2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
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"Ohne das Bier danach wären wir sonntags alle nicht hier!"

Rosenbergs Oliver Meyer steht in der "Schießbude der Liga". Doch die bislang 36 Gegentreffer schmälern seinen Spaß am Fußball nur unmerklich, wie das Interview mit dem 25-Jährigen zeigt.

Oliver Meyer hat allen Grund, gefrustet zu sein. Der Stammkeeper von den Sportfreunden Rosenberg musste den Ball bislang 36 Mal aus dem eigenen Tor fischen, nur zweimal spielten er und sein Team in der Kreisliga A2 zu null. Was nun noch hinzu kommt: Die Pandemie zwingt Bundes- wie Landesregierung und folglich auch den WfV zu knallharten Maßnahmen, der Spielbetrieb wird ausgesetzt.
Was macht das mit dem leidenschaftlichen Goalie Oliver Meyer? Das Gespräch mit ihm zeigt: für Frust oder Trübsal hat Meyer nicht viel übrig. Er sieht in der Zwangspause sogar eine kleine Chance für seine Mannschaft, die am Tabellenende steht. Mit Läufen und Krafttraining will er sich topfit halten – zu Goethe oder Schiller wird der Literatur-Muffel hingegen wohl nicht greifen...

Julian Hermann: Lieber Oli, wir gehen leider mit einem krassen Kaltstart in dieses Interview: Wie hast du persönlich und wie hat deine Mannschaft den Trainings- und Spielstopp aufgenommen?

Oliver Meyer: Die Mannschaft hat alles ohne Diskussion aufgenommen, da man ja auch keine andere Wahl hat. Natürlich fehlen zumindest das Training und das kühle Blonde danach, aber daran kann man vorerst nichts ändern.

Könnt ihr die Entscheidung nachvollziehen?

Selbstverständlich. Eigentlich hat man schon früher mit dem Spielstopp gerechnet, deshalb war es in meinen Augen schon überfällig.

Wie viel Geld würdest du darauf setzen, dass 2020 noch einmal angepfiffen wird?

Dieses Jahr wird wohl kein Ball mehr rollen, da bin ich mir einigermaßen sicher.

Wir kommen nun zu dir, aber bleiben noch ein wenig bei den kniffligen Themen… Wie sehr kratzen dich die 36 Gegentreffer an deiner Torhüter-Ehre?

Abgesehen vom Aufstiegsjahr 18/19, war Rosenberg in den letzten Jahren immer eine ziemliche Schießbude, deswegen will ich nicht von Gewohnheit sprechen, aber die Schmerzgrenze liegt da doch etwas höher bei mir.

Es dürfte aber klar sein, dass als Torhüter eine weiße Weste im Fokus steht. Nach Spielen mit einer Hand voll Gegentoren fällt es schon schwer, die gute Laune zu wahren, aber am Ende des Tages ist es immer doch ‚nur‘ Fußball.

Überlupft zu werden, schmeckt Oliver Meyer von den SF Rosenberg überhaupt nicht.

Kannst du denn mit deinen Vordermännern in der Defensive überhaupt noch reinen Herzens ein Bier trinken?

Auf jeden Fall. Ich denke, ohne das Bier danach wären wir sonntags alle nicht hier! Außerdem kann ich nicht immer die volle Schuld auf meine Defensiv-Kollegen schieben.

Woran hat es denn gelegen, dass ihr so schwer in die Saison gekommen seid?

Ich denke die kurze Vorbereitungszeit und der doch etwas plötzliche Start der Saison hat uns nicht in die Karten gespielt, allerdings hatte die Konkurrenz auch damit zu kämpfen, deswegen soll das keine Ausrede sein. Die Niederlage im ersten Spiel gegen die SG Schrezheim war auch ein Dämpfer für uns, so startet man direkt mit einem schlechten Gefühl in die Runde.

Leider konnten wir auch Vorbereitung, sowie Pflichtspiele nie mit ein und demselben Kader absolvieren, da Verletzungen und Urlauber in wichtigen Partien häufig gefehlt haben.

Torhüter sind ja meist so ganz eigene Charaktere. Welche Macke hast du denn?

Im Vergleich zu früher hab ich mein Temperament auf dem Platz inzwischen sehr gut im Griff. Meine lockere Art in der Kabine und auf dem Platz würde ich nicht als Macke bezeichnen.

Wenn ich im Training von meinen Kollegen überlupft werde, kann es aber gut sein, dass der Ball über den Zaun fliegt.

Bist du der eiserne Verteidiger auf der Linie oder mehr der mitspielende Torwart?

Meine Stärken liegen eher auf der Linie und im Eins-gegen-Eins. Ich versuche aber, immer so gut es geht mitzuspielen und als Anspielstation zu dienen und auch mal den ein oder anderen langen Ball abzufangen.

Ist dein großer Namensvetter Oli Kahn auch dein Vorbild, oder gibt es da andere Spitzentorhüter?

In der Tat war Oli Kahn immer das große Vorbild meiner Jugend. Inzwischen gibt es auch keinen Torspieler mehr wie ihn im Profifußball, der hervorragende Leistung zeigt und seine Gegenspieler derartig einschüchtert.

Was war die wichtigste Parade deiner Karriere? Bitte beschreibe doch mal diesen einen persönlich besten Torwart-Moment!

Eine ‚wichtigste‘ Parade kann ich hier nicht nennen. Im Aufstiegsjahr konnten wir häufig den Kasten sauber halten, wobei auch ich teilweise meinen Teil dazu beitragen konnte. Als erstes fällt mir hierzu der 3:0-Sieg in Schrezheim in der Saison 2018/19 ein.

In dieser Saison waren es die Spiele gegen den TSV Westhausen und gegen den FC Ellwangen, auf die ich gerne zurückblicke.

Wie willst du dich denn in den nächsten Wochen fithalten? Als Torhüter hast du es da wohl besonders schwer…

Privat werde ich mich durch Läufe und Krafttraining fithalten. Da die Fitnessstudios geschlossen werden, wird auch hier improvisiert.

Das Torwarttraining muss leider vorerst pausieren, sobald aber auch hier wieder gearbeitet werden kann, werde ich mit meinen Torhüter-Kollegen Philipp Hald und Jakob Hermann in Eigenregie durchstarten.

Was fängst du denn mit der ganzen Freizeit an, die ja nun unweigerlich über dich hereinbricht?

Das ist eine sehr gute Frage. Ich hoffe, dass ich nicht nur auf dumme Ideen kommen werde.

Welches erstklassige Buch würdest du den (möglichen) Literatur-Banausen in deinem Team wärmstens ans Herz legen und warum?

Da ich ebenfalls zu den Literatur-Banausen zähle, muss ich bei dieser Frage passen.

Kann die Zwangspause nun auch eine Chance für euch sein?

Ganz bestimmt sogar! Man kann ja noch nicht sagen, ob und wie diese Saison zu Ende gespielt wird. Für uns heißt es nun, fit und gesund bleiben. Nach der Pause werden wir hoffentlich auch wieder auf unsere verletzten Kollegen zurückgreifen können, was uns auch wieder stärker machen wird.

Nehmen wir mal an, alle Spiele in dieser Saison werden auch gespielt – Wo landen die Sportfreunde Rosenberg am Ende?

Bei realistische Betrachtung der Situation wird man uns ganz bestimmt im letzten Tabellendrittel finden. Ich denke aber auch, dass nach Wiederanpfiff der Runde noch ein paar Plätze gut zu machen sind.

Wie viele Gegentore werden es denn in den nächsten elf Partien?

Mit positivem Blick in die Zukunft hoffe ich, dass es doch ein paar weniger werden.

Lieber Oli, vielen Dank für das Gespräch.

Aufrufe: 031.10.2020, 07:00 Uhr
JHermannAutor