten anbrechen: "Wir werden jetzt bis zur Winterpause schauen, noch so viele Punkte wie möglich einzusammeln. Nach der Winterpause geht`s dann richtig los, wenn ich der Mannschaft meine Spielidee in einer kompletten Vorbereitung vermitteln kann." Ob sich personell was tut bei den Hofer Bayern, das wird die Winterpause zeigen, auch wenn Spindler auf die Bremse drückt: "Im Winter Spieler zu finden, die einem weiterhelfen, ist immer schwer. Zudem sind wir durch unsere Randlage in Bayern gegenüber einem Ballungsraum wie Nürnberg/Erlangen klar im Nachteil. Aber um die SpVgg Bayern Hof muss sich niemand Sorgen machen, im Jugendbereich läuft es derzeit richtig gut, da kommt ordentlich was nach in den kommenden Jahren." Auf der Trainerbank scheint ebenfalls ein großes Talent heranzureifen.

Aufrufe: 08.11.2017, 15:47 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor